Die Brandstifter von Rom - Die Zeitdetektive ; 6
den Überhang wieder hinabfallen lassen wollte, sah er jemanden hinter den Brunnen huschen – hatte der Mann eine Narbe gehabt? Leon war sich nicht sicher, es war zu schnell gegangen.
„Was ist, Leon?“
„Ich weiß nicht“, murmelte Leon. „Gut möglich, dass der Mann mit der Narbe immer noch in unserer Nähe ist.“
Kim ließ ihren Blick über den Platz schweifen. „Ich kann niemanden entdecken.“
Leon zuckte die Schultern. „Vielleicht habe ich mich auch geirrt …“
„Seht mal“, Julian freute sich, „hier liegen sogar noch ein paar alte Säcke herum!“ Rasch baute er sich daraus eine Art Matratze. „Gar nicht so übel“, kommentierte er.
Leon und Kim folgten seinem Beispiel. Kurz darauf hatten sie sich ein notdürftiges Lager eingerichtet.
„Wer übernimmt die erste Wache?“, fragte Kim.
Leon und Julian hoben die Schultern.
„Ich mach’s“, meinte Kim. „Aber allein ist Wacheschieben irgendwie öde.“
Da kuschelte sich Kija an das Mädchen.
„Okay“, Kim lachte, „ich bin nicht allein. Kija wird mich unterstützen.“
Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass Julian und Leon viel zu aufgeregt waren, um einzuschlafen.
Leon fand einen waagerechten Schlitz im Stoff, durch den sie eine recht gute Sicht auf den Platz vor dem Circus hatten.
Nun begann das große Warten. Die Minuten tröpfelten endlos langsam vorbei. Draußen, auf dem vom Vollmond beschienenen Platz, geschah rein gar nichts.
Als die letzte Geschichte erzählt war und das Gespräch endgültig verstummte, übermannte die Freunde der Schlaf.
Daher bemerkten sie nicht, wie ein Mann an den Circus heranschlich. Sein Gang war lautlos und geschmeidig. Sein Gesicht von der Kapuze einer Lacerna verhüllt. Der Mann blickte sich kurz um. Dann verschwand er unter der Stoffbahn, die den Stand neben dem der Gefährten bedeckte. Kurz darauf glimmte Feuerschein auf. Der Mann stürzte aus der Bude und rannte weg, während hinter ihm das Feuer schnell Nahrung fand …
Es brennt!
Es brennt!
Die Bude stand innerhalb weniger Minuten in hellen Flammen. Sie leckten am Stoff des benachbarten Standes, in dem die Gefährten schliefen, und fraßen sich gierig weiter, immer weiter.
Leon wurde durch Kijas Miauen geweckt.
„Was ist denn?“, murmelte er unwillig.
Doch dann roch er es: Feuer!
Leon riss die Augen auf. Qualm drang in ihr Versteck. Feuerschein zuckte über die Stoffbahnen.
„Es brennt!“, rief Leon. Schlagartig war er hellwach und weckte Kim und Julian.
Kim hustete, Julian rieb sich die Augen, die zu tränen begonnen hatten.
„Raus hier!“, brüllte Leon, warf die Stoffbahn zurück und stürmte aus der Bude. Er sah gerade noch, wie ein großer, schlanker Mann in einem Umhang an den Arkaden des Circus Maximus entlanghastete.
War das der Brandstifter gewesen?, fragte sich Leon. Aber es war unmöglich, den Mann zu erkennen. Der Kerl war viel zu weit weg – und jetzt verschluckte ihn die Dunkelheit.
Hektisch sah sich Leon um. Konnten sie Wasser vom Brunnen holen und das Feuer noch löschen?
Ein Blick auf den Brand ließ ihn vollkommen mutlos werden. Inzwischen hatte sich das Feuer auf vier Stände ausgeweitet. Ein warmer Wind trieb die Flammen an. Sie eroberten in einem erschreckenden Tempo Meter für Meter.
Kim und Julian waren mittlerweile hinter Leon aus der brennenden Bude gestolpert.
„Wir müssen die Leute warnen, die in den Häusern dort wohnen!“, rief Julian und deutete auf eine nahe Insula – einen der mehrgeschossigen, billig gebauten Wohnblöcke, in denen die Armen wohnten und in denen es noch nicht einmal Toiletten gab.
Leon nickte knapp und wollte schon losrennen.
„Halt!“, schrie Kim in diesem Moment. „Hat einer von euch Kija gesehen?“
Die Freunde blickten sich um. Doch von der Katze fehlte jede Spur.
„Vielleicht ist sie in Panik geraten und weggelaufen“, vermutete Julian.
Leon dachte scharf nach. Kija hatte ihn geweckt und ihnen allen dadurch vermutlich das Leben gerettet. Aber wo war Kija dann geblieben?
Leon wusste es nicht und bekam ein schlechtes Gewissen. „Sie kommt bestimmt gleich wieder“, sagte er. „Wenn wir uns um jemanden keine Sorgen machen müssen, dann ist es Kija – oder?“
Zweifelnd sah Kim ihn an. „Das sagst du so …“ Sie formte mit ihren Händen einen Trichter um ihren Mund. Dann brüllte sie aus Leibeskräften den Namen der Katze. Aber Kija blieb verschwunden.
Ein dumpfes Krachen ließ die Freunde herumfahren. Die Bude, die ihnen gerade
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