Die blutige Arena
infolge des übermäßigen Alkoholgenusses immer blutunterlaufen und entzündet waren, näherte sich dem Banditen und ließ mit ungekünstelter Vertraulichkeit, als ob er sich freute, den Räuber unter seinen Pranken zu haben und ihm gleichzeitig seine rohe Sympathie ausdrücken zu können, seine gewaltige Hand auf die Schulter des Banditen fallen. »Wie geht's, Plumitas?«
Der Angesprochene duckte sich, als wollte er unter dieser rauhen und unehrerbietigen Liebkosung zurückspringen und seine Rechte hob das Gewehr. Doch seine Blicke schienen den Picador wiederzuerkennen. »Du bist Potaje, wenn ich mich nicht täusche. Ich habe dich in Sevilla gesehen. Sapperment, das waren Stürze! Du bist ein Kerl, wie aus Eisen!«
Und wie um den Gruß zu erwidern, faßte er mit seiner schwieligen Hand einen Arm des Picadors und prüfte den Bizeps mit dem Lächeln der Bewunderung. Die beiden schauten sich freundlich an. Der Picador lächelte. »Ich hielt dich für größer Plumitas, doch das macht nichts, im ganzen bist du ein tüchtiger Kerl!«
Der Räuber wandte sich an Gallardo. »Kann ich hier frühstücken?« Gallardo nahm die Miene eines großen Herrn an. »Niemand, der nach La Rinconada kommt, geht ohne Bewirtung weg!« Sie betraten die Küche. Diese war infolgeihrer Größe der gewöhnliche Versammlungsort aller Bewohner des Hofes.
Der Torero setzte sich in einem Lehnstuhl und ein Mädchen zog ihm die Schuhe an, da er in der Eile der Überraschung nur mit Pantoffeln in den Hof gelaufen war.
Der Nacional, der sich nun seinerseits bemerkbar machen wollte, erschien, beruhigt durch die gesellschaftliche Form dieses Besuches, mit einer Flasche Wein und Gläsern. – »Dich kenne ich auch,« sagte der Bandit mit der gleichen Einfachheit, »ich habe dich bei der Arbeit gesehen. Wenn du aufgelegt bist, machst du deine Sache gut, nur mußt du manchmal näher kommen!«
Potaje und der Meister lachten über diesen Rat. Als Plumitas das Glas nehmen wollte, fühlte er sich durch das Gewehr behindert, welches er zwischen den Knien hielt. »Gib es doch weg!« sagte der Picador, behältst du denn das Schießeisen auch dann, wenn du auf Besuch weilst?« – Der Räuber wurde ernst. Sein Stutzen begleitete ihn immer, sogar wenn er schlief. Und diese Anspielung auf seine Waffe, welche sozusagen ein Glied seines Körpers war, bannte seine Schwerfälligkeit, er schaute mit einer gewissen Ängstlichkeit nach allen Seiten herum. Auf seinem Gesichte zeigte sich Argwohn und die Entschlossenheit, niemandem zu trauen, sich nur auf seine eigene Kraft zu verlassen und in jedem Augenblick eine ihm drohende Gefahr zu wittern.
Ein Bursche ging durch die Küche und näherte sich der Türe. »Wohin geht er?« Bei diesen Worten drückte er sich auf seinen Sitz und zog mit seinen Knien das geladene Gewehr bis an die Brust. Der Bursche ging auf ein nahes Feld,auf dem die Arbeiter des Hofes arbeiteten, und Plumitas beruhigte sich.
»Hört Señor Juan, ich bin gekommen, um Euch zu sehen, und da ich weiß, daß Ihr ein Ehrenmann seid, der nichts verrät ... Außerdem werdet Ihr ja von Plumitas gehört haben, es ist nicht leicht, ihn zu erwischen, und der es versucht, dem geht es schlecht.«
Der Picador vermittelte, ehe noch sein Herr antworten konnte. »Plumitas, mach doch keine Geschichten, hier bist du unter Kameraden, daher sei schön brav!« – In der Tat beruhigte sich der Räuber gleich wieder und die beiden Männer vertieften sich in ein lebhaftes Gespräch über Pferde, welchen sie größere Zuneigung entgegenbrachten als Personen.
Gallardo, der noch etwas unruhig war, ging in der Küche auf und ab, während die Frauen des Hofes das Feuer schürten und den berühmten Banditen mit scheuen Blicken betrachteten.
Der Torero näherte sich bei diesem Auf- und Abgehen dem Nacional. Dieser sollte zu Dona Sol gehen und sie bitten, nicht herunterzukommen. Der Räuber würde sicher nach dem Frühstück wegreiten, warum also herunterkommen, um diese traurige Persönlichkeit zu sehen? – Der Banderillo verschwand und nun wandte sich der Räuber mit der Frage an den Hausherrn, wie viele Stiergefechte er dieses Jahr noch zu erledigen hätte. »Ich bin »Gallardist«, wie Ihr wissen müßt. Ich habe Euch öfters applaudiert als Ihr glauben werdet, so in Sevilla, Jaén, Cordoba und vielen anderen Städten.«
Gallardo wunderte sich darüber. Wie konnte er sich nur, wo ihm doch ein ganzes Heer von Verfolgern auf den Fersenwar, so zu den Stiergefechten wagen?
Weitere Kostenlose Bücher