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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Sie war sehr
nervös und erregt, wegen des Anschlages auf dem Boot. Sie fürchtete, die
Anschläge würden sich wiederholen.«
    »Haben Sie das dem Hauptmann erzählt?«
    »Ich kam nicht dazu. Diese Leute fragen
ununterbrochen! Nun, sie sagte, wenn ihr etwas zustoßen sollte, so wäre es ihr
unbedingter Wille, daß wir beide das Mädchen und den Chauffeur in unsere
Dienste übernehmen... falls sie im Hause bleiben wollten. Sie hätten beide geholfen,
ihr Leben zu retten. Vor allem Corry. Sie wünschte keinesfalls, die beiden auf
der Straße sitzen zu sehen...« Das Gesicht des Doktors ließ sie innehalten, ein
hämischer Zug, den sie nicht zu deuten wußte. »Was ist, Doktor! Sind Sie nicht
einverstanden?«
    »Ich bin durchaus einverstanden«,
erwiderte er mit Sarkasmus. »Treue Dienstboten sind Goldes wert. Unvorstellbar,
sie mittellos auf staubiger Straße sitzen zu sehen. Ich fürchte nur, so
mittellos sind sie nicht.«
    Irmela stach ihre Nase gegen ihn hin.
»Wie meinen Sie das?«
    Cigaglia lächelte schadenfroh. »Unsere
verehrte Entschlafene hat den Getreuen etwas unter die Arme gegriffen. Für die
erfolgreiche Lebensrettung bekam Fräulein Corinna Natholm zwar nicht die
Rettungsmedaille, aber immerhin einhunderttausend Franken.«
    Er rollte die Zahl zwischen den Lippen
hindurch und ließ sie auf Irmela einwirken. Frau Zirli richtete sich auf, saß
mit hohlem Kreuz und dünnen Lippen. »Einhunderttausend...«
    Cigaglia nickte zuvorkommend. »Sie
sagen es. Man möchte ins Wasser springen, nicht wahr? Aber das ist nicht alles.
Für die fünfzig Meter, die Herr La Verne noch geschwommen ist, wurde er mit
zwanzigtausend Franken abgefunden.«
    Irmelas Augen waren mehrere Millimeter
aus den Höhlen hervorgetreten. Ihre Stimme klirrte. »Von welchem Konto?«
    Der Anwalt rieb sich die Hände. »Ich
dachte mir, daß Sie das fragen würden. Die einhundertzwanzigtausend Franken
stammen von ihrem Privatkonto. Am Tag nach dem Anschlag hat sie mich
beauftragt, die Transaktion vorzunehmen. Eine Bankvollmacht für solche Fälle
hatte ich. Allerdings werden noch ein paar Tage vergehen, bis die Summe bei mir
ist.« Irmela vermochte nichts zu sagen, und Carlo registrierte diesen seltenen
Umstand mit Vergnügen. »Ich kann Ihre Besorgnisse zerstreuen«, fuhr er fort.
»Der verbliebene Rest von Frau Adas Privatkonto beläuft sich auf vierhundertunddreißigtausend
Franken. Sie stehen bedeutend besser da als ich, meine Liebe. Das Konto meines
Freundes Adrian wies diesen Saldo leider nicht auf. Und da ich keinen Anspruch
auf das habe, was Frau Ada hinterließ...«
    Irmela schoß eine Frage auf ihn ab.
»Haben Sie herausgefunden, was er mit dem Geld gemacht hat?«
    »Leider noch nicht. Aber ich hoffe
zuversichtlich, darüber Klarheit zu gewinnen. Es wird nur einige Zeit dauern.
In Bankangelegenheiten von Ermordeten kommen wir in unserem schönen Lande
äußerst langsam vorwärts. Seien Sie froh, daß Sie nicht die gleiche
Enttäuschung erleben mußten.«
    Irmela hörte nicht mehr zu. Ihre Lippen
bewegten sich zählend. »Vierhundertdreißigtausend«, murmelte sie. »Ich habe
geglaubt...«
    »Sie haben geglaubt, es wäre mehr.«
Cigaglia griff nach einem engbeschriebenen Bogen in der Akte. »Es war auch
mehr. Die Bank hat mir bereitwillig Auskunft gegeben, da ich ohnehin den
Nachlaß gemäß Vertrag zu ordnen habe. Frau Ada verfügte anfangs über rund
siebenhundertundfünfzigtausend Franken. Einhundertzwanzigtausend gehen jetzt
für La Verne und Fräulein Natholm ab. Aber außerdem...«
    Das Entsetzen in Irmelas Zügen wurde
wieder stärker. »Außerdem?«
    »Sie hat einmal zweihunderttausend
Franken abgehoben.«
    »Wann?«
    »Am einunddreißigsten Juli. Einen Tag,
bevor ihr Mann beerdigt wurde.«
    »Einunddreißigster Juli«, sagte Irmela
abwesend vor sich hin.
    »Richtig. Fast um die gleiche Zeit, als
Adrian sein Privatkonto löschte. Das war am siebenundzwanzigsten Juli.«
    »Sehen Sie da einen Zusammenhang?«
    »Bisher nicht. Aber ohne Zweifel gibt
es einen. Diese ganzen Dinge hängen miteinander zusammen, davon bin ich fest
überzeugt. Ich hoffe sehr, daß uns Ihr kriminalistischer Spürsinn in dieser
Richtung weiterbringt.« Er machte eine Pause und legte das Blatt zurück. »Nun,
Sie haben keinen Grund zur Traurigkeit, Verehrteste... ausgenommen den Tod
Ihrer Freundin.« Irmelas Haltung sprach nicht sehr für die Tiefe ihres Schmerzes.
»Es bleibt Ihnen immerhin eine knappe halbe Million... und die Hälfte von Haus
und

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