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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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fremden, abweisenden Ausdruck bemerkt hatte, daß er voll Scheu innehielt und die früheren Schranken respektierte. Sie dagegen duzte ihn, so wie es die adeligen Gönner und Bekannten des Torero taten. Doch das geschah nur in vertrauten Stunden, wenn sie ihm eine Karte schreiben mußte, um ihm mitzuteilen, nicht zu ihr zu kommen, da sie mit Verwandten ausfahren müsse, sprach sie ihn mit »Sie« an und gebrauchte nur Wendungen, wie sie bei aller Freundlichkeit immerhin im Verkehre von höherstehenden Personen zu solchen niedrigeren Standes gebräuchlich sind.
    Auch andere Eigenheiten der großen Dame trugen dazu bei, den Torero über seine Liebe nicht froh werden zu lassen. Nicht zumindest die Tatsache, daß ihm manchmal bei seinen Besuchen einer der Diener mit seinem mokantesten Lächeln die Tür verstellte und ihm sagte, Doña Sol sei ausgegangen. Und er wußte, daß der Bursche log, er fühlte sie in der nächsten Nähe an der anderen Seite der Tür oder des Vorhanges. Sie war ohne Zweifel müde oder fühlte plötzlich eine Abneigung gegen ihn, sodaß sie ihrem Diener befohlen hatte, ihn nicht vorzulassen.
    Doch wenn er wieder kam, empfand er Gewissensbisse, an diese Möglichkeit gedacht zu haben. Denn sie empfingihn mit ausgestreckten Armen und preßte ihn an ihren weißen, festen Busen, ihr Mund verriet durch das Zucken der Lippen die stummen Wünsche ihres Begehrens und ihre großen Augen schienen durch ihren seltsamen Schimmer ihre zügellosen Gedanken zu verraten.
    »Warum parfümierst du dich?«, schalt sie ihn, als ob sie die widerlichsten Gerüche verspürte, »das ist deiner nicht würdig. Ich will den Geruch der Stiere und Pferde an dir spüren. Das ist doch ganz etwas anderes. Behagt er dir nicht? Sag doch ja, mein lieber Wolf!«
    Eine Nacht empfand Gallardo im süßen Halbschatten von Doña Sols Schlafzimmer eine gewisse Furcht, als er sie so sprechen hörte und ihre Augen sah.
    »Ich möchte ein Stier sein und du müßtest dich mit dem Degen vor mich stellen. Ich würde dich mit den Hörnern stoßen, hierher, dorthin.«
    Und mit geballten Fäusten, denen ihre Nervenspannung neue Kraft verlieh, schlug sie mit wütenden Stößen auf den Torero los. Gallardo warf sich auf die Seite, da er nicht eingestehen wollte, daß ihm eine Frau Schmerzen bereiten konnte.
    »Nein, ich möchte kein Stier sein. Vielmehr ein Hund. Ein Wolfshund mit solchen Fangzähnen ... Ich würde dich anfallen und zerreißen ... Seht doch jenen Prahler, der Stiere tötet und so stark sein soll ... Und ich zerreiße ihn, ha, ha ...«
    Und mit hysterischer Lust grub sie ihre Zähne in den Arm des Torero, der seine Muskeln voll Schmerz aufschwellen fühlte. Er stieß einen Fluch aus und machte sich aus der Umarmung der schönen, halbnackten Frau los, die in ihrem Goldgelock einer trunkenen Bacchantin glich.
    Doña Sol schien ihre Aufwallung zu bereuen.
    »Du Armer, habe ich dir Schmerzen verursacht? Ich bin manchmal verrückt. Laß mich deine Wunde küssen, um sie zu heilen. Laß mich diese süßen Narben liebkosen. Wie böse bin ich doch, dir wehe getan zu haben.«
    Und die schöne Wildkatze wurde sanft und zart und umschmeichelte den Torero mit weichen Gebärden.
    Gallardo, welcher unter der Liebe die Gunstbezeugung ehelicher Rechte verstand, verbrachte niemals eine ganze Nacht im Hause der Doña Sol. Wenn er sie durch seine Liebkosungen unterworfen glaubte, richtete sie plötzlich wieder die alten Schranken zwischen ihnen auf.
    »Geh, ich will allein bleiben. Du weißt, daß ich dich nicht festhalten kann. Weder dich, noch sonst jemanden. Pfui, diese Männer!«
    Und Gallardo zog sich, gedemütigt und traurig über die Launen dieser Frau, fluchtartig zurück.
    Als sie der Torero eines Abends zugänglicher fand, wagte er die neugierige Frage, sie über ihre Vergangenheit auszufragen. Er wollte die Könige und andere Persönlichkeiten, die, wie man sagte, in das Leben der Doña Sol getreten waren, kennen lernen.
    Sie antwortete seiner Neugier mit einem kalten Blick ihrer hellen Augen.
    »Was schert dich das? Bist du etwa eifersüchtig? Und wenn es wahr wäre, was kümmert es dich?«
    Sie blieb längere Zeit stumm und schaute leeren Blickes vor sich hin, mit jenem starren Ausdruck, der bei ihr immer von seltsamen Einfällen begleitet war.
    »Du mußt doch die Weiber oft geprügelt haben,« sagte sie, ihn mit Neugierde anblickend, »leugne es nicht, das interessiert mich sehr ... Deine Frau, nein, ach nein, ich weiß, daß sie gut ist.

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