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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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irr.
    Tannhäuser lehnte sich vor und schaute ihn an. »Und ehe ich diese Stadt verlasse, für deren Herrscher du dich gehalten hast, werde ich noch deinen Sohn abschlachten.«
    Le Tellier winselte durch den Knebel hindurch.
    Tannhäuser zog sein Schwert.
    »Lass mich ihn töten«, sagte Orlandu.
    Tannhäuser schluckte.
    »In Malta haben wir als Brüder ehrenwerten Feinden gegenübergestanden, und ich habe mir große Mühe gegeben, dass du keinem einzigen das Leben nehmen musstest. Es liegt keine Ehre darin, diesem Schurken das Leben zu nehmen.«
    Er nahm Orlandu mit zum Fenster und öffnete es.
    »Oder diesen hier.«
    Er zeigte auf das schändliche Gemetzel am Flussufer.
    »Da hast du deine Pilger. Das ist dein Krieg.«
    Orlandu hielt sich mit seiner unversehrten Hand am Fensterbrett fest.
    »Unser Krieg«, sagte Tannhäuser, »denn ich bin schuldiger als du.«
    Er überließ es Orlandu, das zu verstehen, wie er wollte.
    Er kehrte zu Le Tellier zurück.
    Er hob das Kinn des Polizisten, um einen sauberen Schwerthieb führen zu können.
    »Und damit«, sagte Tannhäuser, »geht es hinab in den feurigen See der Hölle.«
    Er holte mit beiden Händen aus und hackte Le Tellier den Hals durch.
    Le Telliers kahler Kopf rollte über den Tisch und Christian vor die Füße. Ein Schwall Blut ergoss sich über das Eichenholz und ließ die Papiere schwimmen. Der zerschmetterte Körper sackte herunter und hing noch an dem Bolzen.
    Tannhäuser nahm den Weinbecher und trank ihn in einem Zug aus. Der Wein war hervorragend. Als er den Becher absetzte, fiel sein Blick auf eines der Blätter. Er erkannte die Handschrift.
    La Fosse.
    Bei allem Aufruhr oben hatte er nicht begriffen, was die Anwesenheit von Boniface bedeutete.
    Er schaute zu Petit Christian, der an der Wand neben der Tür lehnte.
    »Stückeschreiber, du hast den Brief, den ich dir gegeben habe, an Le Tellier weitergereicht.«
    »Nein, Sire, das heißt, das war nicht meine Absicht, aber Boniface …«
    »Du hast eine letzte Chance, dein Leben zu retten. Erkläre mir ihren Plan.«
    Petit Christian war ein Wesen, das nicht in der Lage war, an seine eigene Verdammnis zu glauben, ganz gleich, wie zwingend die Anzeichen sein mochten. Solange er lebte, glaubte er, überleben zu können.
    »Ihr habt mir befohlen, Sire, Euch um Mitternacht unter den Galgen auf der Place de Grève zu treffen. Dominic und Hauptmann Garnier und natürlich ihre Leute liegen dort zwischen der anderen Miliz verteilt im Hinterhalt rings um den Platz und in den angrenzenden Straßen. Sie glauben, dass Ihr vorher dorthin kommen werdet. Der Brief war die erste Nachricht, die wir von Euch hatten.«
    »Also weiß Garnier vom Haus des Druckers.«
    »Ich wusste nichts davon, Sire, bis Frogier, nun, eigentlich war es Le Tellier, der Garnier erzählt hat, dass Ihr neunzehn Milizmänner massakriert hattet. Ich selbst hatte nichts zu tun mit …«
    »Wann sollst du deinen Platz unter den Galgen einnehmen?«
    »Um halb zwölf.«
    »Allein oder in Begleitung?«
    »Allein, falls Ihr mich beobachtet.«
    Sie würden Christian mindestens fünf Minuten Verspätung zugestehen, ehe sie nach ihm suchten.
    »Orlandu«, sagte Tannhäuser, »sag mir, wie spät es auf der Turmuhr ist.«
    »Kurz nach zehn.«
    Tannhäuser schaute zu Petit Christian zurück. »Sind die Pilger zu Fuß unterwegs?«
    »Dominic, Garnier und Thomas Crucé sind beritten.«
    Drei Minuten, um hierher zu gelangen, fünf, um sich von ihrem Schock zu erholen, drei, um zurück auf die Place de Grève zu reiten, mindestens zehn, bis sie die Truppen versammelt hatten und ausschwärmen lassen konnten. Also Mitternacht. Wohin ausschwärmen? Er musste annehmen, dass sie schlauer waren, als sie sich bisher gezeigt hatten.
    Die Porte Saint-Denis schien Tannhäuser immer noch die beste Möglichkeit zu sein.
    Der Tempel und die Zuflucht bei den Rittern lagen jenseits der Place de Grève oder am Ende eines langen Umwegs. Das Problem war gleich geblieben: die Nachtwachleute am Tempel dazu zu überreden, das Tor aufzumachen, während er auf der Straße draußen ein Handgemenge ausfocht. Denn beim Tempel würde die Miliz sicher eine Blockade postieren. Sie konnten sich auch verstecken, wie Grymonde es vorgeschlagen hatte, aber konnte er so viele verbergen? Und wie viele Tage lang? Inzwischen hatte Dominic sicherlich das Châtelet und Schlimmeres auf Tannhäuser angesetzt.
    Er musste Carla und Pascale finden und bis Mitternacht mit ihnen die Porte Saint-Denis erreichen.

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