Die Bourne-Identität
Hand, die jene Waffe hielt, hatte ein Leben lang damit verbracht, Waffen zu halten; sie würde ganz ruhig sein, wenn jener Augenblick kam. Sofern er kam. Das war das Risiko, das Bourne eingehen mußte. Ohne Villiers ging es nicht; das mußte der alte Mann begreifen. Jason schrie plötzlich: »Nur zul Feuer. Töten Sie mich. Lassen Sie sich von Carlos befehlen! Sie sind ein Soldat. Sie haben Ihre Befehle. Führen Sie sie aus.«
Das Zittern in Villiers' Hand nahm zu. Die Knöchel traten weiß hervor, als die Waffe sich auf Bournes Kopf richtete. Und dann hörte Jason das Flüstern aus der Kehle eines alten Mannes.
» >Sie sind ein Soldat ... hören Sie auf... hören Sie auf.<«
»Was?«
»Ich bin ein Soldat. Jemand hat das neulich zu mir gesagt. Jemand, der Ihnen sehr teuer ist.« Villiers sprach mit leiser Stimme. »Sie hat einen alten Krieger beschämt und ihn dazu gebracht, sich an das zu erinnern, was er war ... was er einmal gewesen war. >Man sagt, Sie seien ein großer Mann. Ich glaube es.< Sie war so liebenswürdig, so anständig, auch das zu mir zu sagen. Allmächtiger Gott, Sie hatte unrecht - aber ich werde es versuchen.« André Villiers ließ die Waffe sinken; in seiner Unterwerfung lag Würde. Die Würde eines Soldaten. »Was wollen Sie, das ich tue?«
Jason atmete wieder. »Sie sollen Carlos zwingen, mir zu folgen. Aber nicht hier, nicht in Paris. Nicht einmal in Frankreich.«
»Wo dann?«
»Können Sie mich aus dem Lande schaffen? Ich muß Ihnen dazu sagen, daß ich gesucht werde. Mein Name und meine Beschreibung liegen inzwischen jeder Einwanderungsbehörde und jeder Grenzstelle in Europa vor.«
»Fälschlicherweise?«
»Fälschlicherweise.«
»Ich glaube Ihnen. Es gibt Möglichkeiten. Der Conseiller Militaire hat Möglichkeiten und wird tun, worum ich ihn bitte.«
»Mit einem falschen Paß? Ohne Ihnen Gründe zu nennen?«
»Mein Wort genügt. Das habe ich mir verdient.«
»Noch eine Frage, Dieser Adjutant, von dem Sie sprachen, vertrauen Sie ihm - ich meine, vertrauen Sie ihm wirklich!«
»Mein Leben würde ich ihm anvertrauen.«
»Auch das Leben eines anderen? Jemandes, von dem Sie annahmen, und das mit Recht, daß sie mir sehr teuer ist.«
»Natürlich. Warum? Sie werden alleine reisen?«
»Das muß ich. Sie würde mich nie gehen lassen.«
»Sie werden ihr das erklären müssen.«
»Das werde ich. Daß ich im Untergrund bin, hier in Paris oder Brüssel oder Amsterdam. In Städten, in denen Carlos operiert. Aber sie muß hier weg; man hat unseren Wagen in Montmartre gefunden. Carlos' Männer durchsuchen jetzt jede Straße, jede Wohnung, jedes Hotel. Ihr Adjutant muß Marie aufs Land bringen; dort wird sie sicher sein. Das werde ich ihr sagen.«
»Ich muß die Frage jetzt stellen. Was geschieht, wenn Sie nicht zurückkommen?«
Bourne gab sich Mühe, die Fassung zu behalten. »Ich werde im Flugzeug Zeit haben. Ich werde alles aufschreiben, was geschehen ist, alles, woran ich ... mich erinnere. Ich werde es Ihnen schicken, und Sie treffen dann die Entscheidungen. Mit ihr zusammen. Sie hat Sie einen großen Mann genannt. Schützen Sie sie.«
»Sie haben mein Wort. Es wird ihr kein Haar gekrümmt werden.«
»Das ist alles, worum ich bitte.«
Villiers warf die Pistole auf das Bett. Sie landete zwischen den verdrehten nackten Beinen der toten Frau; der alte Soldat hustete plötzlich, verächtlich, gewann seine Haltung zurück. »Und was haben Sie nun konkret vor, junger Freund«, sagte er, und man spürte wieder die alte Autorität. »Worin besteht Ihre Strategie?«
»Alles, was Sie wissen - alles, woran Sie sich erinnern -ist, daß während des Feuers ein Mann in Ihr Haus eingebrochen ist und Ihnen die Pistole gegen den Schädel geschlagen hatte; Sie waren sofort bewußtlos. Als Sie erwachten, fanden Sie Ihre Frau tot auf. Erwürgt. Neben ihrer Leiche lag ein Zettel. Und das, was auf dem Zettel steht, hat Ihnen den Verstand geraubt.«
»Und das ist?« fragte der alte Soldat vorsichtig.
»Die Wahrheit«, sagte Jason. »Die Wahrheit - eine Wahrheit, von der Sie nie zulassen können, daß jemand anderer sie erfährt. Was sie für Carlos war, was er für sie war. Der Mörder, der den Zettel schrieb, hat eine Telefonnummer hinterlassen und Ihnen gesagt, daß Sie das bestätigen könnten, was er geschrieben hat. Sobald Sie davon überzeugt seien, könnten Sie den Zettel vernichten und den Mord auf jede beliebige Weise zur Meldung bringen. Aber dafür, daß er Ihnen die Wahrheit gesagt
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