Die Bourne-Identität
über seinen Ausbruch. »Tut mir leid.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Dies sind die versteckten Hinweise, nach denen du suchen mußt - nach denen wir suchen müssen. Dein Freund, der, Arzt in Port Noir, hatte recht: Bruchstückhaft kommen alte Erinnerungen zurück, die durch Worte oder visuelle Reize ausgelöst werden, durch ein Gesicht zum Beispiel oder durch die Fassade eines Restaurants. Wir haben selbst gesehen, wie das vor sich geht. Jetzt ist es ein Name, den auszusprechen du fast eine Woche lang vermieden hast, während du mir alles andere, das dir in den letzten fünf Monaten passiert ist, bis ins kleinste Detail erzählt hast. Nur Carlos hast du mit keinem Wort erwähnt. Das bedeutet dir etwas, verstehst du? Dieser Name regt Dinge in dir an, Dinge, die herausbrechen wollen.«
»Ich weiß«, sagte Jason und nahm einen Schluck Wein.
»Darling, am Boulevard Saint-Germain gibt es einen berühmten Buchladen, der vollgestopft ist mit Tausenden von alten Magazinen. Der Inhaber hat sogar Stichwortregister angelegt, wie es sonst eine Bibliothek zu bieten hat. Ich würde gerne herausfinden, ob Carlos in diesem Register enthalten ist. Was hältst du davon?«
Bourne durchzuckte ein stechender Schmerz in der Brust. Das hatte nichts mit seinen Wunden zu tun, das war Angst. Sie spürte es und begriff irgendwie - er fühlte es und konnte nicht begreifen. »Im Lesesaal der Sorbonne liegen alte Zeitungsausgaben aus«, sagte er und blickte zu ihr auf. »Eine davon hat mich eine Weile in Hochstimmung versetzt - bis ich gründlicher darüber nachdachte.«
»Eine Lüge wurde aufgedeckt. Das war das Wichtige. Und jetzt suchen wir die Wahrheit. Du darfst dich nicht vor ihr fürchten, Darling. Ich fürchte mich auch nicht.«
Jason stand auf. »Okay. Dann ist Saint-Germain eingeplant. Unterdessen kannst du den Mann in der Botschaft anrufen.«
Bourne griff in die Tasche und holte die Papierserviette mit der Telefonnummer heraus; er hatte die Zulassungsnummer des Wagens hinzugefügt, der von der Bank an der Rue Madeleine weggerast war. »Hier ist die Nummer, die d'Amacourt mir gegeben hat, und die Zulassungsnummer dieses Autos. Sieh mal, was er machen kann.«
Marie nahm die Serviette und ging ans Telefon. Daneben lag ein kleines Notizbuch mit einem Spiralrücken; sie blätterte darin. »Hier: Er heißt Dennis Corbelier. Peter hat gesagt, er wollte ihn bis heute mittag nach Pariser Zeit angerufen haben. Ich könnte mich auf ihn verlassen; als Attaché sei er einer der bestinformierten Leute in der Botschaft.«
»Peter kennt ihn näher?«
»Sie waren Studienkollegen an der Universität von Toronto. Ich kann ihn doch von hier aus anrufen, oder?«
»Sicher. Aber sag ihm nicht, wo du bist.«
Marie nahm den Hörer ab, ließ sich ein Amt geben und wählte die Nummer der kanadischen Botschaft an der Avenue Montaigne. Fünfzehn Sekunden später hatte sie Dennis Corbelier am Apparat.
Marie kam sofort zur Sache. »Ich nehme an, Peter hat Ihnen erzählt, daß ich Hilfe brauche.«
»Mehr als das«, erwiderte Corbelier, »er hat mir auch erklärt, daß Sie in Zürich seien. Ich habe zwar nicht alles begriffen, was er sagte, aber ungefähr habe ich ihm folgen können. Anscheinend geht es in der Welt der Hochfinanz heutzutage hoch her.«
»Das kann man wohl behaupten. Die Schwierigkeit ist nur, daß niemand einem sagen will, wer wen manipuliert. Das ist ja mein Problem.«
»Und wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Ich habe eine Autonummer und eine Telefonnummer. Beide sind hier in Paris registriert. Der Anschluß ist nicht im Telefonbuch verzeichnet; es könnte peinlich sein, wenn ich anrufe.«
»Geben Sie mir die Nummer.« Das tat sie. »Wir haben ein paar Freunde an wichtigen Stellen, die uns gelegentlich behilflich sind oder wir ihnen. Haben Sie Lust, morgen mit mir zu Mittag zu essen? Ich versuche inzwischen was rauszukriegen.«
»Das würde ich gerne tun, aber morgen habe ich keine Zeit. Ich bin schon mit einem alten Freund verabredet. Vielleicht ein anderes Mal.«
»Peter hat gemeint, ich wäre verrückt, wenn ich es nicht probieren würde. Sie seien nämlich eine umwerfende Frau.«
»Er ist sehr lieb, und das sind Sie auch. Ich rufe Sie morgen nachmittag wieder an.«
»Fein.«
»Bis morgen dann und vielen Dank.« Marie legte auf und sah auf die Uhr. »Ich soll Peter in drei Stunden anrufen. Erinnere mich daran.«
»Glaubst du wirklich, daß er so bald etwas haben wird?«
»Er ganz bestimmt; er hat noch
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