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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Gefühl.
    Was ist es gewesen, dachte Corry. Ein
krachender Schlag hatte die Bordwand aufgerissen, sie sah es deutlich vor sich,
splitterndes Holz und ein gezacktes Loch, durch das das Wasser schäumend
hereinschoß. Kaum Zeit zum Überlegen. Frau Ada hatte aufgeschrien, und dann
waren sie schon im Wasser, und es gab auf der Welt nur noch das Problem, nicht
zu ertrinken. Ob man sie gesehen hatte? Vielleicht nicht. Sie mußte ihre Kraft
einteilen, sie mußte bis ans Ufer kommen. Ada durfte nicht ertrinken.
    Wer ist es? dachte Corry wieder. Jemand
von Fleisch und Blut, so wie ich selbst. Diese Zirli? Auf dem Friedhof, bei
Noringens Begräbnis, hatte sie ausgesehen, als wäre es die schönste
Veranstaltung, an der sie jemals teilgenommen hatte, als könnte ihr nichts
gelegener kommen als dieser Todesfall. Corry spie schnaubend das Wasser von
sich. Ich werde dir einen Strich durch deine Rechnung machen, du Schmierfink!
Wo blieb nur das verdammte Ufer?
    Jemand rief ihren Namen. Sie glaubte
sich getäuscht zu haben, vielleicht war es schon die Schwäche oder der Wunsch,
daß Hilfe käme, aber der Ruf kam wieder. Noch nie war sie so froh gewesen,
ihren Namen zu hören. Ein Arm faßte sie unter den Schultern. Stasis nasser Kopf
war neben ihr, das triefende Haar hing über die Ohren. Er lächelte pustend.
»Ablösung vor! Gib sie her und schwimm allein! Ist nicht mehr weit!«
    Corry ließ los. Es war ein herrliches
Gefühl, allein schwimmen zu können, ohne den hilflosen Körper. Jetzt erst
merkte sie, wie schlapp sie war, aber das Ufer war nahe, nichts konnte mehr
passieren. Stasi war da. Sie vergaß alle Furcht, als sie den rauhen Grund unter
den Füßen spürte. Der See war wieder der Lago Maggiore, das Wasser war das
Wasser, in dem man toben konnte und sich erfrischen, keine unergründliche,
grausame Tiefe mehr wie vor wenigen Minuten.
    Sie wandte sich um. Stasi mit Frau Ada
war dicht hinter ihr. Er sah erschöpft aus und blaß unter der braunen Haut und
atmete schwerer und mühsamer, als er den reglosen Körper zum Ufer zog. Corry
watete zu ihm, faßte mit an. Frau Ada hielt die Augen geschlossen, und nasse
Strähnen lagen um ihr Gesicht. Der Strandanzug klebte faltig an ihrem Körper.
    Jetzt erst sah Corry den Hauptmann
Stalacarro und einen Fremden. Die beiden halfen, als sie Frau Ada vorsichtig
auf den Kiesboden legten. Stalacarro kniete sich hin und hielt sein Ohr an die
Brust der Frau. Der Fremde band sich die Schuhbänder zu. Stasi streichelte
Corry über den Rücken.
    »Sie lebt«, sagte der Hauptmann. Er kam
hoch. »Ich gratuliere Ihnen, Fräulein Corry.«
    Corry antwortete nicht. Stasi strich
sich die Tropfen vom Oberhemd. »Bißchen lange her, daß wir das im Schwimmbecken
geübt haben«, sagte er.
    »Dafür war es gut. Am besten, wir
bringen sie gleich nach oben und holen den Doktor. Können Sie mit anfassen,
Hadik?«
    Der andere nickte.
    »Im Bootshaus sind Decken«, sagte
Stasi. »Wir packen sie in eine hinein. Dann geht’s leichter.« Er lief zu dem
Holzhaus am Ende des Strandes. Stalacarro sah das Mädchen an.
    »Können Sie sagen, wie das passiert ist?«
fragte er.
     
     
     

IX
     
    Corrys Augen wanderten über den Kies,
über Frau Adas stille Gestalt. Sie sah auf das Wasser hinaus und fröstelte.
    »Ich fürchte, ich kann es nicht«,
antwortete sie leise, als könnte die Bewußtlose ihre Worte verstehen. »Es war...
wie eine Explosion. Ja, wie eine Explosion.«
    Der Hauptmann musterte sie aufmerksam.
Stasi kam zurück, und Stalacarro wartete, bis Frau Ada auf der Decke lag und
zwischen den beiden Männern den Berg hinaufgetragen wurde. Von Stasis Hosen
tropfte Wasser. Hadik hinkte immer noch.
    »Explosion?« fragte Stalacarro. »Am
Motor?«
    Sie schüttelte ihr nasses Haar. »Nicht
am Motor. Der war hinter mir, am Heck. Es war an der Bordwand, rechts...«
    »Steuerbord.«
    »Ja, Steuerbord... etwa in der Mitte
vom Boot...«
    »Haben Sie es genau gesehen?«
    »Ganz genau nicht, aber...ich saß links
am Heck...dann hörte ich den Knall und sah, wie das Wasser hereinschoß,
gegenüber von mir... ein großes Loch mit zackigen Rändern... dann ging alles so
schnell...«
    »Haben Sie was gerochen?« fragte
Stalacarro.
    »Gerochen? Ja... jetzt, wo Sie fragen,
fällt es mir ein... ganz deutlich... es roch verbrannt... wie bei einem
Feuerwerk...«
    »Pulver?«
    »Ich weiß nicht genau, wie Pulver
riecht... aber so ähnlich müßte es sein.«
    Der Hauptmann schwieg. Sie hatten die
Terrasse erreicht.
    »Gleich

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