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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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geben wir’s ihm zurück«, krächzte Lorenzo.
    »Mit dem Pulver sieht’s ohnehin mau aus«, sagte Enrico.
    »Gut, dass wir ein Dutzend Pferde haben«, sagte Corto.
    »Gut, dass wir sie alle den Dörflern gegeben haben, damit sie leichter durch den Fluss kommen«, erwiderte Enrico.
    Corto antwortete nicht. Lorenzo konnte die Gegenwart all der anderen Männer im Schilf fühlen … Urso mit seinen beiden Äxten und seinem Bündel Beutewaffen … Giuglielmo mit dem gebrochenen Arm … Verruca … all die anderen, deren Namen er zum Teil nicht erfahren und zum Teil ständig durcheinandergebracht hatte …
    »Unter uns Helden«, sagte er, »gebe ich zu, dass ich leicht beunruhigt bin.«
    Enrico nickte, ohne ihn anzusehen. »Hab’s dir schon angesehen.«
    »Hast du die Armbrust gespannt, Enrico?«
    »Ja. Ich würde sie dir leihen, aber du hast gesagt, sie liegt schlecht in der Hand.«
    »Du hast sie verhunzt mit deiner Schnitzerei.«
    »Wie steht’s mit deiner Pike?«
    »Sie fühlt sich ein wenig schlüpfrig an, wenn du’s genau wissen willst.«
    »Die Armbrust auch«, sagte Enrico nach ein paar Herzschlägen.
    Aus dem Schilfwald drangen mehr oder weniger schlechte Nachahmungen von Vogelrufen. Das Wolfspack war ratlos und fragte nach Cortos Befehlen.
    »Wenn wir hierbleiben, überrennen sie uns«, sagte Corto leise. »Und dann kommen sie auf den Damm rauf, sehen die Leute in der Furt und fangen ein Wettschießen an.«
    »Wir müssen sie so lange wie möglich ablenken«, sagte Lorenzo.
    Enrico blickte von einem zum anderen. »Scheiße.«
    Corto nickte. »Genau.«
    »Also gut.« Lorenzo musste sich anstrengen, damit seiner Stimme nicht die Kraft ausging. »Wir machen einen Ausfall. Beschlossene Sache. Es sei denn, dir fällt noch eine fünfte Lösung ein, hier herauszukommen, Corto.«
    »Im Augenblick wollte ich, die erste Lösung wäre eingetroffen.« Corto holte Atem. Er schüttelte langsam den Kopf. »Wo ist Verruca?«, fragte er schließlich.
    Enrico deutete ins Schilf zu ihrer Rechten.
    Von draußen ertönte ein dumpfer Schlag wie von einer Pauke. Sie fuhren zusammen. Lorenzo spähte hinaus, während Corto und Enrico die Gesichter verzogen.
    »Der alte Konrad gibt den Rhythmus vor«, murmelte Enrico.
    Der Laut wiederholte sich in langsamem Takt. Er wummerte in Lorenzos Bauch. Sein eigenes Herz zitterte in seiner Kehle. Er wechselte den Griff an der Pike, weil er dachte, sie würde ihm jeden Moment aus der Hand fallen.
    »Verruca!«, rief Corto halblaut in die von Enrico angegebene Richtung. Nach ein paar Augenblicken wühlte sich der Junge durch das Schilf. Er sah aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. Der Blick, mit dem er Cortos Gesicht nach einem Hinweis darauf absuchte, dass Corto einen Weg gefunden hatte, sie alle mit heiler Haut herauszubringen, schnitt in Lorenzos Seele.
    »Sag überall durch, dass wir einen Ausfall machen. Wir laufen ihnen die erste Gewehrsalve lang und für die Zeit des Nachladens entgegen. Bevor sie wieder schussbereit sind, läuft alles in alle Richtungen auseinander – Hauptsache, weg vom Damm. Jeder ist sich selbst der Nächste, kapiert? Verwickelt sie in Einzelkämpfe, aber verkrallt euch nicht. So ein Haufen bewegt sich schwerfällig. Konrad wird nicht zulassen, dass die Disziplin vergessen wird. Das ist unsere Chance – einzelne Fluchtbewegungen. Wenn sie uns als Ganzes verfolgen, haben wir gewonnen.« Corto machte eine Augenbewegung zum Damm hin, und Verruca verstand. Er wurde noch bleicher. »Sag ihnen, wer draufgeht, ist selber schuld.« Er zögerte. »Nein. Sag ihnen, wenn ich vor ihnen draufgehe, halte ich ihnen die Pforte zur Hölle auf.«
    Verruca nickte. Er machte Anstalten, sich zurückzuziehen. Seine Augen standen voller Angsttränen.
    »Verruca!«, sagte Corto scharf. »Wenn du durch bist, schwingst du deinen Hintern zum Damm rauf. Hilf den Klosterweibern, die Leute über die Furt zu bringen. Hörst du mich? Ich will dich hier herunten nicht sehen.«
    »Aber Corto …«
    »Jemand muss die dämlichen Bauern antreiben, sonst war alles vergebens.«
    »Aber ich …«
    Corto fasste dem jungen Mann unters Kinn und hob sein Gesicht empor. Verrucas Augen flossen über. Seine Schultern zuckten. »Glaubst du, ich tue das, um dich zu verschonen? Deine Aufgabe ist nicht leichter als alles andere. Wenn du versagst, und es säuft auch nur einer von den verdammten Dörflern ab, ziehe ich dir die Haut mit einem stumpfen Messer ab, ist das klar?«
    Verruca erwiderte nichts. Er

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