Die Boten des Todes
die Herrschaften... es wäre so viel passiert... Spuk,
sagte er... irgend etwas von einem Märchenbuch.«
Stalacarro nickte ohne Überraschung.
»So? Und was noch?«
»Nichts weiter. Er sagte, die
Herrschaften würden mich selbst auf klären... er... er wollte mich nur
vorbereiten...«
»Haben die Herrschaften Sie
aufgeklärt?«
»Ja... ich war sehr erschrocken... im
ersten Augenblick wollte ich wieder kündigen und gehen... Herr La Verne hat mich
davon abgehalten.« Sie blickte auf. — Stalacarro sah gutmütig aus. »Das hätte
ich an seiner Stelle auch getan. Wann war das?«
»Nach dem Mittagessen. Wir waren
zusammen unten am Strand. Die Herrschaften haben geschlafen.«
»Weiter!«
»Wir sind dann zurückgegangen... ich
auf mein Zimmer. Herr La Verne wollte in die Garage und nach den Wagen sehen.
Dann haben die Herrschaften Kaffee getrunken... auf der Terrasse. Und dann ist
der Gärtner gekommen.«
»Wann war das?«
»Gegen vier Uhr. Ich habe ihm aufgemacht.
Sie sind alle zusammen in den Park gegangen...«
»Alle?«
»Ja. Ich war allein im Haus... ich habe
abgeräumt auf der Terrasse... dann die Betten gemacht... ach, dann habe ich
noch einen Brief geschrieben...«
»Darf ich wissen, an wen?« fragte der
Hauptmann.
»An die Baronin... bei der ich vorher
in Stellung war...«
»Haben Sie über die Vorfälle
geschrieben?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein,
das würde sie nur beunruhigen... sie ist eine Bekannte von Frau van Noringen!«
»Sehr schön. Erzählen Sie weiter.«
»Kurz vor sechs bin ich in die Küche
gegangen, um das Abendbrot herzurichten... die Köchin kommt nur mittags, oder
wenn ein Fest ist... dann kam Herr van Noringen.«
»Wann?«
Sie hob die Schultern. »Es muß nach
sechs gewesen sein... ich habe nicht mehr auf die Uhr gesehen.«
Stalacarro beugte sich vor und faltete
die Hände. Corry sprach weiter. »Er sagte, seine Frau und Herr La Verne und der
Gärtner wären noch draußen. Ich sollte das Abendbrot anrichten. Er... er wäre
im Kaminzimmer.«
Stalacarro sah auf den Boden. »Ja. Da
ist er auch noch. Sie waren die ganze Zeit in der Küche?«
»Ja.«
»Sie haben sie nicht verlassen?«
»Nein. Erst als ich fertig war... da
habe ich die Teller und das Tablett hinübergetragen... aber da kam Frau van Noringen
schon.«
»Und Sie haben nichts gehört oder
gesehen... kein Geräusch, keinen Menschen?«
»Nichts, Signor Stalacarro. Wirklich
nichts.«
Stalacarro sah aus dem Fenster. Es war
geöffnet. Die Dunkelheit hatte schwarze Mauern aufgerichtet. »Sie müssen also
die ganze Zeit allein im Haus gewesen sein... bis Herr van Noringen kam. Und
dann allein mit ihm.«
Corrys Kopf sackte etwas tiefer. »Ich
muß wohl.«
»Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte
Stalacarro begütigend. »Hier sind schon mehr unerklärliche Dinge passiert. Der
Mörder war hier. Ganz nahe bei Ihnen. Und sicher ist es besser, daß Sie ihn
nicht bemerkt haben.«
Der Pfarrer, der Herrn Adrian van
Noringen beerdigte, war derselbe, der ihn getraut hatte. Dieser Umstand brachte
seine Stimme mehrfach zum Ersticken. Andererseits lieferte er genügend Stoff
für eine Grabrede. Die Zuhörer waren nicht sehr zahlreich. Frau Ada wurde von
Doktor Cigaglia und Corry gestützt. Herr Stasi La Verne stand in gemessener
Entfernung, zusammen mit dem Gärtner und der alten Köchin. Seine Augen sahen
unbeweglich zu dem ausgeschachteten Grab. Und wiederum etwas abgesondert warf
die hagere Gestalt des Hauptmanns Stalacarro ihren Schatten zwischen Blumen und
Grabhügel.
Wer von ihnen war es, dachte
Stalacarro. Diese Zirli? Wenn ja, wie zum Teufel hat sie das gemacht?
Frau Zirlis Gedanken waren etwas
anderer Art. Ein Kriminalroman. Unter ihren Augen. Traurig, natürlich, aber...
man war dabei. Man würde weiter dabeisein. Die Lösung?
Frau Irmelas Augen lächelten inmitten
der Trauermiene. Sie betrachtete Doktor Cigaglia s Zylinder in dessen linker
Hand. Der Doktor hielt ihn mit feuchten Fingern. Er war ergriffen, und die
zitternde Frau an seinem rechten Arm verursachte ihm körperliches Mitgefühl.
Dennoch vermochte er einen lästerlichen Gedanken nicht zu vertreiben. Nur noch
sie stand zwischen Sasso quadrato und dem Zusatz des Testamentes.
Als der Sarg hinabgelassen wurde,
dachte Frau Ada mit einer schnellen Reihe von Gedanken an Herrn Edgar Jokaster.
Genauso war er vor reichlich einem Jahr in das Erdreich gesunken, gehalten von
sechs schwitzenden Männern an drei schwarzen Gurten. Alles wiederholte sich.
Sie
Weitere Kostenlose Bücher