Die Boten des Todes
Stasi. Der
Gärtner wird auch noch kommen.«
Stasi nickte. Er ging hinaus und zur
Tür. Die Köchin kannte ihn schon, aber sie betrachtete ihn noch immer mit
leichtem Mißtrauen.
»Wie ich mich auf das Essen freue«,
sagte er. »Können Sie auch Fleischfondue machen?« Ihre Stimme krächzte.
»Natürlich kann ich Fleischfondue machen. Das ist nur eine Frage des Filets.«
Sie schlurfte in die Küche. Stasi sah
amüsiert hinter ihr her. Die Köchin? Kaum möglich. Man sollte sie trotzdem im
Auge behalten. Jeden sollte man im Auge behalten.
Das Mittagessen war eine Stunde später.
Es wurde nicht viel gesprochen. Corry hielt die Augen gesenkt und Stasi
bemerkte, daß sie etwas blaß war.
»Ich glaube, wir sollten unsere beiden
immer mit uns essen lassen«, sagte Frau Ada, als sie die Tafel aufhob. »Nur,
wenn einmal Gäste kommen oder ähnliches... was meinst du, Adrian?«
»Ich bin durchaus deiner Ansicht.«
»Brauchst du Herrn Stasi heute nachmittag?«
»Ich glaube nicht, meine Liebe.«
»Dann wäre es lieb, wenn er mir helfen
könnte, wenn der Gärtner kommt. Tun Sie das?«
»Ich freue mich darauf, gnädige Frau«,
sagte Stasi.
»Schön. Wollen wir uns hinlegen,
Adrian?«
Herr Adrian folgte seiner Frau. Corry
begann das Geschirr zusammenzustellen. Stasi beobachtete sie blinzelnd. »Na?
Hat’s nicht geschmeckt!«
Corry blickte auf. Ihre Augen
funkelten. »Da fragen Sie noch? Ich wundere mich, daß ich überhaupt etwas
hinuntergebracht habe! Nach den Eröffnungen!«
»War es so schlimm?«
»Na, hören Sie...«
»Psch!« Er legte einen Finger auf die
Lippen. »Nachher! Draußen! Erst das Tafelaluminium raus!«
Er half ihr, das Geschirr in die Küche
zu tragen. Die Köchin machte sich über den Abwasch.
»Gehen wir ein bißchen spazieren«,
sagte Stasi. Draußen nahm er Corry bei der Hand. Er führte sie den Weg hinunter
zum Badeplatz. Sie setzten sich dicht ans Wasser. »So. Nun öffnen Sie Ihr
Herz.«
»Sie scheinen das alles sehr leicht zu
nehmen«, sagte Corry vorwurfsvoll. »Ich vertrage auch allerhand... aber das hat
mich erschüttert!«
»Haben sie Ihnen alles erzählt?«
»Und wie! Erst die Gnädige, dann er!
Ich bekam eine Gänsehaut nach der anderen! Stasi... was bedeutet das alles?«
Er hob einen Stein auf und warf ihn ins
Wasser. »Ich bin drei Tage hier, meine Dame. Woher soll ich das wissen?«
»Aber das muß doch einen Sinn haben!
Und reiner Spaß kann es nicht sein! Die Blausäure war ja da, und Lady... na...
Chisterbeere...die ist daran gestorben!«
»Ja«, sagte Stasi. Er starrte in die Wellen,
die glucksend herankamen. »Sie haben völlig recht. Spaß kann es nicht sein. Es
ist auch keiner. Es ist verfluchtes, höllisches Spiel, das hier getrieben wird.
Ich weiß nicht, warum. Und nicht, von wem. Ich habe mir in den drei Tagen alles
angesehen, von oben bis unten. Es ist niemand da, außer den beiden. Es gibt
keinen Platz, wo er sich verstecken könnte. Nicht im Haus und nicht im Park. Es
ist, als ob er aus der Hölle aufsteigt und wieder verschwindet.«
Corry sah ihn entgeistert an. »Aber...
es gibt doch so etwas wie geheime Gänge und Räume...«
»Ach was. In alten Schlössern
vielleicht. Hier nicht. Nein. Hier ist etwas anderes. Etwas, worauf kein Mensch
kommt.«
»Ich bleibe nicht hier«, sagte Corry
plötzlich.
Langsam drehte er den Kopf. »Nein?«
»Nein. Das habe ich nicht gewußt. Das
war auch nicht ausgemacht.«
»Es gibt mehr Sachen, die nicht
ausgemacht waren«, sagte er.
»Was?«
Er zog sie zu sich hinüber. Es war
Widerstand in ihr, aber er ließ sich überwinden. Er küßte sie und vergaß das
Haus und die Boten des Todes für viele Sekunden.
»Das zum Beispiel«, sagte er. »Bleib
nur da, Corry. Wir schaffen das schon.«
Sie stand schnell auf und hielt den
Kopf gesenkt, als sie den Weg zurückgingen. Stasi schob seine Finger zwischen
die ihrer linken Hand. Er drückte sie leise und merkte, wie der Druck erwidert
wurde. Sie sah ihn an und begann zu lächeln. »Ich überlege es mir.«
Stasi nickte ihr zu, zwinkernd und
aufmunternd.
Am Abend war Corry allein in der Küche.
Sie hörte Schritte von der Terrasse her, die langsam näher kamen, durch das
Vestibül und in den Flur. Jemand trat in den Vorraum zur Küche. Corry wollte
sich nicht umdrehen, aber sie tat es doch, als die Schritte hinter ihr an der
Tür waren. Ihr Herz klopfte.
Es war Herr van Noringen. »Oh! Habe ich
Sie erschreckt?«
»Nein, nein«, sagte sie hastig.
»Das täte mir leid.«
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