Die böse Brut
als gut an, diesen Weg eingeschlagen zu haben. Wären wir mit dem Kahn gefahren, hätte uns der Killer leichter angreifen können. Einmal das Boot umkippen, und er hatte alle Vorteile auf seiner Seite.
Suko sah nicht eben glücklich aus, als er vor mir auftauchte und sich das Wasser aus dem Haar schüttelte. »Jeden Tag möchte ich das auch nicht durchziehen. Hast du ihn gesehen?«
»Nein.«
»Dann ist er auch verschwunden.«
Wir kletterten aufs Trockene, das so etwas wie einen Deich darstellte. Jedenfalls war der Boden eben, und es gab auch so gut wie keine Hindernisse.
Wir suchten die Wasserfläche trotzdem ab, da unser Weg parallel zum Kanal führte. Der Taucher ließ sich nicht blicken. Das Wasser blieb so ruhig wie immer, und wir konnten uns vorstellen, dass der Killer in die entgegengesetzte Richtung geschwommen war.
Suko blies die Luft aus, als wir den Wagen erreichten. Er zupfte an seinen feuchten Klamotten. Wir beide sahen nicht eben aus wie frisch gebadet, obwohl wir aus dem Wasser gestiegen waren.
»Abfahren, John?«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Wie die begossenen Pudel stiegen wir in den Rover. Als große Helden konnten wir uns nicht fühlen. Jedenfalls war ich dem Messerstich entgangen, und das zählte erst mal.
Die Kollegen von der Mordkommission würden sich um den Toten kümmern, aber wir wollten hier nicht auf sie warten, denn wir mussten aus den nassen Klamotten raus. Fragen konnten wir auch am nächsten Morgen im Büro beantworten...
***
Das Gewässer war dunkel wie die Nacht. Ich lag auf einem Brett gefesselt an der Oberfläche und versuchte verzweifelt, den finsteren und schleimigen Tentakeln zu entwischen, die sich aus dem Wasser geschoben hatten, um mich zu erreichen.
Ich wälzte mich nach rechts, nach links, aber es hatte keinen Sinn, denn die Fesseln umschlossen mich hart. Dann kippte das Brett. Ich versank in der pechschwarzen Flut, in der schreckliche Ungeheuer mit langen Messern auf mich warteten, um jeden Teil des Körpers aufzuschlitzen.
Dazu kam es nicht mehr, denn ich wachte auf, und das sogar mit einem Schrei auf den Lippen. Verwirrt schaute ich mich um, bis mir klar wurde, dass ich soeben einen Albtraum erlebt hatte. Trotz einer nächtlichen Dusche stank ich meiner Ansicht nach noch immer nach diesem verdammten Wasser, und der Geruch hatte sich auch in den Haaren festgesetzt.
Es war Zeit für mich, aufzustehen. Wieder eine Dusche, danach das Frühstück, es lief alles ab wie jeden Morgen. Nur bekam ich den verdammten Traum nicht aus dem Kopf. Er erinnerte mich zudem wieder daran, dass es weitergehen musste. Wir konnten den Angriff auf mich nicht so ohne weiteres abtun. Da musste etwas passieren, und dass ein Mensch herumlief, der einem anderen Menschen den Kopf abgeschlagen hatte, regte mich erst richtig auf.
Ich hatte den Killer gesehen, aber man konnte keine Beschreibung von mir verlangen. Nur die Maske. Der Schnorchel, und dann war da noch das Messer gewesen.
Im Nachhinein bekam ich eine Gänsehaut, als ich daran dachte, wie knapp es gewesen war. Suko’s Schuss hatte mich wahrscheinlich gerettet. Ob die Kugel nun getroffen hatte oder nicht, das war irgendwie zweitrangig.
Ich machte mir ein Frühstück, das aus irgendeinem Müsli bestand – Glenda hatte mir das Zeug gekauft –, aber großen Gefallen konnte ich daran nicht finden. Es machte mich zunächst mal satt, das war auch alles.
Diesmal ging ich nach nebenan. Suko telefonierte bereits. Er war regelrecht arbeitswütig und bat die Kollegen der Mordkommission darum, uns die Ergebnisse zu faxen.
»Ist er so in Form?«, fragte ich Shao, die mir eine Tasse Tee einschenkte.
»Sieht so aus. Das Bad scheint ihm wohl gut getan zu haben.«
Ich winkte ab. »Hör auf. Noch mal möchte ich nicht durch die Brühe schwimmen.«
»Ihr habt ganz schön gerochen.«
»Das kannst du laut sagen.«
Suko hatte sein Telefonat beendet und winkte mir zu. »Alles klar, wenn wir im Büro sind, liegen die Faxe dort.«
»Versprichst du dir was davon?«
Er hob nur die Schultern.
Gefrühstückt hatte er schon, und so düsten wir los. Naja, von einem Düsen konnte man nicht reden. Es war der übliche Stop-and-go-Verkehr, der an unseren Nerven zerrte.
Wir unterhielten uns über die Ereignisse der vergangenen Nacht. Es war eine schreckliche Tat gewesen. Wer immer sie begangen hatte, er musste gestellt werden, aber es ging nicht um die Tat allein, sondern auch um die Zahl 43 auf der Stirn.
»Hast du darüber nachgedacht?«,
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