Die Blutnacht: Roman (German Edition)
ihre Hunde haben gebellt, Luzifer auch, manche von denen waren Frauen, wie Hexen, und manche waren nackt, auch die Männer, es war wie in der Hölle, aber wir sind nicht stehengeblieben. Grégoire hat mich beim Arm gepackt und weitergezerrt, bis wir zu einer Treppe gekommen sind. Ich habe gehört, wie die Jungen hinter uns zu schreien anfingen, wie sie mit den Verrückten und ihren Hunden kämpften, glaube ich, aber ich habe mich nicht umgedreht. Wir rannten die Treppe zu einem Friedhof hinauf, einem ganz kleinen hinter der Kirche, und Grégoire warf Luzifer über eine Mauer – das hat dem gar nicht gefallen, muss ich sagen –, und wir sind rübergeklettert. Wir haben keinen von den Jungen mehr die Treppe hochkommen sehen. Und dann sind wir immer durch die Gassen weitergerannt. Ich hatte keine Ahnung, wo wir waren, aber Grégoire wusste es.« Juste holte tief Luft. »Darf ich etwas Wasser haben?«
Tannhäuser füllte einen Schöpflöffel im Wasserfass. Juste trank.
»Was ist dann geschehen?«
»Wir sind einen großen Bogen gegangen, denn wir wollten zu Clementine zurück, aber als wir an dem Gehängten bei der Brücke vorbei sind, hat Grégoire diesen Petit Christian gesehen, und wir sind stehengeblieben. Na ja, eigentlich sind wir erst stehengeblieben, um den schönen Rotfuchs anzusehen. Und dann kam Petit Christian mit dem Portier aus dem College, und der Edelmann fragte sie beide aus. Der Portier ging wieder hinein, und die anderen beiden überquerten die Brücke zur Cité, und wir sind ihnen gefolgt.«
»Warum?«
»Grégoire hat gesagt, das würdet Ihr auch machen, außer Ihr hättet sie vielleicht umgebracht. Ihr habt uns gesagt, dass wir alle Informationen sammeln sollten, die wir finden.«
»Sie haben nicht gemerkt, dass ihr ihnen gefolgt seid?«
Juste schüttelte den Kopf. »Die Insel war noch in hellem Aufruhr. Da sind überall Jungen, die lieben die Aufregung. Obwohl die meisten Messer oder Stöcke hatten.«
»Ihr habt ohne das überlebt. Weiter.«
»Grégoire hat auch was von ›Le Tellier‹ gesagt, glaube ich.«
»Der Hauptmann der Schottischen Garde? Dominic – du erinnerst dich an ihn.«
»Natürlich. Aber der war es nicht, da bin ich sicher.«
»Dominic steckt mit Petit Christian unter einer Decke.«
»Das wollte Grégoire mir wohl erklären. Wir sind ihnen in Richtung Kathedrale gefolgt, und sie sind zum Pont Notre-Dame abgebogen, in Richtung Ville. Da haben wir dann beschlossen, dass ich Euch suchen sollte, damit Ihr Euch keine Sorgen macht, und Grégoire hat mir erklärt, wie ich hierher komme. Von der Kathedrale geradeaus den Berg hinauf und …«
»Du bist über den Petit Pont gekommen?«
»Wir – die Mäuse und ich – sind einfach mit der Menge mitgegangen. Ich habe so getan, als wäre ich wie Tybaut. Hättet Ihr das nicht auch gemacht?«
»Was macht Grégoire, wenn die Verfolgung zu Ende ist?«
»Ihr habt gesagt, dass Ihr zur der Kirche Sainte-Cécile zurück wolltet, also wird er im Hôtel d’Aubray auf Euch warten.«
»Eine üble Wahl. Warum?«
»Da ist niemand zum Ermorden mehr übrig und nichts mehr zu stehlen, also hat niemand einen Grund, dort hinzugehen.«
»Ihr Jungs werdet schon bald euren Meister überlisten.«
Tannhäuser hakte die letzten Zugriemen am Ortscheit ein und trat einen Schritt zurück. Er hatte den Sattel auf Clementines Rücken gelassen, denn er hatte vor, den Karren und das Geschirr in der Abtei zu hinterlassen. Einige Goldstücke drauf, und die Benediktiner würden wöchentlich eine Messe für seine Seele singen.
»Ich hoffe, du erwartest nicht, dass wir in diesem Mistkarren fahren«, sagte Pascale.
Mit sauber geschrubbten Gesichtern sahen die Mäuse noch jünger aus. Sie hielten einander immer noch bei der Hand und starrten zu Boden. Tannhäuser warf Pascale ein steifes Lächeln zu.
»Der Karren wurde für Pferdefutter verwendet, und er ist sauberer als die meisten Teller. Ihr fahrt alle darin. Wenn ihr so pingelig seid, dann holt euch ein paar Decken aus der Sattelkammer und breitet sie auf dem Boden aus, aber beeilt euch. Und schaut, ob ihr Handschuhe findet, mit denen ihr die Tintenflecke an euren Fingern verdecken könnt. Flore, füllst du bitte diesen Schlauch mit Wasser? Juste, sieh nach, ob du sonst noch etwas siehst, das wir mitnehmen sollten.«
Juste starrte wütend auf Pascales Dolch. »Darf ich auch ein Messer haben?«
»In der Abtei brauchst du kein Messer. Und du auch nicht«, sagte er zu Pascale. »Pack den Dolch in die
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