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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Irmelas Maschine drang auf den Flur. Stasi versuchte, es mit seinem Klopfen zu
übertönen. »Herein!« kreischte sie.
    Cigaglia bemerkte mit einem Blick, daß
die Einrichtung des Schlafzimmers nicht verändert worden war. Im Salon
herrschte ansehnliche Unordnung. Irmela thronte vor einer Schreibmaschine,
deren Alter der Doktor auf rund dreißig Jahre schätzte. Irmela trug einen
Morgenrock mit pailletierten chinesischen Drachen. Mit den Lippen hielt sie
eine lange Zigarettenspitze. Als sie sie aus dem Mund nahm, fiel die Asche
zwischen die Typenhebel. »Ah, mein guter Doktor! Wie ich mich freue! Schon halb
sechs! Die Zeit jagt, wenn man arbeitet.«
    Cigaglia küßte ihre Hand. »Ich hoffe,
Sie bewegen sich rüstig vorwärts zwischen den Toten! Ihre Energie ist zu
bewundern.«
    »Sie wundern sich? Ich muß die Lösung
eher finden als unser Freund Stalacarro.« Sie wandte sich Stasi zu. »Wenn er
kommt, bewirten Sie ihn in der Bar. Ich habe mit Signor Cigaglia etwas
Geschäftliches zu besprechen. Es wird nicht lange dauern.«
    »Sehr wohl, gnädige Frau!« Der Sekretär
zog sich zurück. Er fand Corry in der Bar an der Mokkamaschine. »Nun?«
    »Er plaudert mit Madame. Geschäftlich.
Vielleicht erhöht man unser Gehalt.«
    Sie warf den Kopf zurück. »Erhöhen?
Eher trocknet der See aus!«
    »Kann sein. Da fände der Hauptmann
wenigstens das explodierte Boot wieder.« An der Haustür wurde zum zweitenmal
geläutet. »Siehst du. Komisches Haus, was? Man braucht nur von den Leuten zu
sprechen, schon klingeln sie. Der Gute wird mir zu meinem verdienten Whisky
verhelfen. Bist du eigentlich fertig mit dem Anziehen?«
    »Ich brauche bloß die Schürze
abzubinden.«
    »Ich freue mich darauf«, sagte Stasi.
Zusammen gingen sie nach vorn. Corry verschwand in der Küche.
    Der Hauptmann stand vor der Tür, hager
und schwarz wie ein Abgesandter der Hölle. »Guten Abend, La Verne«, sagte er
kurz.
    »Meine Verehrung, Herr Hauptmann! Der
Whisky erwartet Sie. Die gnädige Frau natürlich auch.«
    »Sehr anständig von beiden.«
    »Sie wird demnächst herunterkommen«,
erläuterte Stasi, während sie nach hinten gingen. »Doktor Cigaglia ist noch bei
ihr.« Der Hauptmann erwiderte nichts. Sie erreichten die Bar. »Bitte Platz zu
nehmen! Was darf ich Ihnen zubereiten?«
    »Martini.«
    »Mit Vergnügen.« Stasi mixte. Er ließ
die Olive elegant in das Cocktailglas gleiten und servierte. Dann bereitete er
sich selbst einen Whisky.
    Stalacarro fragte: »Wo sind Sie
eigentlich geboren? Frankreich?«
    »Nein«, erwiderte Stasi. »Mein Name ist
nur eine Folge der unseligen Aufhebung des Ediktes von Nantes. Meine
Altvorderen wollten keine Schwierigkeiten mit dem Sonnenkönig. Sie wanderten
ostwärts. Gut zu Fuß scheinen sie nicht gewesen zu sein. Kamen nur bis Ostfriesland.
Ich bin in Aurich geboren.«
    »Aha«, machte der Hauptmann.
    »Sie kennen Aurich? Nein? Sie haben
nichts versäumt. Es riecht nach Salzwasser und Nebel, und die Sprache der
Einwohner ist schwer verständlich. Außerdem sind sie unverschämt rechtschaffen.
Am Nachmittag trinken sie Tee... drei Tassen, eine Viertelstunde pro Tasse.
Dann arbeiten sie wieder. Es ist mir rätselhaft, wieso ich dort geboren sein
kann.«
    Ein Geräusch war hinter der Tür. Sie
öffnete sich behutsam. Cigaglia trat ein. »Ah! Guten Abend, lieber Hauptmann!
Freue mich außerordentlich! Äh... einen Sherry, wenn es möglich ist.« Er setzte
sich vorsichtig. Stasi betrachtete ihn aus den Augenwinkeln. »Ja... die gnädige
Frau wird demnächst herunterkommen. Sie vollendet nur ihre Toilette. Danke,
danke, mein Lieber! Vielen Dank!«
    Er griff nach dem Glas und trank mit
kleinen Schlucken wie ein knabberndes Eichhörnchen. »Vortrefflich!« sagte er
augenrollend. »Es wird mir zwar noch mehr Appetit machen, als ich ohnedies
schon verspüre, aber dennoch... vortrefflich. Was für ein herrlicher Abend! Zu
tragisch, daß unsere lieben Noringens ihn nicht erleben können.«
    Der Hauptmann schleifte seinen Blick
über die Gläser zum Gesicht des Anwalts. »Wenn ich fragen darf, Doktor... haben
Sie alle notwendigen Formalitäten schon erledigt?«
    Cigaglia blickte verzückt auf den
Sherry. »Das Wichtigste ist geschehen. Nur einige Kleinigkeiten noch, die zu
tun bleiben... die Zeit war außerordentlich kurz. Ich kam kaum dazu, noch
andere Dinge in der Praxis zu bearbeiten.«
    Stasi goß ihm nach.
    »Dafür erleben Sie solche Fälle nicht
alle Tage.«
    »In der Tat, nein«, sagte Carlo

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