Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Bourne-Identität

Titel: Die Bourne-Identität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
hatte, wie sie das, was er ihr sagte, still aufgenommen hatte. Er wußte, daß das bedeutete, daß sie Zeit zum Nachdenken brauchte. Sie hatte ihm nicht geglaubt, aber an ihn glaubte sie; auch sie hatte keine andere Wahl. Und ihren Schmerz konnte er nicht lindern; dafür war keine Zeit mehr gewesen. Villiers rief jetzt vom Erdgeschoß eine Nummer im Conseiller Militaire Frankreichs an, die nur für Notfälle zur Verfügung stand, und arrangierte, daß ein Mann mit einem falschen Paß Paris unter Diplomatenstatus verlassen konnte. In weniger als drei Stunden würde ein Mann über den Atlantik fliegen und sich dem Jahrestag seiner eigenen Exekution nähern. Das war der Schlüssel; das war die Falle. Das war die letzte irrationale Handlung.
    Bourne stand am Schreibtisch; er legte den Kugelschreiber weg und las die Worte noch einmal, die er auf den Briefbogen einer toten Frau geschrieben hatte. Es waren die Worte, die ein zerbrochener, verwirrter, alter Mann einer unbekannten Mittelsperson über das Telefon durchgeben würde, und diese Mittelsperson würde das Papier verlangen und es Iljitsch Ramirez Sanchez geben.
    Ich habe Deine dreckige Hure getötet und ich werde wiederkommen und Dich fertigmachen. Es gibt einundsiebzig Straßen im Dschungel. Einem Dschungel, der so dicht ist wie Tam Quan, aber es hat einen Weg gegeben, der Dir entgangen ist, einen Kellerraum, von dem Du nichts wußtest - genauso wie Du am Tag meiner Exekution vor elf Jahren nichts von mir wußtest. Einen Mann hat es gegeben, der es wußte, und den hast Du getötet. Das ist jetzt nicht mehr wichtig. In jenem Kellerraum gibt es Dokumente, die mir die Freiheit verschaffen werden. Hast Du geglaubt, ich würde Cain werden, ohne jenen letzten Schutz zu haben? Washington wird es nicht wagen, mich zu berühren! Mir kommt es richtig vor, daß Cain am Tage von Bournes Tod die Papiere holt, die ihm ein sehr langes Leben garantieren. Du hast Cain gezeichnet, jetzt zeichne ich Dich. Ich komme wieder, dann wirst Du Deiner Hure in den Tod folgen.
    Delta.
    Jason legte das Blatt auf den Tisch und trat neben die tote Frau. Der Alkohol war trocken, die geschwollene Kehle bereit. Er beugte sich über sie und spreizte die Finger, legte seine Hände dorthin, wo vorher ein anderer die Hände gehabt hatte.

34.
    Über den Spitzen der Kirche in Levallois-Perret im nordwestlichen Paris leuchteten die ersten Strahlen der Morgensonne, es war ein kalter Märzmorgen, und an die Stelle des nächtlichen Regens war leichter Nebel getreten. Ein paar alte Frauen, die von der nächtlichen Putzarbeit in der Stadt in ihre Wohnungen zurückkehrten, betraten durch die schweren Bronzetüren das Kirchenschiff; in der Hand trugen sie ihre Gebetbücher. Gleich würde die Morgenandacht beginnen, um sie anschließend zu Hause in wenige Stunden wohlverdienten Schlafs sinken zu lassen, bevor die Mühsal des Tages wieder begann. Und dann waren da auch einige schäbig gekleidete Männer - die meisten ebenfalls alt, andere mitleiderregend jung -, die sich ihre Mäntel enger um die Schultern zogen und die Wärme der Kirche suchten, wobei sie in ihren Taschen Flaschen mit billigem Rotwein umklammert hielten, die ihnen das Vergessen gewährten.
    Nur ein alter Mann schwebte nicht in tranceartigen Zuständen wie die anderen. Er war ein alter Mann, der es eilig hatte. In seinem faltigen, fahlen Gesicht war Widerstreben -vielleicht sogar Furcht - zu lesen. Aber an der Art, wie er die Treppen hinauf und durch die Kirchentore eilte, war kein Zögern zu bemerken, und er eilte weiter, vorbei an den flackernden Kerzen, den linken Gang hinunter. Es war eine seltsame Stunde, um die Beichte abzulegen. Dennoch begab sich dieser alte Bettler direkt zum ersten Beichtstuhl, schob den Vorhang auseinander und schlüpfte hinein.
    »Angelus Domini ... «
    »Hast du es mitgebracht?« fragte die flüsternde Stimme, und die priesterhafte Silhouette hinter dem Vorhang zitterte vor Wut.
    »Ja. Er hat es mir ganz benommen in die Hand gedrückt, hat geweint, gesagt, ich solle verschwinden. Er hat den Brief Cains verbrannt und sagt, er würde alles ableugnen, wenn je auch nur ein einziges Wort davon erwähnt werden sollte.« Der alte Mann schob die beschriebenen Blätter unter dem Vorhang durch.
    »Er hat ihr Briefpapier benutzt -« Das Flüstern des Meuchelmörders brach, und die Silhouette einer Hand schob sich vor die Silhouette eines Kopfes, und jetzt konnte man hinter dem Vorhang einen halb erstickten Aufschrei

Weitere Kostenlose Bücher