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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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um Euch Euren Bogen zurückzubringen.«
    Frogier schaute freudig überrascht, dann besorgt.
    »Ich will mein Geld nicht zurück. Es ist für uns beide besser, wenn man mich nicht damit sieht.
    »Ich bin Euer getreuer Diener, wie immer.«
    »Geht mit mir zum Petit Châtelet.«
    Tannhäuser führte das Gespann auf den Turm von Notre-Dame und den Fluss zu. Frogier kaute auf seiner Lippe, machte dann seinen Kumpels am Tisch ein Zeichen und trabte hinter ihm her.
    »Eure Exzellenz haben ein paar neue Gefährten gefunden.«
    »Das soll Euch nicht kümmern. Die vier fehlenden Pfeile sollten Euch jedoch Sorgen machen.«
    Frogier dachte darüber nach und wurde kreidebleich. »Vier?«
    »Die Pfeilspitzen werden Neugierige auf die Bogenschützen des Châtelet hinweisen, aber ich habe die Schäfte abgebrochen und verbrannt, also kann man sie nicht zu Euch zurückverfolgen.«
    »Wer schert sich in einem Blutbad um vier Pfeile?«
    »Hängt davon ab, wo sie gefunden werden. Die Ereignisse werden eine Untersuchung nach sich ziehen. Ihr solltet also überlegen, ob Ihr nicht den ganzen Köcher verlieren wollt. Wie Ihr sagtet: Verwirrung, Hugenotten, Diebe.«
    »Ereignisse?«
    »Je weniger Ihr wisst, desto aufrichtiger könnt Ihr Überraschung vortäuschen oder besser noch Entsetzen, wenn Ihr offiziell zum ersten Mal die Einzelheiten erfahrt.«
    »Und werde ich die erfahren, Exzellenz? Selbst an einem so grausigen Tag?«
    »Zweifellos. Wir stecken beide in dieser Sache, Komplizen, könnte man sagen. Wenn niemand zuhört, lasst bitte die Förmlichkeit. Sie geht mir auf die Nerven.«
    Frogier war entweder der geborene Philosoph, oder er hatte unzählige gefährliche Intrigen hinter sich, denn er nahm diese Neuigkeiten ohne Selbstmitleid oder Vorwurf hin.
    »Sollte ich auch den Bogen verlieren? Nein, dass ich beide verloren habe, wäre schwerer zu glauben. Ich lasse den Köcher hier – schneide vorher den Riemen durch –, wo ihn ein Stadtstreicher finden kann. Der verkauft ihn dann für ein Glas Wein, und bis zum Abend ist der Köcher mindestens zwei Schritte von mir entfernt.«
    Tannhäuser wusste, dass weitere Ausgaben auf ihn zukamen, aber er wollte Frogier einen kleinen Sieg zugestehen, um ihn mehr an sich zu binden.
    »Eure Kameraden sind verlässlich?«
    »Niemand ist unter allen Umständen verlässlich. Aber wie Ihr wisst, kann nichts die Treue eines Mannes besser schmieden als ein wenig Gold.«
    »Ich zahle Euren Weinkrug.«
    »Ihr glaubt, wir bezahlen den Wein?«
    Frogier hatte aus dem Augenwinkel etwas bemerkt. »Gebt mir Bogen und Köcher.«
    »Die sind auf dem Karren.«
    Frogier holte sich die Waffe. Er zuckte beim Anblick der blutbesudelten Pfeile ein wenig zusammen. Er schaute Tannhäuser an, sagte aber nichts. Dann rannte er eine Gasse entlang. Er kehrte mit dem Bogen über der Schulter zurück. Der Köcher war nirgends zu sehen. Er deutete mit dem Kopf auf den Karren.
    »Wenn diese Plane sie nicht vor der Sonne schützen soll, dient sie keinem anderen Zweck, als sie als Flüchtlinge auszuweisen.«
    Tannhäuser schlug die Plane zurück und raffte sie zusammen.
    »Das sind ja Tybauts Mädchen«, rief Frogier.
    »Ich bin Anne Durant«, sagte Pascale.
    »Und ich Geneviève Lenoir«, fügte Flore hinzu.
    Frogier saugte an seinem einzigen Schneidezahn. »Was habt Ihr mit all den Blagen zu schaffen?«
    Tannhäuser musste die Kinder irgendwo lassen. Sie behinderten ihn. Und er gefährdete sie. Frogier war zumindest ein bekanntes Übel.
    »Bringt uns durch die Barrikaden und in die Ville.«
    »Die Ville?« Man hätte Frogier genauso gut bitten können, seinen Kopf in einen Kübel Kotze zu stecken. »Warum?«
    »Ich brauche einen sicheren Zufluchtsort für diese Kinder. Einen Ort, wo sie ein, zwei Tage Unterschlupf finden, etwas zu essen und zu trinken bekommen und vor Gefahren geschützt sind.«
    »In der Ville?«
    »Ich hatte gehofft, sie in meiner Nähe zu behalten, aber ihre Sicherheit ist mir wichtiger.«
    »Ich nehme an, es sind Ketzer.«
    »Sie sind nur niemandem außer mir von Bedeutung.«
    »Meine ältere Schwester Irène, die lebt in der Ville, am Kai von Saint-Landry.«
    »Ehemann?«
    »Ich habe dafür gesorgt, dass er gehängt wurde.«
    »Mit Irènes Zustimmung?«
    »Auf ihre Bitte hin. Er hat zu gern mit dem Gürtel zugeschlagen, und er war Schotte. Zwei gute Gründe, ihn aufzuknüpfen.«
    »Was ist ihre Beschäftigung?«
    »Unfreundliche Menschen könnten flüstern, haben sogar geflüstert, dass es einen dritten und

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