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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Röcheln, kein Wort. Ein wildes Zittern durchzog Berts Körper, er ließ den Arm sinken und öffnete langsam die Augen.
    Harriet-Rose lag vor ihm. Sie war zuerst auf die Knie gefallen und dann seitlich umgesunken. Ihre linke Kopfseite war von Blut überströmt, das über die Schulter und den Arm weiterlief.
    Der Kopf. Ich habe ihren Kopf getroffen! Ich habe ihren wundervollen Kopf getroffen! Das war ein Aufbrüllen in ihm, das alles andere wegfegte. Mit einem grellen Schrei warf er die Pistole von sich, stürzte zu Harriet und nahm ihren Kopf zwischen beide Hände.
    »Harriet!« schrie er grell. »Harriet!«
    Sie lebte noch, sie atmete schwach, ihre Lippen zitterten. Da riß er sie vom Boden, trug sie zurück zum Wagen, bettete sie auf den Hintersitz und raste den holprigen Waldweg zurück auf die Straße. Dort drückte er gleichzeitig auf Gaspedal und Hupe und schoß in wahnsinniger Fahrt, umgeben vom grellen Geschrei seiner Fanfare, nach Heidelberg zurück. Vor dem ersten Arztschild, das er sah, bremste er, nahm Harriet vom Hintersitz und stürmte durch das Wartezimmer in den Behandlungsraum.
    »Ich habe sie erschossen«, schrie er den entsetzten Arzt an. »Helfen Sie mir! Noch lebt sie! Sie lebt!« Er legte Harriet auf das Behandlungssofa und fiel neben ihr auf die Knie. »Sie atmet noch … schnell … schnell … Ein Kreislaufmittel, rufen Sie die Feuerwehr an, sie soll sofort Blutplasma besorgen … können Sie zum Übergang eine Kochsalzinfusion machen? Tun Sie doch was! Starren Sie mich nicht so an … ich bin stud. med. rufen Sie doch an … den Krankenwagen … das nächste Krankenhaus … und die Polizei … Ich habe sie erschossen –«
    Er sprang auf, und während der Arzt die einzelnen Telefongespräche führte, drückte Bert einige dicke Lagen Zellwolle auf die Schläfenwunde, um die Blutung zu stillen.
    Das Gesicht Harriets wurde klein und spitz. Das Rot der Lippen wurde fahl, und selbst das Braun ihrer Haut wurde heller und wie erdfarben.
    »Sie stirbt –«, stammelte Bert Schumacher. Er umfaßte den schlaffen Körper Harriets und drückte sein Gesicht an ihre Brust. »Ich habe sie erschossen … ich bin ein Mörder … ein Mörder –«
    Der Arzt faßte Bert an der Schulter und riß ihn von Harriet weg. »Der Krankenwagen kommt gleich. Die Polizei habe ich nicht angerufen, das machen Sie am besten selbst. Und nun stehen Sie mir hier nicht im Weg.« Er beugte sich über das fahle Gesicht Harriets und nahm die Zellstofflagen ab. Er fühlte den Puls und tastete mit den Fingerspitzen über die Schläfenwunde. Dann sah er Bert verwundert an, beugte sich tiefer, tupfte das Blut weg und richtete sich nach einer kurzen Untersuchung mit einem Ruck auf.
    »Sie haben also auf das Fräulein geschossen?« fragte er. Bert Schumacher stand taumelnd an der Wand und starrte auf Harriet.
    »Ja –«
    »Eifersucht, wie?«
    »Nein, wir wollten gemeinsam sterben.«
    Der Arzt schüttelte den Kopf und setzte sich an seinen Schreibtisch. »Wie alt sind Sie eigentlich? Sie sind doch stud. med. wie Sie mir sagten? Wie kann ein immerhin erwachsener und nicht ganz unkluger Mensch so dusselig sein und sich benehmen wie ein Pubertätsjüngling? Gemeinsam sterben! Eltern gegen eine Verbindung, weil das Mädchen ein Mischling, nicht wahr?«
    »So ähnlich.« Bert Schumacher setzte sich auf einen Stuhl an der Wand. Hier saßen sonst die Kurzsichtigen, die eine Schrifttafel auf der gegenüberliegenden Wand entziffern mußten. »Wenn Sie wüßten, was in den letzten Monaten alles geschehen ist. Wir konnten einfach nicht mehr.«
    »Dummheit! Man kann immer. Zähne zusammenbeißen! Himmel noch mal, daß die heutige Jugend so labil ist!«
    »Man hat in Alabama ihren Vater erschlagen. Weiße, Doktor … nur, weil er ein Schwarzer war. Das gab Harriet den Rest. Ich konnte verstehen, daß sie nicht mehr leben wollte.«
    »Und als guter Liebhaber haben Sie gesagt: Ohne sie geht es nicht, also knallen wir uns zusammen eins vor den Latz. Und da haben Sie geschossen, und als Ihre Harriet umfiel, rutschte Ihnen das Herz in die berühmte Hose. Und nun vergehen Sie in Reue.« Der Arzt klopfte mit einem Bleistift auf die Tischplatte. »Mein Junge – man sollte Ihnen trotz stud. med. den Hintern verhauen. Sie hätten es verdient.«
    »Sie stirbt –«, stammelte Bert. »Wenn sie stirbt – ich werde –«
    »Nichts werden Sie! Und sie stirbt auch nicht. Sie haben anscheinend nur Blut gesehen und überhaupt nicht die Wunde untersucht! Ein

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