Die blutige Arena
Plumitas lächelte mit dem Gefühl der Überlegenheit. »Bah, ich gehe, wohin ich will, ich bin überall zu Hause.«
Dann sprach er von den Gelegenheiten, bei denen er dem Torero begegnet war, einmal in Begleitung, dann wieder allein. Gallardo war in seinem Wagen hart an ihm vorübergefahren, ohne auf seine Person zu achten, als wäre er ein armseliger Hirte, der seinem Herrn irgend eine Botschaft brachte. »Als Ihr von Sevilla heraufkämet, um die zwei Mühlen zu kaufen, die dort unten liegen, habe ich Euch unterwegs getroffen. Ihr hattet 5000 Duros bei Euch. Nicht wahr? Dann wieder sah ich Euch auf so einem Teufelstier, das man Automobil nennt, mit einem anderen Herrn aus Sevilla, der, wie ich glaube, Euer Vertreter ist. Da Ihr damals zur Unterzeichnung eines Kontraktes führet, hattet Ihr auch eine hübsche Summe mit.«
Gallardo erinnerte sich langsam an diese Einzelheiten und wunderte sich über die Genauigkeit, mit der dieser Mann alles wußte. Und um seinen Großmut dem Torero gegenüber zu betonen, sprach der Bandit von der Geringschätzung, die ihm alle Hindernisse einflößten.
»Die Automobile? Lächerlich! Diese Tierchen fange ich damit!« – und er zeigte auf sein Gewehr. »In Cordoba hatte ich einmal mit einem reichen Herrn, der mein Feind war, eine Rechnung zu begleichen. Ich wartete mit meinem Pferde auf der einen Seite der Straße, und als mein Tierchen in einer Staub- und Dampfwolke daherkam, rief ich: Halt! Da es nicht stehen bleiben wollte, gab ich ihm eine Kugel in das Rad. Kurz, das Automobil war schon ziemlich weitweg und ich gallopierte nach, um den Herrn einzuholen und meine Rechnung zu begleichen. Ein Mann, der gut trifft, kann alles unterwegs haben.«
Gallardo hörte staunend, wie Plumitas seine Straßenabenteuer mit einer gewerbsmäßigen Natürlichkeit schilderte.
»Euch dagegen wollte ich nicht anhalten. Ihr gehört ja nicht zu den Reichen. Ihr seid ein armer Teufel so wie ich, nur mit mehr Glück in Eurem Berufe, und wenn Ihr Geld habt, so ist es ehrlich verdient. Ich schätze Euch, weil Ihr ein wackerer Torero seid und ich eine Schwäche für tüchtige Leute habe. Wir zwei sind sozusagen Kameraden, wir setzen beide unser Leben aufs Spiel, deshalb stand ich, obgleich Ihr mich nicht kanntet, dort an der Straße und sah Euch vorüberfahren, ohne nur das Geringste von Euch zu verlangen. Ich tat es, damit Euch niemand überfalle und sich etwa für Plumitas ausgebe, Dinge, die schon alle vorgekommen sind ...«
Ein unerwarteter Gast unterbrach die Erzählung des Banditen und ließ eine Bewegung des Unwillens im Gesichte des Torero hervortreten. Doña Sol war eingetreten. Zu dumm! Hatte ihr denn der Nacional nicht seinen Rat mitgeteilt? ... Der Banderillo kam hinter der Dame und machte schon von der Küchentüre her verschiedene Bewegungen, um seinem Herrn anzudeuten, daß seine Bitten und Ratschläge unnütz gewesen waren.
Doña Sol kam in ihrem Reisekleid, ihr Goldgelock war in aller Eile durchkämmt und aufgeknotet. Der Plumitas im Hofe! Was für ein Glück! Sie hatte einen Teil der Nacht mit wonnigen Schauern an ihn gedacht und sichvorgenommen, am Nachmittag die Verstecke um La Rinconada zu durchstreifen, da sie hoffte, ihr Glücksstern werde sie mit dem Banditen zusammenführen. Und wie wenn ihre Gedanken über weite Entfernungen einen Einfluß nehmen und die Personen anziehen konnten, gehorchte der Räuber ihren Wünschen und stellte sich noch in der Frühe im Hofe ein.
Der Plumitas! Dieser Name ließ in ihrer Einbildungskraft die Gestalt des Banditen, so wie sie sich ihn vorstellte, erstehen. Sie hatte es eigentlich gar nicht notwendig, ihn kennen zu lernen. Sie sah ihn vor sich, groß, schlank, mit mattbrauner Gesichtsfarbe, den Hut über seinem roten Tuch, unter welchem sich dunkles Gelocke hervorstahl, um die Hüfte eine rote Seidenschärpe, dunkelbraune Ledergamaschen an den Beinen, kurz, ein fahrender Ritter der andalusischen Steppe mit dem Aussehen der herausgeputzten Tenore, welche sie in Carmen die Uniform mit dem Schmugglerkostüm vertauschen sah, weil sie als Opfer der Liebe in die Berge geflüchtet waren.
Ihre Augen, welche die Erwartung vergrößert hatten, schauten durch die Küche, ohne ihr erträumtes Bild zu finden. Sie sah einen unbekannten Mann der aufstand, eine Art Flurwächter mit einem Karabiner, kurz, einen Mann, wie sie deren viele auf den Besitzungen ihrer Familie getroffen hatte.
»Guten Tag, Contessa, ist Ihr Onkel, der Herr Marquis gesund?« Die auf
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