Die Botin des Koenigs reiter2
gefährlich aussehenden Schatten.
Barston grinste. Verrückt nannten ihn die anderen Bauern. Verrückter alter Mann.
»Verrückt? Bah.«
Er hätte angenommen, sie würden inzwischen anders denken, da er auf jedem Markt die besten Preise für Schafe und Wolle bekam. Sie waren nur ein Haufen Weichlinge.
»Umso besser für mich«, sagte er mit heiserem Lachen. So brauchte er nicht mit anderen zu teilen.
Die alten Legenden behaupteten, an diesem Ort gingen Gespenster um, der Geist eines Dämons lebte hier, und alle, die sich in der Nähe aufhielten, wären dem Tod geweiht.
Barston musste zugeben, dass dieses alte Hügelgrab wirklich ziemlich unheimlich aussah, und in dem Kreis der Obelisken wuchs kein Halm von dem Gras, das sonst überall so üppig wucherte. In die Obelisken waren seltsame Zeichen gemeißelt, aber er nahm an, dass sie nur die Geschichte dessen erzählten, der unter dem Grabhügel lag. Wahrscheinlich ein Clanfürst.
Er war überrascht, dass noch keine Grabräuber versucht
hatten, die Schätze des Clanfürsten zu stehlen, die man mit ihm begraben hatte, aber es konnte natürlich sein, dass die Legenden die Diebe ebenso fernhielten wie die Schäfer. Oder noch besser, vielleicht hatte die Tatsache, dass der Grabhügel keinen Eingang hatte, die Diebe abgeschreckt.
Der Clanfürst war wahrscheinlich ein Tyrann gewesen, was zu den Legenden geführt hatte, aber immerhin war er tot. Und das schon seit ziemlich langer Zeit, nahm Barston an – tot und zu Staub zerfallen. Keine Gefahr für einen Schäfer, zwei Collies und eine Schafherde.
Die Legenden sorgten jedoch dafür, dass die anderen die Gegend mieden, und das war gut für Barston. Er hatte seine Herden schon lange hierhergeführt, und bisher hatte ihn kein Dämonengeist belästigt.
Barston wandte sich wieder seinem kleinen Lagerfeuer zu und schürte die glühenden Kohlen. Er hatte sich hier im Grasland eine kleine Schäferhütte gebaut, hatte das Material selbst hergebracht, Stück für Stück, bis auf das Gras, welches das Dach bedeckte. Davon gab es in der Nähe mehr als genug.
Barston dachte gerade daran, sich ein bescheidenes Abendessen zuzubereiten, als der Boden unter seinen Füßen zu zittern begann.
»Was …« Die Pfeife fiel ihm aus dem Mund und landete im Feuer.
Eine lautlose Explosion ließ die Luft erbeben, und die Schafe begannen erschrocken zu blöken. Polly und Bill heulten.
Barston fuhr herum und hielt den Hirtenstab vor sich. Was, in den fünf Höllen, war hier los? Waren Wölfe in der Nähe? Er hatte keine gehört und keine Spuren gefunden. Nein, das hier musste etwas anderes sein; der Boden hatte gebebt.
Als Blitze in Bögen zwischen den Obelisken zuckten und den Hügel mit dem Grab in weißblaues Licht tauchten, warf Barston sich zu Boden. Seine Schafe stürmten davon. Sie rannten direkt an den Hunden und an ihm vorbei. Einige trampelten sogar über ihn hinweg. Polly und Bill liefen winselnd davon, die Schwänze eingeklemmt. Sie ignorierten Barstons Rufe und Pfiffe.
Stille folgte, und Barston regte sich nicht. Er wagte es nicht. Immense, kalte Angst legte sich über ihn wie eine Decke. Als er es schließlich wagte aufzublicken, sah er einen Schatten, der mit dem Gesicht eines Kadavers und bleichen, toten Augen auf ihn niederstarrte. Ein Stück Kette hing von einer Fessel an seinem Handgelenk.
Skelettdünne Finger bogen sich um den Griff eines uralten Schwerts, in dessen Klinge seltsame gezackte Runen eingeritzt waren, die Barstons Augen brennen und Tränen über seine Wangen laufen ließen.
Also waren die anderen, die dieses Grasland fürchteten, doch nicht so dumm gewesen. Sie hatten recht: Hier ging ein Dämon um!
Der schlitzartige Mund des Dämons öffnete sich, und er atmete ein, als hätte er das lange nicht mehr getan: Er bewegte den Kiefer, als wolle er sprechen, aber zunächst kam kein Ton heraus. Als es ihm schließlich doch gelang, war seine Stimme brüchig und knarrte wie rostige Türangeln.
»Ich suche den Galadheon.«
Barstons Herz versagte aus reinem Schrecken.
TAGEBUCH DES HADRIAX EL FEX
Die Schiffe aus dem Reich sind schon lange nicht mehr gekommen, und wir wissen nicht, warum. Wir haben Kurierschiffe heim ins Reich geschickt, aber sie sind nicht zurückgekehrt.
Ich weiß nicht, was ich mit Alessandros tun soll. Er war immer reizbar, aber nun hat er Anfälle von Melancholie und Depression und behauptet, der Kaiser, sein Vater, hätte ihn verstoßen, obwohl er hier so erfolgreich
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