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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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mir warst, gestern
im Wasser... ich habe Angst. Richtige widerliche Angst. Ich weiß, es passiert
wieder etwas. Wir können nichts dagegen tun.«
    »Mir ist auch nicht so wohl, wie ich
tue«, sagte Stasi. »Aber Angst haben hilft uns nicht weiter. Wenn wir
aufpassen, passiert uns nichts. Wie gestern. Vielleicht entschließt sie sich
doch, wegzugehen von hier... dann...«
    »Nein.« Corrys Stimme war ruhig und
voll Überzeugung. »Sie geht nicht.«
    »Hat sie es dir gesagt?«
    »Ja. Sie will hierbleiben und es
durchstehen, bis es geklärt ist. Bis sie wissen, wer ihren Mann umgebracht
hat.«
    »Ich verstehe«, sagte er. »Eine feine
Frau. Gute Nacht, Corry.«
    Er ging langsam davon und ließ die
Türen offenstehen. Corry füllte den Kakao in die kleine Kanne und richtete das
Tablett her. Dann löschte sie das Licht in der Küche und schloß die Türen zum
Flur. Als sie das Ende der Treppe erreicht hatte, blickte sie nach links zum
Fenster. Sie erschrak und das Porzellan auf der kleinen Platte klirrte leise
über ihren Händen. Dann erkannte sie Hadik in der Gestalt, die am Fensterbrett
lehnte.
    »Guten Abend, Signorina«, sagte er
höflich und langsam. »Lassen Sie sich nicht stören. Kakao?«
    »Ja.« Ihr Herz klopfte noch immer
heftig. »Für Frau van Noringen.«
    »Ich lasse ihr eine recht gute Nacht
wünschen.«
    Er stand noch am selben Fleck, als
Corry einige Minuten später Frau Adas Schlafzimmer wieder verließ. Sie warf
einen Blick hinüber, den Flur entlang zu Stasis Tür, aber sie sah keinen
Lichtschimmer an dem dunklen Rechteck.
    »Gute Nacht, Signor Hadik«, rief sie
leise.
    »Gute Nacht, mein Fräulein«, antwortete
er. »Wie geht es der gnädigen Frau?«
    »Sie ist sehr müde. Sonst gut. Sie wird
bald schlafen.«
    Hadik nickte. Corry trat in ihr Zimmer.
Sie blickte durch alle Winkel, bevor sie die Tür abschloß.
    Hadik blieb stehen, bis er kein
Geräusch mehr vernahm. Dann ging er mit hörbarem Schritt das kurze Stück bis
zur Tür des Fremdenzimmers, das an Corrys Zimmer grenzte. Er ließ das Licht aus
und blieb stehen, bis sich seine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten und er
das tintendunkle Blau des Nachthimmels erkennen konnte. Er griff nach einem
Stuhl, stellte ihn vor das Fenster und öffnete die Flügel weit. Die Luft strich
warm um seinen Kopf. Vorsichtig setzte er sich, stopfte seine Pfeife und
zündete sie an. So blieb er sitzen in völliger Stille, sog den Rauch tief ein
und dachte nach.
    Er war nicht unzufrieden mit seiner
Tätigkeit. Selten hatte er so vornehm wohnen können, aber niemals war er an
einem Fall wie diesem beteiligt gewesen. Er schüttelte den Kopf mitsamt der
Pfeife. Alles völlig unklar. Und bisher nicht viel Lorbeer für die Polizei
dieses Kantons. Er kannte Stalacarros Arbeitsweise und wußte um seine langsame
Tour, die oft mit einer plötzlichen und für die Täter peinlichen Aufklärung
geendet hatte. Hier schien es ihm, als ginge der Hauptmann etwas zu bedächtig
vor. Wenn nicht bald was geschah, würde keiner mehr von allen übrig sein und
der Grundstücksmakler könnte sich eine neue Provision verdienen.
    Was, beim heiligen Anton, hatte das
alles zu bedeuten?
    Als ginge ein Gespenst im Hause um, ein
sehr lebendiges, mörderisches, aber mit der Gabe, sich unsichtbar zu machen und
durch Wände gehen zu können. Ein Fremder, den niemand kannte, ganz sicher. Der
Hauptmann glaubte an keinen Fremden, Hadik wußte es, aber es war nicht anders
möglich.
    Es trieb sich jemand im Haus herum, der
nicht hineingehörte und trotzdem jeden Winkel kannte, der die Bewohner
vertreiben wollte und vor nichts zurückschreckte. Auch Lady Chisterbeere hatte
daran glauben müssen, eine späte Rache dafür, daß sie das Haus an Fremde
verkauft hatte, sie war nicht aus Versehen getötet worden, wie der Hauptmann
meinte, niemals! Es hatte solche Fälle gegeben, auf Sizilien vertrieb die Mafia
Leute, die ihr nicht gefielen, von Haus und Hof, mit der Wolfsflinte, wenn sie
nicht freiwillig gingen. Was auf Sizilien an der Tagesordnung war, konnte auch
im Tessin passieren. Alles konnte passieren.
    Der Alte war tot. Seine Frau sollte das
nächste Opfer sein, das Mädchen und dieser windige Chauffeur hatten sie
gerettet, die schieden aus. Der Doktor war ein Jurist, der würde sich hüten,
Gesetze zu brechen. Aber Hadik hatte seine Theorie, und er ließ nicht von ihr:
diese Schriftstellerin! Was gab es Interessanteres für sie, als einen
Kriminalroman selbst durchzuexerzieren und sich einen

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