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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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ordentlich.
    Unter dem linken Schulterblatt ragte
der Griff heraus. Ein schmaler Griff mit feinen Silberreifen und einem
Silberknauf darüber. Wahrscheinlich ein Stilett, Klinge auf beiden Seiten
geschliffen, eine zarte, kleine Mordwaffe, so wie Frau Ada selbst gewesen war
und wie sie verlangen konnte.
    Hadik sah auf seine Uhr. Es war
siebzehn Minuten nach acht.
    Behutsam trat er neben die Leiche und
ging in die Knie. Ein rundlicher, feuchter Hof hatte sich um den Griff des
Messers in den Stoff gesogen. Gar nicht viel Blut. Er tastete nach dem Puls am
Handgelenk. Seine Fingerspitzen fühlten nichts mehr. Er erhob sich. Ringsherum
war alles wie immer im Sommer. Kein verdächtiger Gegenstand, keine Spuren eines
Kampfes. Es half nichts. Man mußte Weiterarbeiten. Er ging in seiner eigenen
Spur zurück. Er fühlte sich müde und schwankte einmal auf den Zehen. Als er den
Weg erreicht hatte, winkte er La Verne. Der Sekretär kam schnell.
    Hadik feuchtete die Lippen mit der
Zunge an. »Da drin liegt sie«, sagte er. »Erstochen von hinten.«
    Stasis Augen bohrten sich mit einem
wilden Blick in ihn hinein. Seine Hände zuckten. Hadik ging um einen Fußbreit
zurück.
    »So sieht das also aus, wenn die
Polizei im Haus ist und aufpaßt«, sagte er mit verzerrten Lippen. »Gratuliere,
Signor Hadik! Oder muß ich schon Leutnant sagen?«
    Hadik gab keine Antwort. Es war etwas
in seinem Gehirn, noch unter der Oberfläche des Bewußtseins, aber es war
wichtig. Warum kam er nicht darauf?
    »Entschuldigen Sie!« sagte La Verne
müde. »Ich war nur... jetzt können wir uns alle aufhängen!«
    »Wenn es nicht jemand anders tut«,
antwortete Hadik.
    »Kann ich hingehen?«
    »Bitte nicht. Es ist besser, wenn
niemand mehr im Gras herumtrampelt. Helfen können Sie ihr nicht.«
    Eine Grille zirpte munter. Stasi griff
nach seinen Zigaretten. In diesem Augenblick wußte Hadik, was er hatte tun
wollen. Der Angriff des Sekretärs und das Gespräch hatten ihn abgelenkt, aber
jetzt war der Gedanke aufgetaucht wie ein Blinklicht im Dunkel. »Bleiben Sie
hier!« rief er. »Lassen Sie niemanden ran, bis ich zurück bin!«
    Er lief los. Stasi ließ die Zigarette
sinken. Hadik rannte den Weg hinunter zum Haus, verschwand hinter den Bäumen,
als er den Vorplatz erreicht hatte.
    Corry sah den Polizisten kommen. Die
Furcht stieg wie ein Knäuel in ihre Kehle. Hadik drängte sie beiseite. Er
stürmte durch den Flur und das Vestibül ins Rauchzimmer. Er hatte den Block
vorhin schon gesehen, auf dem die wichtigsten Nummern notiert waren. Irmela
Zirli: 72101. Hadik wählte und bemühte sich, seinen Atem zu dämpfen, während er
wartete.
    »Hallo?« sagte eine rauhe, fröhliche
Stimme.
    »Frau Zirli?« fragte er.
    »Ja!«
    Hadik setzte sich langsam. Sein Gesicht
war weiß.
    »Wer spricht dort?«
    »Feldwebel Hadik von der
Kantonspolizei.«
    »Ah! Was für eine Freude! Womit kann
ich dienen, Feldwebel?«
    Er fühlte sich matt und elend. »Ich
wollte wissen, ob Frau van Noringen bei Ihnen ist.«
    Ihre Stimme wurde noch fröhlicher.
»Ada? Nein. Noch nicht.«
    Hadiks Finger waren feucht. Er
wechselte die Hände. »Noch nicht?«
    »Nein. Aber muß jede Sekunde kommen.
Ich warte auf sie. Wir waren für halb neun verabredet.«
    »Sie warten auf sie.« Hadik schluckte.
»Halb neun.«
    »Ist etwas?«
    »Äh... nein, nein. Ich danke sehr. Wir
werden später anrufen.« Irmela sagte noch etwas, aber er verstand es nicht
mehr. Seine Hand mit dem Hörer rutschte herunter. Die Gabel klickte. Hadik saß
zusammengefallen auf seinem Stuhl. Es dauerte einige Zeit, bis er von neuem
wählte.

X
     
    »Wo ist La Verne?« fragte Stalacarro.
    Sie standen vor der Toten. Viele
schweigsame Männer waren im Park.
    »Oben bei dem Mädchen. Weinkrampf. Sie
hat geschrien, als hätte man ihr Baby umgebracht.«
    Der Hauptmann betrachtete ihn kurz. Er
schien etwas sagen zu wollen. Hadik wartete, aber Stalacarro sprach nicht,
sondern kniete sich langsam neben Ada van Noringen in das Gras. »Gift«, sagte
er mit leiser Stimme, »Armbrust, Sprengkapsel, Stilett.« Er hob die Stimme.
»Wie war das mit der Zeit?«
    Hadiks Gesicht war immer noch grau. Es
machte ihm Mühe, sich zu konzentrieren. »Sie hat halb sieben schon nach dem
Mädchen geklingelt«, begann er. »Sollte ihr um Viertel nach sieben das
Frühstück bringen und La Verne wegen des Wagens Bescheid sagen. Sie wollte sich
inzwischen anziehen.«
    »Angezogen ist sie.« Stalacarro kam
hoch. »Sie hat nichts davon gesagt, daß sie zu der

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