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Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Titel: Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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letzter Minute durch ein unbewachtes Tor aus seiner verlorenen Hauptstadt heraustragen lassen. Damit war eine regelrechte Treibjagd auf den siechen Fürsten eröffnet. Damit er den Häschern seines Sohnes ins Netz ging, versuchte ihm der Papst die Fluchtwege abzuschneiden. Er zitierte den venezianischen Botschafter in den Vatikan und verlangte von der Serenissima, dem flüchtigen Herzog kein Asyl zu bieten! Doch das ging den auf ihre Ehre bedachten Patriziern an der Lagune entschieden zu weit. Den wegen seiner Bildung und seines Mäzenatentums hoch geschätzten Herrscher aus alteingesessener Adelsfamilie wie einen Banditen zu ächten, überschritt alle Grenzen des politischen Anstands.
    Die Grenzen des Anstands überschritt Cesare auch gegenüber dem florentinischen Gesandten Niccolò Machiavelli, der ihn Ende Juni 1502 in Urbino aufsuchte. In herrischem Ton verlangte der Sohn des Papstes, dass die Republik Florenz ihre Verfassung ändern solle, weil sie ihm nicht gefalle. Anderenfalls werde Florenz seine Macht zu spüren bekommen. Außerdem forderte er eine condotta , denn die Republik finde keinen besseren Heerführer als ihn, sie sollte ihm daher ein ehrenvolles Angebot machen. Natürlich wusste der Herzog der Romagna sehr genau, dass Florenz sich nie und nimmer auf ein Militärkommando für ihn einlassen würde, weil es die Republik auf Gedeih und Verderb ihrem bedrohlichen Nachbarn ausliefern würde.
    Dies blieb nicht der einzige Täuschungsversuch im Laufe der Unterredungen. Cesare rühmte sich gegenüber Machiavelli seiner guten Beziehungen zu Ludwig XII., der ihm in Italien völlig freie Hand lasse. Mit dieser Unterstützung werde er die politische Landkarte Italiens neu ordnen. Hier wurde Machiavelli erstmals hellhörig. Wenn man sich dieser Rückendeckung wirklich sicher war, musste man sie nicht so penetrant betonen. Florenz waren glaubwürdige Informationen zugespielt worden, dass das Verhältnis zwischen den Borgia und Frankreich in Wirklichkeit sehr angespannt war. Der französische König verzieh dem Nepoten dessen Eigenmächtigkeiten nicht; sein Vorgehen gegen französische Schutzbefohlene beschädige die Ehre des Monarchen. Dazu zählte auch der Einfall von Cesares Unterfeldherren in das florentinische Herrschaftsgebiet, wo sie den Aufstand der Stadt Arezzo schürten. Machiavellis Fazit am Ende seiner Juni-Mission lautete, dass der Herzog der Romagna trotz seiner unleugbaren militärischen Qualitäten und Erfolge nicht so stark war, wie er sich gab.
    Das wusste Cesare Borgia selbst am besten. Er musste sich so schnell wie möglich mit Ludwig XII. versöhnen und das künftige Vorgehen verbindlich absprechen. Zu diesem Zweck ritt er Anfang August 1502 bei Nacht und Nebel nach Mailand, wo er den französischen König traf und umstimmen konnte. Die Übergriffe gegen Florenz, so erklärte er, seien auf Eigenmächtigkeiten untergeordneter Chargen zurückzuführen und würden sich nicht wiederholen. Ludwig akzeptierte diese Entschuldigung, weil er sich zu diesem Zeitpunkt keinen Bruch mit dem Borgia-Papst leisten konnte. Wie von diesem vorhergesehen, hatte die Aufteilung des Königreichs Neapel keinen Frieden, sondern neuen Krieg gebracht. Obwohl die Franzosen die stärkeren Bataillone und die festeren Bastionen besaßen, gerieten sie bei diesen Kämpfen schnell ins Hintertreffen. Der Feldherrnkunst des spanischen Befehlshabers Gonzalo Fernandez de Cordoba waren sie nicht gewachsen. Umso mehr war Ludwig XII. auf die Unterstützung Alexanders VI. angewiesen.
    Kaum war Cesare Borgia von seiner erfolgreichen Mission nach Mailand zurückgekehrt, sah er sich auch schon der schwersten Krise seiner bisherigen Herrschaft gegenüber. Seine Juniorpartner im Kirchenstaat bliesen zum Aufstand: Die Chefs des Hauses Orsini, die Generäle Vitellozzo Vitelli und Liverotto da Fermo, die Vertreter des Hauses Venafro, denen Cesare Borgia ihre Stadt Camerino entrissen hatte, Gentile und Gianpaolo Baglioni, die fürchteten, dass es ihnen in Perugia ähnlich ergehen könnte, sowie Ermes Bentivoglio aus der Familie der Stadtherren von Bologna trafen sich am 9. Oktober 1502 in La Magione am Ufer des Trasimenischen Sees, um gemeinsame Strategien gegen die Borgia zu besprechen. Sie alle fühlten sich um ihren verdienten Lohn geprellt: Der Papst und sein Sohn bedienten sich ihrer wie Bauern im Schachspiel, um sie beim nächsten Zug gewinnbringend zu opfern, so die allgemeine Klage. Die Borgia wollten alles für sich; so

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