Die Boten des Todes
noch vor dem Frühstück
verführen?« fragte er.
Sie sah entrüstet aus. »Nein! Du sollst
den kleinen Wagen nachsehen und rausfahren. Sie will in die Stadt — gleich nach
dem Frühstück.«
»Stadt? Kann sie das schon am zweiten
Tag nach dem Vollbad? Der Doktor wird Krämpfe kriegen!«
»Er wird ein Mittel dagegen wissen. Sie
hat was Wichtiges zu erledigen. Also mach schon!«
Sie verschwand, bevor er sie küssen
konnte.
Stasi schleuderte die Jacke seines
Schlafanzuges auf das Bett. Während er sich wusch, beschäftigte ihn ein
Problem, und es war noch nicht gelöst, als er auf den Flur hinaustrat. Polizist
Hadik blickte ihn an. »Guten Morgen, Signor Hadik! Wie war Ihre Nacht?«
»Ausgezeichnet.« Der Polizist sah
mürrisch aus wie ein Gichtkranker. »Waren Sie heute nacht auf dem Flur?«
»Flur?« Stasi schüttelte höflich den
Kopf. »Nein.«
»Haben Sie Geräusche gehört?«
»Geräusche? Ja, ich erinnere mich!
Irgend jemand schien draußen herumzulaufen. Ich nahm an, Sie wären es gewesen,
der über unseren Schlummer wacht... da bin ich gleich eingeschlafen. Ist etwas
nicht in Ordnung?«
»Alles ist in Ordnung.«
»Das freut mich aufrichtig«, sagte
Stasi mit Erleichterung. »Entschuldigen Sie mich, Signor Hadik. Ich muß zur
Garage. Schon früh treibt die Pflicht mich hinaus.«
Der andere sah ihm verkniffen nach. Ein
neuer Gedanke war in seinem Kopf aufgetaucht. Wie, wenn der Kerl mit der Zirli
unter einer Decke steckte? Man mußte sich das überlegen, scharf überlegen.
Hinter ihm ging eine Tür. Aus dem
Schlafzimmer Frau van Noringens kam die Zofe mit einem Frühstückstablett. Hadik
ging langsam hinter ihr her ins untere Stockwerk. Er mußte den Hauptmann
informieren. Ein Telefon war im Rauchzimmer. Er war schon im Vestibül, als er
Frau Adas eiligen Schritt auf der Treppe hörte. Er blieb stehen. Sie kam von
rechts herunter und wandte sich zur Haustür, ohne sich umzudrehen. Hadik
erkannte ein dunkles Kostüm, leichte Pumps mit schmalen Riemen und eine Lacktasche.
Es war ihm, als müßte er ihr nachgehen oder nur stumm neben ihr herlaufen, aber
er blieb und hörte die Tür ins Schloß fallen. Dann ging er zum Telefon.
Stalacarro hörte zu, ohne zu sprechen.
Es bereitete Hadik Mühe, von dem Zettel zu erzählen, der so unbemerkt auf
seinen Nachttisch gelangt war. Der Hauptmann schien sich nicht zu wundern.
»Spitzen Sie doppelt die Ohren«, sagte
er. »Ich komme heute nachmittag raus und bleibe über Nacht.«
»Meinen Sie...«
»Ja, das meine ich. Mir ist nicht wohl
wegen des Wisches. Bei Noringen hat es auch damit angefangen. Schmieren Sie
nicht mit den Fingern darauf herum. Und fragen Sie das Mädchen, wo Madame
hinwollte.«
»Ja.«
»Schön. Erst mal alles.«
Als Hadik das Rauchzimmer verließ, rief
ihn Corry vom Flur her an. »Möchten Sie Frühstück, Signor Hadik? Stasi wird
auch gleich...«
Sie hoben die Köpfe. Vor der Haustür
erscholl fröhliches Pfeifen. La Verne kam herein. »Hunger!« rief er.
»Wir haben gerade vom Frühstück
gesprochen. Wollen wir auf die Terrasse gehen?«
Hadik kam langsam durch das Vestibül in
den Flur. »War der Wagen in Ordnung?«
»Mehr in Ordnung kann er nicht sein.
Den würde ich als neu verkaufen.«
»Ist sie fort?«
Stasi sah ihn an. Die Falten auf seiner
Stirn zogen sich zusammen. Er antwortete nicht. Sein Blick ging zu Corry, die
sich nicht bewegte. Wieder sah er Hadik ins Gesicht. »Ist wer fort?«
Hadik blinzelte, aber sein Ton blieb
unverändert. »Frau van Noringen. Sie hat das Haus vor zehn Minuten verlassen.«
»Vor zehn...« sagte Stasi hauchend.
Ganz langsam bewegte er den Kopf nach rechts und links. Die Stille war grausam.
»Sie war nicht vorn«, sagte er. »Ich habe sie nicht gesehen. Ich dachte, sie
wäre...«
Hadiks Kaumuskeln spannten sich zu
Strängen. Corry fühlte, wie der Boden unter ihr zu schaukeln anfing, als zögen
leise Wellen darüber hin. Dann schrie sie gellend auf. Der Laut brachte die
Männer in Bewegung. »Kommen Sie!« sagte Hadik mit schwerem Atem. »Raus in den
Park!«
»Ich will mit!« Das Mädchen klammerte
sich an Hadik. »Ich habe Angst hier allein! Ich will mit!«
Hadik drückte ihre Hände herab. »Könnte
sein, daß Sie draußen noch mehr Angst bekommen«, knurrte er. Er faßte sie am
Arm und zog sie hinaus vor die Haustür. »Hier bleiben Sie stehen! Wenn Ihnen
etwas nicht gefällt, drinnen oder draußen, dann schreien Sie! So wie eben! Los,
La Verne!«
Die beiden gingen mit
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