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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Liebenswürdigkeit und den Ausdruck ihrer Augen eingeschüchtert. Sie betrachtete ihn, als wäre er ein anderer geworden. Ihr Blick verriet infolge des rohen Äußeren Gallardos und wegen des Unterschiedes zwischen ihr und dem ungeschlachten Stierkämpfer eine gewisse Abweisung. Der Torero schien diese Kluft, die sich zwischen ihnen auftat, zu fühlen. Er sah sie an, als wäre sie eine vornehme Dame eines anderen Landes und Volkes. Sie sprachen ruhig miteinander. Doña Sol schien die Vergangenheit vergessen zu haben und Gallardo wagte es nicht, sie daran zu erinnern oder den geringsten diesbezüglichen Versuch zu machen, da er ihren Zorn fürchtete.
    »Sevilla«, sagte sie »ist ja recht hübsch und angenehm. Doch in der Welt gibt es mehr, was schön und interessant ist. Ich sage Ihnen, Gallardo, daß ich eines Tages für immer wegziehen werde. Ich ahne schon, daß ich mich bald sehr langweilen werde. Sevilla kommt mir ganz verändert vor.«
    Sie duzte ihn nicht mehr. Es vergingen einige Tage, ohne daß es der Torero bei seinen Besuchen wagte, sie an die Vergangenheit zu erinnern. Er begnügte sich, sie mit seinen glühenden und bewundernden Augen still anzuschauen.
    »Ich langweile mich, ich werde eines schönen Tages wieder verschwinden«, erklärte sie bei jedem Besuche.
    Ein andermal sagte ihm der Diener, daß seine Gnädige ausgegangen sei, während der Torero bestimmt das Gegenteil wußte.
    Gallardo sprach eines Tages von einem Ausflug, den er nach La Rinconada machen mußte, um einige Olivenwälder, die sein Vertreter während seiner Abwesenheit gekauft hatte, zu besichtigen. Der Gedanke, an diesem Ritte mitzuhalten, verursachte Doña Sol, gerade wegen seiner Ungewöhnlichkeit ein Lächeln. Sollte sie etwa dorthin gehen, wo die Familie des Stierkämpfers einen Teil des Jahres verbrachte, um mit dem Brandmale des Skandals und des Fehltrittes in jenen ruhigen Kreis einzudringen, in dem der arme Bursche mit den Seinen lebte?
    Das Ungewöhnliche dieses Wunsches bestimmte ihren Entschluß. Sie würde dennoch gehen, La Rinconada interessierte sie.
    Gallardo empfand Furcht, als er ihren Entschluß hörte. Er dachte an die Leute des Hofes, an die Schwätzer, welcheseiner Familie alles mitteilen würden. Doch der Blick der Doña Sol brachte alle seine Skrupeln zum Schweigen. Wer weiß, vielleicht gab ihm dieser Ausflug seine alten Rechte über dieses stolze Weib wieder zurück.
    Er versuchte vergeblich noch einen letzten Einwand.
    »Und Plumitas? Wie ich weiß, sucht der Bandit auch La Rinconada auf.«
    »Ah, Plumitas.« Das Gesicht der Doña Sol schien sich unter einem innerlichen Feuer zu beleben. »Das wäre ganz vortrefflich. Ich würde mich freuen, ihn kennen zu lernen.«
    Gallardo traf seine Anordnungen. Er hatte allein reiten wollen, aber die Gesellschaft der Doña Sol veranlaßte ihn, Hilfe zu suchen, da er unterwegs mit der Möglichkeit unangenehmer Begegnungen rechnen mußte. Er suchte den Picador Potaje auf. Das war ein ungeschlachter Geselle, der sich nur vor seiner Frau fürchtete, welche ihn, wenn er sie schlagen wollte, zu beißen drohte. Ihm brauchte er keine Erklärung, sondern nur Wein zu geben. Der Alkohol und die schweren Stürze in der Arena hatten ihn in einen andauernden Dämmerzustand versetzt, so daß er sich nur zu langsamen Worten und einer unklaren Erkenntnis der Dinge aufraffen konnte. Außerdem befahl er noch dem Nacional mitzugehen. Mit ihm war ein Vertrauter mehr um ihn und auf Sebastian konnte er sich verlassen. Der Banderillo gehorchte, brummte aber vor sich hin, als er hörte, daß Dona Sol mitgehe. Doch als er unterwegs im Auto neben Potaje saß und die schöne Frau betrachten konnte, da legte sich langsam sein Groll.
    Er konnte ihre Züge nicht deutlich unterscheiden, da sie einen großen Autoschleier trug. Gleichwohl war sie wunderschön, wie fesselnd konnte sie plaudern und was wußte sie alles! Noch vor der Hälfte des Weges entschuldigte der Nacional, trotz seiner fünfundzwanzig Jahre ehelicher Treue, die Schwäche seines Herrn. Er würde im gleichen Falle ebenso gehandelt haben. Ja, ja, die Bildung. Sie ist ein großes Etwas und kann sogar Fehltritte entschuldigen und erklären.

V
    »Ruhe da draußen oder pack dich zum Teufel. Kann man denn nicht ungestört schlafen?«
    Der Nacional hörte diese Worte durch die Tür und übermittelte sie einem Burschen, der auf der Treppe wartete. Es war ungefähr 8 Uhr. Der Banderillo trat ans Fenster und blickte dem Boten nach, der aus dem

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