Die Blutnacht: Roman (German Edition)
zuckte mit lose hängendem Arm auf dem feinen roten Samt. Der Polizeichef versuchte aufzustehen, war aber weder dem höllischen Schmerz noch Tannhäusers Kraft gewachsen.
Tannhäuser zog die Hand fort. Er trat hinter den Stuhl, während Le Tellier keuchend nach Luft rang. Er zerschmetterte in ähnlicher Weise auch Le Telliers rechte Schulter und hielt ihm den Mund zu. Er fragte sich, warum er sich die Mühe machte. Schreie waren heute an der Tagesordnung. Wer würde denn denken, dass diese hier von dem höchsten und mächtigsten Folterknecht der Stadt kamen? Er hieb Le Tellier den Streitkolben auf das Knie. Le Tellier wiegte sich auf seinem Thron hin und her. Tannhäuser legte den Streitkolben auf den Schreibtisch. Le Tellier trug eine leinene Halskrause. Tannhäuser riss sie herunter und stopfte dem Mann einen guten Teil zwischen die Zähne.
Er holte die Armbrust.
Er nahm Le Telliers Linke und klatschte sie mit der Handfläche nach unten auf den Schreibtisch. Le Tellier erstickte fast, als der Schmerz von seiner zerschmetterten Schulter durch den Körper fuhr, konnte aber keinen Widerstand leisten. Tannhäuser hielt die Hand fest, indem er das Handgelenk des Mannes mit der Außenseite des Steigbügels auf die Tischplatte klemmte.
»Wenn ich hier weggehe, vergesse ich dich. Und innerhalb weniger Wochen werden das alle tun, die dich je gekannt haben.«
Er legte die Rechte auf die Linke und klemmte beide mit dem Steigbügel fest.
»Innerhalb weniger Tage wird ein anderer auf diesem goldenen Thron sitzen, denn wenn der Preis der Thron ist, dann ist nurder Thron wichtig und nicht der Mann, der seinen Arsch drauf setzt.«
Tannhäuser korrigierte den Winkel der Armbrust und betätigte den Abzug. Mit einem dumpfen Krachen drang der Bolzen durch die beiden Hände und gute zwei Zoll in das Holz des Eichentisches darunter. Le Telliers Schmerzen wurden wahrscheinlich durch andere Leiden in den Schatten gestellt, aber der Blick in seinen Augen war Tannhäuser Lohn genug.
»Ich brauche keinen Thron.«
Tannhäuser kippte den vergoldeten Stuhl, bis er umfiel. Der Bolzen blieb fest im Schreibtisch stecken, und so hing Le Tellier unter Höllenqualen an seinen beinahe abgetrennten Armen wie ein halb geschlachtetes Tier.
Tannhäuser lud die Armbrust und überließ ihn seinen Zuckungen.
Er durchsuchte den Vorraum und den Treppenabsatz. Er lauschte am Fuß der Treppe zum nächsten Stockwerk. Fünfzehn Räume. Außer dem obszönen Stöhnen aus Le Telliers Amtszimmer war das Haus still. Es herrschte das Schweigen derjenigen, die nicht gefunden werden wollten. Wenn sie nicht herbeigelaufen waren, als der Schuss fiel, dann würden sie jetzt auch nicht mehr kommen. Wenn sie Carla bei einer solchen Provokation töten wollten, dann wäre sie schon tot. Aber ein so blinder Befehl war sinnlos, und ohne Befehl würde es niemand wagen.
Tannhäuser ging in die Eingangshalle zurück, öffnete ein Fenster und schaute auf die Straße. Es war alles ruhig. Er winkte in Richtung des Viehhofs, um anzuzeigen, dass alles in Ordnung war. Ein dünner Arm winkte zurück. Er schloss das Fenster und ging in die Küche. Dort fand er einen Korb, in den er alles packte, was er finden konnte: den größten Teil einer Hammelkeule, Käse, einen Räucherschinken und Würste, die in der Speisekammer hingen, Gläser mit Eingemachtem, Brot. Er ließ den Korb bei der Vordertür stehen und ging zurück, um noch ein angestochenes Fässchen mit Wein zu holen.
Dann kehrte er ins Amtszimmer zurück.
Le Tellier wälzte sich hinter dem Schreibtisch, versuchte vergeblich, sich auf sein unversehrtes Knie hochzuziehen. Christiankeuchte unter der Leiche, die auf seinem Rücken lag. Sein Kopf ruhte in einer Lache, die aus Baros Schädel geflossen war.
»Steh auf !«
»Bitte, Sire. Ich kann nicht atmen.«
Tannhäuser stieß den Leichnam mit dem Stiefel von ihm herunter.
Christian kroch auf Tannhäusers Füße zu, als wollte er sie küssen. Er rappelte sich trotz der zerschmetterten Beckenknochen auf die Beine.
»Bring mich zu meiner Frau.«
»Bitte, Sire, Exzellenz, das kann ich nicht. Sie ist nicht hier.«
»Wo ist sie?«
»Sire, als wir sie hierher brachten, hat sie sich geweigert, vom Wagen zu steigen. Sie erinnerte Hauptmann Garnier daran, dass er ihr Beschützer war, dass sie eine freie Frau war, die keines Verbrechens beschuldigt wurde, und dass sie es lieber hätte, wenn er schon nicht die Höflichkeit besaß, ihr Zuflucht zu gewähren, dass er sie zumindest
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