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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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den Mann gerichteten Blicke aller Anwesenden verrieten ihr die Wahrheit. Was, dieser Mann sollte der Plumitas sein?
    Er hatte, durch die Gegenwart der Dame eingeschüchtert,mit einer ungeschickten Bewegung seine Kopfbedeckung abgenommen und sprach nun weiter, während er den Hut in der einen und das Gewehr in der anderen Hand hielt.
    Gallardo wunderte sich über die Worte des Banditen. Der kannte doch wirklich jeden. Er wußte, wer Doña Sol war und gab ihr als Beweis seiner Achtung alle Titel ihrer Familie.
    Doña Sol, welche sich von ihrer Überraschung erholt hatte, gab ihm ein Zeichen, den Hut aufzusetzen und seinen Platz wieder einzunehmen. Er gehorchte ihrem Wunsche, ließ aber den Filz auf dem Stuhle liegen. Und als ob er eine Frage in den Augen der Doña Sol erriet, fügte er hinzu: »Ihr dürft Euch nicht wundern, Gräfin, wenn ich Euch kenne. Ich habe Euch sehr oft mit dem Marquis und anderen Herren gesehen, wenn Ihr auf die Jagd rittet. Ich habe auch aus der Ferne zugeschaut, wie Ihr die Stiere mit der Lanze anginget. Ihr seid sehr mutig und wohl das tüchtigste Weib, das ich in diesem Lande kenne. Es ist wirklich eine Freude, Euch reiten zu sehen. Die Männer müßten sich Eurer Engelsaugen wegen mit dem Messer in der Hand bekämpfen.« Der Bandit ließ sich von seiner südlichen Begeisterung fortreißen und fand neue Lobesworte zu Ehren der schönen Frau. Diese aber erbleichte und ihre Augen wurden, im angenehmen Gefühl des Gruselns, größer, während sie den Banditen schon interessant fand. Wenn er nur ihretwegen auf den Hof gekommen wäre oder sich etwa gar vorgenommen hätte, sie zu entführen, sie mit der wilden Gier eines Raubvogels in sein einsames Versteck auf die Berge zu bringen?
    Der Torero wurde stutzig, als er diese Äußerungen einerrohen Bewunderung vernahm. Zum Teufel, auf seinem eigenen Hofe! Und in seiner Gegenwart! Wenn der Räuber so weiterfuhr, dann würde er seine Flinte holen, und wenn der andere auch Plumitas hieß, so würde man schon sehen, wer zuerst losdrückte!
    Der Bandit schien aber schnell die üble Wirkung seiner Worte zu bemerken und er nahm eine achtungsvolle Haltung an. »Sie verzeihen, Contessa, es ist nur Geschwätz, sonst nichts. Ich habe eine Frau und vier Söhne und die Arme weint mehr über mich als die schmerzensreiche Maria über ihren Sohn.« Und als ob ihm daran gelegen wäre, sich bei Doña Sol angenehm zu machen, brach er in eine Lobrede auf ihre Familie aus. Der Marquis de Moraima war einer der Männer, welche er am meisten verehrte. Doch machte die Begeisterung, mit der er von seiner Dankbarkeit sprach, auf Doña Sol keinen Eindruck. So sah also der berühmte Plumitas aus! Es war ein armer Teufel, ein armseliger Feldhase, den alle, getäuscht durch seinen Ruf, wie einen Löwen fürchteten.
    »Es gibt gar viele schlechte Reiche,« fuhr der Bandit fort, »wie die oft die Armen behandeln! In der Nähe meines Dorfes wohnt einer, der leiht Geld auf Wucherzinsen und ist schlechter als Judas. Ich ließ ihm mitteilen, seine Leute nicht so zu schinden, und der Schurke benachrichtigte, statt mir zu folgen, die Behörden, um mich fangen zu lassen. Ich zündete ihm einen Strohschober an und spielte ihm noch andere Streiche, doch es vergeht über ein halbes Jahr, ehe er sich aus dem Dorfe herauswagt, da er ein Zusammentreffen mit dem Plumitas fürchtet. Neulich wollte er eine arme Witwe hinauswerfen, weil sie den Zins für eine alteHütte nicht bezahlen konnte. Ich stattete dem Herrn eines abends, als er sich zu Tische setzte, einen Besuch ab. »Mein Freund, ich bin Plumitas und brauche 100 Duros.« Er gab sie mir und ich eilte zur Alten. »Großmutter, da nimm und bezahle den Juden, was darüber ist, gehört dir und soll dir viel Glück bringen.« – Doña Sol betrachtete den Banditen mit größerem Interesse. – »Und Tote?« fragte sie, »wieviel habt Ihr getötet?« »Señora,« erwiderte der Bandit ernst, »sprechen wir nicht darüber, ich würde Sie erschrecken und ich bin nur ein armer Teufel, ein Unglücklicher, der sich verteidigt, wie er kann....«
    Es folgte ein langes Schweigen.
    »Sie wissen ja nicht, wie ich lebe«, fuhr der Räuber fort. »Den wilden Tieren geht es besser als mir. Ich schlafe wo ich kann, oder überhaupt nicht. In der Frühe hier, am Abend dort. Ich muß die Augen offen halten und eine harte Hand haben, daß die Leute mich achten und mich nicht verraten. Ich habe nur zwei Freunde, mein Pferd und mein Gewehr. Oft erfaßt mich das

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