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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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blutverschmiert.«
    »Keine Sorge. Es ist nicht meines.«
    Immer noch lächelte Orlandu nicht.
    »Lass dich umarmen«, sagte Tannhäuser, »oder gib mir zumindest die Hand.«
    Orlandus linker Arm war ihm in einer Schlinge vor die Brust gebunden. Er streckte die rechte Hand aus, und Tannhäuser ergriff sie. Seine Freude war getrübt, als er den Portier vom Collège sah.
    Der Mann wich in den Schatten zurück.
    »Das ist Boniface«, sagte Orlandu.
    »Wir kennen uns«, antwortete Tannhäuser. »Kannst du die Treppe hinuntergehen?«
    »Ja.«
    »Gut. Setz dich in der Eingangshalle auf die Stufen. Ich brauche nicht lange. Wenn jemand klopft, rufe mich, dann frage sie, wer sie sind.«
    »Bitte, mein Junge«, winselte Boniface. »Er wird mich kaltblütig ermorden.«
    »Du solltest dankbar sein, dass mein Blut nicht heißer ist.« Tannhäuser sah Orlandu an. »Er nennt dich ›mein Junge‹?«
    Orlandu zuckte zusammen. Er schaute auf die goldene Ordenskette an Tannhäusers Brust.
    »Du hast Seine Exzellenz umgebracht?«
    Nun war Tannhäuser verstörter als Orlandu.
    »Seine Exzellenz betet unten, dass der Tod bald eintritt.«
    »Mattias«, sagte Orlandu, »ich verstehe das nicht.«
    »Ich auch nicht. Aber das kann warten. Carla ist in Gefahr. Geh und bewache die Vordertür.«
    »Boniface ist mein Freund. Ich wohne in seinem Haus.«
    Tannhäuser drehte sich der Magen um. Er schaute zu dem Portier.
    Boniface fiel auf die Knie und faltete die Hände.
    »Gestern«, sagte Tannhäuser, »hat mir dieser Freund gesagt, dass er sich nicht erinnern kann, wann er dich das letzte Mal gesehen hat. Bist du auch mit diesem dekadenten Schwein da befreundet?«
    Orlandu warf einen Blick auf Petit Christian, und Tannhäuser begriff, dass auch diese Vermutung stimmte.
    »Diese Narren haben mit Le Tellier den Plan geschmiedet, deine Mutter umzubringen.«
    »Das ist nicht möglich.«
    Tannhäuser starrte ihn an. »Fieberst du noch?«
    »Le Tellier ist ein großer Mann«, sagte Orlandu, »ein brillanter Mann. Er hat mir viel über Politik beigebracht. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich in die Bruderschaft der Pilger von Saint-Jacques aufgenommen werden sollte. Das ist …«
    »Ich weiß, was diese Pilger sind. Du wirst es auch bald wissen.«
    Tannhäuser verschloss seine Gedanken gegen den Schmerz, den er verspürte. Orlandus Vater Ludovico war ein Fanatiker gewesen, ein Inquisitor. War das erblich? Er holte tief Luft.
    »Le Tellier ist nur in einem brillant, im Betrügen. Und du bist betrogen worden.«
    »Ist das wahr?« Orlandu richtete die Frage an Petit Christian.
    Tannhäuser schlug Petit Christian so heftig mit dem Handrücken ins Gesicht, dass der zu Boden fiel.
    »Du bittest diesen Drecksack, mein Wort zu bestätigen?«
    Orlandu wich vor Tannhäusers Zorn zurück.
    »Wie weit hast du dich mit diesen Untieren verbündet?«
    »Nicht gegen dich, Mattias. Auch nicht gegen meine Mutter. Wie konntest du …«
    »Gegen wen dann?«
    Orlandu wich weiter zurück. Tannhäuser konnte ihm alles auf dem Gesicht ablesen. Er war entsetzt.
    »Du warst nicht hier«, sagte Orlandu. »Du kennst die radikalen Hugenotten nicht. Du weißt nicht, wie sie sind, was sie der Krone und dem Land antun wollen …«
    »Wer hat auf dich geschossen?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Orlandu. »Es war dunkel, und sie kamen von hinten.«
    Tannhäuser setzte Christian den Fuß auf den Kopf und presste ihn gegen die Dielen.
    »Wer hat auf ihn geschossen?«
    »Dominic hat auf ihn geschossen«, sagte Christian. »Dominic und Baro.«
    »Warum?«
    »Wir konnten nicht zulassen, dass Carla wegging«, keuchte Christian. »Sonst wäre der Plan gescheitert. Ich habe dem Jungen das Leben gerettet. Dominic hätte ihn umgebracht, aber das war nicht unser Befehl. Ich habe ihn daran erinnert. Ich sagte, er könnte noch nützlich für uns sein.«
    »Ihr konntet nicht zulassen, dass sie wegging? Was meinst du damit?«
    »Orlandu versuchte, seine Mutter aus dem Hôtel d’Aubray zu holen.«
    Tannhäuser schaute zu Orlandu. In den dunklen Augen lauerte etwas Schreckliches.
    »Du hast von ihrem Plan erfahren«, sagte Tannhäuser.
    Orlandu sagte nichts. Vielleicht konnte er nicht sprechen.
    »Antworte mir, Junge.«
    Orlandu sagte immer noch nichts.
    »Christian, wie hat Orlandu von eurem Plan erfahren?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Tannhäuser lehnte sich schwerer auf seinen Fuß und spürte, wie sich Christians Kopf unter seinem Schuh verformte. Christian traten die Augen aus dem Kopf. Er

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