Die Brandstifter von Rom - Die Zeitdetektive ; 6
sich zusammenfiel. Ziegel platzten in der enormen Hitze und Mauern stürzten ein, als habe sie die Faust eines Riesen getroffen. Brennende Teile krachten gegen das Nachbargebäude, und wieder fanden die gefräßigen Flammen neues Futter.
„Seht mal da oben!“, rief Julian und deutete zum Dachgeschoss eines Mietsblocks, der dem gegenüberlag, in dem die Legionäre gerade verschwunden waren.
Am Fenster standen ein Mann und eine Frau, die ein etwa dreijähriges Kind in den Armen hielt. Sie schrien verzweifelt um Hilfe.
„Sieht aus, als sei ihnen der Fluchtweg abgeschnitten“, sagte Leon. „Wir müssen ihnen helfen.“
Der Zeuge
Der Zeuge
Bevor ihn seine Freunde stoppen konnten, war Leon losgerannt. Dichter Rauch waberte aus dem Haupteingang. Leon versuchte sich zu orientieren. Schemenhaft erkannte er Treppen. Er warf einen Blick über die Schulter. Keuchend kamen Kim und Julian angerannt.
Leon lächelte. Auf seine Freunde war eben Verlass. Er drehte sich wieder um und nahm die ersten Stufen im Laufschritt. Der Qualm wurde dichter, Leon begann zu husten.
Flach auf den Boden!, fuhr es ihm durch den Kopf. Das hatte er mal im Fernsehen gesehen. Man musste sich so dicht wie möglich am Boden halten, denn die bei einer Verbrennung entstehenden Gase steigen nach oben. Leon ließ sich auf die Knie fallen und robbte weiter. Die Hitze nahm zu, der Rauch trieb Tränen in seine Augen. Der Junge begann zu würgen. Nein, keine Chance, hier kam er nicht weiter. Er musste umkehren.
„Zurück!“, brüllte Leon nach hinten, dorthin, wo er seine Freunde vermutete. Inzwischen war das Treppenhaus so voller Qualm, dass er die eigene Hand vor Augen nicht mehr sehen konnte. Leon wurde schwindelig. Er befand sich nun selbst in großer Gefahr. Halb blind tastete er sich die Stufen hinab. Endlich war er wieder vor dem Gebäude.
„Sinnlos“, keuchte Kim.
„Das Nachbarhaus“, sagte Leon und hustete erneut. „Von dort könnte es klappen!“
Kim und Julian sahen ihn fragend an.
„Keine Zeit für große Erklärungen, kommt mit!“, rief Leon und rannte zu dem gegenüberliegenden Gebäude, das die Flammen noch nicht erreicht hatten. Dicht an der Hauswand stand das Gerüst eines Anstreichers.
„Packt mit an“, rief er Kim und Julian zu. Und jetzt dämmerte den beiden, was Leon vorhatte. Gemeinsam zogen sie ein langes Holzbrett aus dem Gerüst heraus. Zum Glück war das Treppenhaus so geräumig, dass sie ihre Last ohne größere Probleme in das oberste Geschoss bugsieren konnten.
Ohne zu fragen stürmten die Freunde an einem Mann vorbei in dessen Wohnung und liefen zum Fenster. Genau gegenüber stand die Familie an ihrem Fenster und schrie um Hilfe. Leon schätzte die Entfernung zwischen den Häusern – mehr als drei Meter Luftlinie durften es eigentlich nicht sein. Die Freunde schoben das Brett unter großer Anstrengung langsam zur gegenüberliegenden Fensterbank: Eine ziemlich wacklige, schmale Brücke war entstanden.
Der Mann am anderen Fenster packte die Planke und hielt sie fest. Nun erklomm die Frau das Brett. Sie breitete die Arme aus und begann vorsichtig zu balancieren.
Die Freunde konnten ihr schweißüberströmtes, angestrengtes Gesicht sehen. Nackte Angst war darin zu lesen. Die zierliche Frau wagte sich Schritt für Schritt auf dem schwankenden Steg voran, während in der Gasse zehn Meter unter ihr das Chaos tobte. Ein falscher Schritt und die Frau wäre tot.
Sie ließ sich jedoch zum Glück nicht beirren und erreichte sicher die andere Seite. Nun folgte ihr Mann, das Kind auf dem Arm. Der Junge starrte mit weit aufgerissenen Augen zu seiner Mutter und den Freunden hinüber.
Sein Vater, der die Arme nicht zum Balancieren benutzen konnte, ging noch langsamer. Etwa in der Mitte der Strecke schien es, als würde er das Gleichgewicht verlieren. Das Kind stieß einen spitzen Schrei aus. Erst in letzter Sekunde fing sich der Vater wieder. Am ganzen Körper zitternd hielt er inne. Plötzlich wirkte er unsicher und warf einen Blick zurück.
„Weitergehen! Ihr habt es gleich geschafft!“, rief seine Frau. Endlich gab er sich einen Ruck und überwand das letzte Stück.
Überglücklich fiel er den Freunden in die Arme.
„Danke, beim Jupiter, tausendmal danke für eure Hilfe“, stammelte der Mann. „Ich heiße Tertius. Und das sind meine Frau Livia und unser Sohn Rufus.“
Rasch stellten sich auch die Freunde vor.
„Lasst uns so schnell wie möglich von hier verschwinden. Ich fürchte, dass uns das Feuer
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