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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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verriet, welche alle jene befällt, denen das Nachgrübeln über psychische Probleme eine ungewohnte, schwere Last bedeutet.
    Außerdem flößte ihm der Banderillo das Gefühl fürsorgender Ergebenheit ein. Sebastian kannte seine Liebschaftmit Doña Sol. Er war ihr manchmal begegnet und sie hatte oft über ihn gelächelt, wenn sie von seinen Eigenheiten erzählen hörte.
    Er lauschte mit ernster Bedachtsamkeit den Eröffnungen seines Herrn. »Du sollst diese Frau vergessen. Ich glaube, daß der häusliche Friede für uns, die wir allen Gefahren ausgesetzt sind, wohl das erste sein soll, worauf wir denken müssen. Mir kommt vor, daß Carmen mehr weiß, als du glaubst, vielleicht alles. Mir selbst hat sie Andeutungen über die Nichte des Marquis gemacht ... Die Arme. Es ist wirklich eine Sünde, daß du sie so kränkst.«
    Doch Gallardo, der, von seiner Familie getrennt, nur mit den Gedanken an Doña Sol lebte, schien die Gefahren, von denen der Nacional sprach, nicht zu begreifen und ging achselzuckend über diese Warnungen hinweg. Er mußte seine Erinnerungen mitteilen, dem Freunde von seiner glücklichen Vergangenheit mit der Skrupellosigkeit eines Liebhabers, der sich bewundert sehen will, Mitteilung machen.
    »Du weißt ja nicht, was diese Frau ist. Du bist ja einer jener Kurzsichtigen, die das Glück nicht kennen. Kannst du dir alle Frauen von Sevilla und der Städte, in welchen wir gewesen sind, vorstellen? Nein. Alle zusammen ergeben noch nicht Doña Sol. Wenn man eine Frau wie sie, gefunden hat, verzichtet man auf alles andere ... Wenn du sie so kennen würdest, wie ich! ... Die Frauen unseres Standes riechen nach Fleisch und Wäsche. Aber diese, Sebastian, diese ... Denke an alle Rosen in den Gärten Sevillas ... Nein, nicht nur an Rosen, auch an Jasmin, Veilchen ... kurz, es ist ein Duft wie im Paradies. Und dieser Duft kommt aus ihremKörper, als würde er ihm angeboren sein. Dann ist sie nicht eine derjenigen, welche du schon kennst, wenn du sie einmal gesehen hast. Bei ihr kommen dir immer neue Wünsche, man hofft immer auf etwas Neues, was aber niemals Erfüllung findet. Ich kann mich nicht besser ausdrücken, Sebastian ... doch du weißt nicht, was eine Dame ist, deshalb predige mir nicht und halte den Schnabel.«
    Gallardo empfing jetzt keine Briefe mehr aus Sevilla. Doña Sol weilte im Ausland, er sah sie einmal, als er in San Sebastian auftrat. Die schöne Spanierin weilte gerade in Biarritz und kam mit einigen Französinnen, welche den Torero kennen lernen wollten, in die Arena. Er begrüßte sie, mußte dann aber weiter und erhielt während des Frühlings nur kurze Nachrichten von ihr oder seinem Vertreter, der ihm mitteilte, was er vom Marquis hörte.
    Sie hielt sich in vornehmen Seebädern auf, deren Namen der Torero zum ersten Mal hörte und überhaupt nicht aussprechen konnte. Dann vernahm er, daß sie nach England ging. Später wollte sie nach Deutschland, um Opern in einem herrlichen Theater zu hören, das seine Tore nur für wenige Wochen im Jahre öffnete. Gallardo glaubte schon nicht mehr, sie noch einmal wiederzusehen. Sie war ein Zugvogel, der rastlos und voll Abenteuerlust hier und dorthin eilte, und er durfte nicht hoffen, daß sie den Winter noch einmal in Sevilla verbringen würde.
    Diese Unmöglichkeit, seine Geliebte jemals wieder zu treffen, bedrückte den Torero und zeigte ihm die Herrschaft, welche jenes Weib über sein Fleisch und seinen Willen erlangt hatte. Wenn sie ihm unerreichbar blieb, warum setzteer dann noch sein Leben aufs Spiel? Was half ihm sein Ruhm oder der Beifall der Menge? Don José beruhigte ihn. Sie würde zurückkehren, das war sicher. Denn Doña Sol sei trotz ihrer unberechenbaren Launen eine praktische Frau, welche ihren Vorteil nicht vergesse: Sie brauchte die Hilfe des Marquis zur Verwaltung ihres eigenen Vermögens, das, gerade so wie das Erbe ihres Mannes, durch den langen und kostspieligen Aufenthalt in der Fremde stark zusammengeschmolzen war.
    Der Torero kehrte gegen Ende September nach Sevilla zurück. Er hatte im Herbste noch eine Reihe von Verpflichtungen zu erfüllen, doch wollte er einen Monat Ruhe haben. Seine Familie weilte im Bade Sanlucar, da die schwächliche Gesundheit der beiden Kleinen den Aufenthalt am Meere erforderte.
    Gallardo zitterte vor Aufregung, als ihm sein Vertreter eines Tages die Ankunft der Doña Sol meldete. Der Torero suchte sie sofort auf und bei den wenigen Worten, die sie wechselten, fühlte er sich durch ihre kalte

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