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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Hofe ins Freie lief. Weit draußen sah er einen Reiter, der infolge der Entfernung wie ein kleines Spielzeug aussah. Der Bursche wechselte mit dem Unbekannten einige Worte und kam dann zurück. Neugierig gemacht durch das Hin- und Hergehen, erwartete ihn der Nacional am Fuße der Treppe.
    »Sie müssen mit dem Herrn sprechen,« sagte der Knecht, »ich glaube, er wird schlechte Nachrichten bekommen.«
    Der Nacional kehrte noch einmal zur Tür zurück, ohne sich um den Protest seines Toreros zu kümmern. Gallardo mußte aufstehen. Für das Land war es schon spät und jener Mann konnte eine interessante Botschaft bringen.
    »Ich komme schon«, rief der Stierfechter übellaunig, ohne sich vom Bette wegzurühren. Der Nacional sah wieder durchs Fenster und erblickte den Reiter, der sich dem Hofe näherte.
    Der Stallbursche eilte ihm mit der Antwort entgegen und lief sofort in den Hof zurück. Der Nacional hörte ihn hastig die Treppe hinaufkommen.
    »Es ist Plumitas, Señor Sebastian, er hat mit dem Herrn zu sprechen. Oh, meine Ahnung hat es mir gleich gesagt.«
    Plumitas! Die Stimme des Burschen schien trotz der Ermüdung nach seinem hastigen Lauf den Raum mit diesem Namen auszufüllen. Der Banderillo blieb vor Überraschung stumm. Im Zimmer des Torero vernahm man einige Flüche, das Rascheln von Kleidern und die Bewegungen eines Körpers, der schnell das Bett verläßt. Auch Doña Sol schien die Bedeutung der allgemeinen Unruhe erfaßt zu haben, denn der Vorhang an ihrem Fenster bewegte sich.
    »Zum Teufel mit ihm. Was will er denn von mir? Warum kommt er nach La Rinconada und gerade jetzt?«
    Gallardo stürzte aus seinem Zimmer, nur mit Hose und Rock bekleidet. Er lief dem Banderillo voraus, und sprang mehr als er ging, die Treppe hinunter. Vor dem Hauseingang stieg gerade der Reiter vom Pferde. Ein Knecht hielt die Zügel und die übrigen Arbeiter blieben respektvoll abseits, während sie den gefürchteten Gast mit Neugier und achtungsvollen Blicken betrachteten.
    Es war ein mittelgroßer Mann, eher klein, blond mit vollem Gesicht und kurzen, starken Gliedern. Er trug eine graue, mit schwarzen Fransen verzierte Bluse, dunkle, abgetragene Hose mit Tuchbelag auf der Innenseite der Beine und Ledergamaschen zum Schutz gegen Regen und Schmutz. Unter der Bluse bemerkte man, durch eine dicke Schärpe halb verdeckt, den Patronengürtel, in dem zwei Revolver und ein Messer staken. In der Rechten hielt er einen Repetierstutzen. Seinen Kopf bedeckte ein Hut, dessen Krempe durch die Unbill der Witterung jede Form verloren hatte.Ein rotes, um den Hals geschlungenes Tuch war der auffallendste Schmuck seiner Person.
    Sein dickes, pausbackiges Gesicht glich dem Vollmond. Auf den Wangen, welche trotz der sonnverbrannten Gesichtsfarbe ihre ursprüngliche Weiße verrieten, sah man die Stoppeln eines blonden, schon geraume Zeit nicht rasierten Bartes, der dem Gesicht einen roten Schimmer verlieh. Die kleinen, geschlitzten, unter Fettpolstern verdeckten Augen waren das einzig beunruhigende in diesem freundlichen Pfarrergesicht. Mit ihrem stechenden Blick und ihren boshaft schimmernden blauen Pupillen gaben sie ihm die Physiognomie eines Schweines.
    Er erkannte Gallardo sogleich, als sich dieser in der Türe zeigte, und hob seinen Hut über seinen runden Kopf empor: »Gott gebe euch einen guten Tag, Herr Juan!« sagte er mit der ernsten Höflichkeit des andalusischen Bauern. Gallardo erwiderte den Gruß und nun musterten sich die beiden Männer mit der Selbstverständlichkeit, als wären sie zwei Reisende, die sich unterwegs begegneten. Der Torero war vor Aufregung ganz bleich und nagte an den Lippen, um seine Bewegung zu verbergen. Wenn der Räuber etwa glaubte, ihn einschüchtern zu können ... Es vergingen einige Augenblicke des Schweigens. Alle Männer des Hofes, welche nicht auf das Feld zur Arbeit gegangen waren, betrachteten mit einem Erstaunen, welches etwas Kindliches an sich hatte, jene schreckliche Persönlichkeit, welche sie durch den furchtbaren Ruf ihres Namens in Bann hielt. »Könnten die Leute das Pferd nicht in den Stall führen, daß es sich ausruhe?« fragte der Bandit. Gallardo gab ein Zeichen und ein Bursche führte das Pferd am Zügel weg.
    »Paß auf!« sagte Plumitas, »es ist mein bester Kamerad, und ich habe es lieber, als Frau und Kinder!«
    Ein neuer Gast gesellte sich zu den beiden Männern, es war Potaje, der, seinen athletischen Körper dehnend und reckend, zu ihnen trat. Er rieb sich seine Augen, welche

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