Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
fühlte sie nur Trauer über den Preis für diesen Sieg. Seufzend wandte sie sich der Magd zu. » Ja, Marie. Es ist wahr. Und nun… nun räumen wir auf.«
Ritter Cord zu Kyritz hatte sich gerade zur rechten Zeit entschlossen, auf seinem Lehen nahe Putlitz sesshaft zu werden, denn kurz darauf war sein Vater tatsächlich gestorben. Wie erwartet, hatte dessen Gemahlin ihn gebeten, ihr dabei zu helfen, die Besitzungen für den sechzehnjährigen Achim zu verwalten und zu verteidigen.
Ein Jahr lang war er damit beschäftigt gewesen, den Putlitzer Nachbarn klarzumachen, dass die Grenzen auch nach Kaspars Tod dieselben blieben. Nachdem sich die Lage seit einer Weile beruhigt hatte, war Achims Mutter voller Dankbarkeit darangegangen, sich ihm erkenntlich zu zeigen, indem sie endlich eine würdige Braut für ihn suchte. Es war keine leichte Aufgabe, da er trotz seines Aufstiegs nicht zum hochgeachteten Adel gerechnet wurde und zudem nicht auffallend wohlhabend war. Und weil er sich in den Kopf gesetzt hatte, die Putlitzer Nachbarschaft nicht wieder zu verlassen, schieden solche Witwen, die einen Ehemann suchten, um die Herrschaft über die Hinterlassenschaft ihrer verstorbenen Gatten zu behaupten, als Gattinnen für ihn aus.
Doch Achims Mutter war hartnäckig, und Cord dankte ihr die Mühe, da er sich mehr denn je danach sehnte, eine Familie zu gründen. So verließ er seinen Herrensitz, den er sich in der kleinen Stadt Kyritz geschaffen hatte, sofort, als sie ihn nach Putlitz rief, weil sie eine mögliche Braut für ihn dorthin eingeladen hatte.
Die junge Ingrid stammte aus einem adligen Haus, das in ihrer Generation mit zahllosen Töchtern gestraft war, und brachte daher wenig Vermögen mit. Doch als Cord sich nach einigen Tagen vorerst wieder von ihr verabschiedete, war er verliebt genug in die hübsche, freundliche Jungfer, um sich eine Ehe mit ihr zu wünschen.
Bei der Rückkehr in sein Herrenhaus berichtete ihm sein Vogt, dass die neue Burggräfin von Friesack einen Boten gesandt habe, der sich nach seinem Aufenthalt erkundigt habe. Außerdem habe der Bote ungehörig geschwatzt und seine Befürchtung kundgetan, dass die neue Burggräfin gewiss nicht lange überdauern würde, da Bredow auf Rache für den schmählichen Verlust sinne. Er würde sich nicht damit aufhalten, ob die verbrieften Rechte der edlen Frau gültig waren oder nicht, sondern sie gewiss umbringen und die Burg wieder in Besitz nehmen.
» Und glaubst du das auch?«, fragte Cord seinen Vogt, der gewöhnlich einen recht guten Überblick über die Geschehnisse in der Umgebung hatte.
Der Vogt brummte zustimmend. » Der alte Straßenräuber wird sich nicht von einem Weib aus seinem Nest schubsen lassen, und hat er auch nur als Kuckuck darin gesessen.«
» Wer ist denn eigentlich dieses Weib?«
» Angeblich eine gebürtige von Quitzow.«
Es kostete Cord nur eine Stunde, zehn Bewaffnete zusammenzurufen, mit denen er sich in der eisigen Novemberkälte, aus der er gerade erst gekommen war, gleich wieder auf den Weg nach Friesack machte. Geritten wäre er auf jeden Fall, um zu prüfen, ob da eine Edelfrau seine Unterstützung begehrte, doch wäre es nicht um eine gebürtige von Quitzow gegangen, hätte er es gewiss um einen Tag verschoben.
Es war finster, als sie das Dorf Friesack erreichten, und es herrschte dort eine merkwürdige Menschenleere, als seien die Bewohner sämtlich ausgeflogen.
Cord kannte den unangenehmen Bredow. Er hatte sich nicht nur die Burg Friesack und ihre Ländereien schon früher angesehen, sondern auch den Zootzener Wald. Den Hinweisen nachgehend, die er aus Hedwigs Erzählungen im Sinn behalten hatte, war er auf ihren Spuren bis zu dem Waldkloster vorgedrungen, dessen uralter Abt mit ihm über den einsiedlerischen Richard gesprochen hatte, und der Geistliche hatte ihm einen roten Edelstein gezeigt, den er zum Gedenken an diesen Ritter aufbewahrte, der dem Kloster einst fast seinen gesamten Besitz vermacht hatte. Die Hütte, in der Hedwig aufgewachsen war, hatte Cord nicht finden können. Doch es war ihm bei jedem Wildwechsel vorgekommen, als hätte er Hedwig als junges Mädchen leichtfüßig darauf entlanghuschen sehen, mit hochgeschürztem Rock und ihrem Bogen in der Hand auf Pirsch.
Zu seiner Überraschung war das Burgtor von Friesack nicht nur verschlossen, als sie es erreichten, sondern es schien auch geflickt und zum Teil erneuert worden zu sein. Auch waren die Lücken in der Burgmauer notdürftig verschlossen
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