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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Grundstück.«
    »Was ist mit dem gemeinsamen Konto?«
    Cigaglia wedelte mit der Hand durch die
Luft: »Eine Bagatelle demgegenüber: Einhundertundvierzigtausend Franken.
Siebzig für jeden von uns! Die laufenden Ausgaben müssen bestritten werden, von
meiner Honorarforderung ganz zu schweigen.«
    Frau Irmela schien den Schlag
überwunden zu haben. »Wir werden uns einigen«, sagte sie kurz. »Was mich
zunächst interessiert und weswegen ich Sie um diese Aussprache gebeten habe,
ist das Haus. Ich beabsichtige, dorthin zu ziehen.«
    Jetzt war Doktor Cigaglia vor Erstaunen
sprachlos. Er lehnte sich zurück. Die Verblüffung auf seinem Gesicht wich mehr
und mehr einer unverhohlenen Bewunderung. Jemand, der vorgeben würde, sich aus
reiner Neugierde vor einen elektrischen Zug werfen zu wollen, hätte ihm nicht
mehr Achtung abgenötigt. »Sie wollen... in dieses Haus...«
    »Ich will.«
    »Ja, aber... wollen Sie denn Ihr
eigenes aufgeben?«
    »Keineswegs. Im Sommer Sasso quadrato...im
Winter bei mir.«
    Er war schon jetzt überzeugt, daß
nichts außer ihrem eigenen Tod Irmela Zirli von diesem Plan abbringen konnte.
Er rieb sein Taschentuch zwischen den Händen. »In dieses Haus?« wiederholte er.
»Drei Morde und ein halbes Dutzend Mordanschläge?«
    »Eben darum!« rief Irmela. Ihre Augen
leuchteten wie falsche Brillanten. »Verstehen Sie denn nicht, Doktor! Eine
einmalige Gelegenheit! Seit dreißig Jahren fülle ich die Seiten mit erlogenen
Morden und erdachten Leichen! Eine halbe Armee habe ich schon umgebracht, im
Geiste, unwirklich, Phantome alles! Und jetzt! Diese Chance! Drei echte,
wahrhaftige Morde! Drei greifbare, kalte Leichen! Unter den Augen unserer
vortrefflichen Polizei, ganz in unserer Nähe in dieser verschlafenen
Landschaft, in der sich nichts abspielt als hin und wieder eine
Bürgerschaftsversammlung oder ein Unwetter! Ein abgeschlossener Schauplatz, nur
wenige Figuren, und die Mehrzahl davon überdies tot! Und ich kann mich mitten
hineinsetzen, brauche kein Milieu zu erfinden, habe es in jeder Sekunde vor
Augen. Das wird mein großer Roman! Ich habe manchen netten Erfolg eingeheimst,
ich müßte lügen, wenn ich es bestreiten wollte... aber dieses Buch wird mein
Denkmal!«
    Cigaglia räusperte sich. »Hoffentlich
nicht Ihr Grabmal«, bemerkte er trocken.
    »Nein, mein Lieber! Ich gedenke mich
noch lange auf dieser schönen Erde herumzutreiben.«
    »Noringens haben es auch gedacht.«
    »Ihnen fehlte die Phantasie und die
Kraft, sich vor dem Mörder zu schützen. Ich habe meine Theorie! Im Roman wird
sie wiederkehren. Der Mörder wollte Noringens aus dem Haus vertreiben. Erst mit
Drohungen, dann mit Gewalt. Hätten sie verkauft, wären sie am Leben. Welchen
Grund kann er haben, mich zu vertreiben?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Cigaglia.
»Ich weiß aber auch nicht, welchen er bei Ada und Adrian hatte.«
    »Oh, da gibt es eine Menge!« Sie hatte
ein ganzes Register bereit. »Alte Feindschaften, Rache, Haß von früher her...
dunkle Stellen gibt es im Leben jedes Menschen. Was wußte ich von Noringen? Was
haben Sie von seiner Frau gewußt? Nichts!«
    Der Anwalt sah die Begeisterung der
Schriftstellerin mit Nachdenklichkeit. »Natürlich, natürlich. Aber ebenso
könnte möglich sein, daß der oder die Mörder jeden Bewohner des Hauses
vertreiben wollen... gleichgültig, wer es ist und was er früher getrieben hat.«
    »Welchen Sinn sollte das haben? Wer hat
etwas von einem leerstehenden Haus?«
    »Ich vermag es mir nicht vorzustellen.«
    »Eben. Es ist viel zu schön, um
leerzustehen. Das Geld interessiert mich in zweiter Linie... es hat sich auch
bei mir einiges angesammelt. Und deswegen wollte ich Sie fragen, ob Sie als
Miteigentümer einverstanden sind, wenn ich übersiedle.«
    »Ich bin einverstanden«, sagte Doktor
Cigaglia ohne zu zögern.
    »Schön. La Verne und das Mädchen sollen
meinetwegen bleiben. Irgend jemanden braucht man sowieso. Wir wollen Adas
Wunsch respektieren.« Sie hielt inne. Langsam beugte sie sich vor. Cigaglia
ertrug die Nähe ihres Gesichtes nur schwer. Sie lächelte faunisch. »Wie ist es,
Doktor...hätten Sie nicht Lust, auch den Sommer dort draußen zu verbringen?
Wollen Sie lieber hier wohnen bleiben, zwischen Akten und Lärm und Staub? Reizt
es Sie nicht, hinter das Geheimnis zu kommen?«
    Cigaglia wich zurück. Seine Hände
erhoben sich vor sein entsetztes Gesicht. »Um Himmels willen! Sasso quadrato!
Schon der Gedanke an die Viper im WC genügt mir, um diesen

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