Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
und Sie hätten jedem schwarz gebänderten Monster, das versuchte, seine Spießgesellen heranzuführen, einen Bolzen hinterherschicken können. Zusammen mit T. G. , dessen Bande von Tagedieben gegen die Schwarze Schar ein Klosterschwesternverein ist, waren wir doppelt so viele wie die anderen.«
»Es ist jetzt zu spät, über Versäumtes zu klagen.«
»Ich habe Sie gestern rechtzeitig darauf hingewiesen«, beharrte Pietro.
Bandini schnaubte, doch er widersprach nicht. Die Fläche vor dem Schilfwald sah friedlich aus. Man hätte sich einreden können, dass nicht innerhalb der nächsten Augenblicke ein verheerender Kampf stattfinden würde.
»Landau hat mir versprochen, dass Clarice Tintori und den Dörflern nichts geschieht.«
»Nun hab ich keine Sorgen«, sang Pietro, »an diesem schönen Morgen.«
Bandini ballte hilflos die Fäuste. Er straffte sich, um zur Dammkrone weiter emporzusteigen.
»Wo ist Niccolò?«, fragte Pietro.
»Keine Ahnung. Irgendwo bei T. G. und seinen Männern.«
»Sie wissen nicht, wo Ihr Stellvertreter ist?«
»Nein«, schnappte Bandini, »und ich bin sicher, dass sein Verbleib dir genauso egal ist wie mir.«
»Er ist ein Arschloch, aber er ist einer von Ihren Männern«, murmelte Pietro. »Wie viel von Ihrer Ehre wollen Sie noch opfern, nur weil Sie glauben, Lorenzo zur Strecke bringen zu müssen?«
Bandini schwieg. Pietros Worte gellten in seinem Hirn nach. Wie viel Ehre hatte Onkel Bernardo geglaubt aufs Spiel setzen zu müssen, um Lorenzo de’Medici zu vernichten? Antwort: jedes einzelne Quäntchen davon. Und er hatte sie zu hundert Prozent verloren. Er wandte sich ab und klomm weiter nach oben, wo Buonarotti sich mit der eingedrückten Nase praktisch auf dem Boden näherte.
»Wenn monna Clarice was passiert, was wollen Sie dann Ser Bianchi sagen?«, fragte Pietro und warf ihm einen Blick über die Schulter zu. »Die Geisel ist tot, der Mann, der sie befreien wollte, ist tot, ein paar Dutzend andere sind auch tot, Mission erfüllt?«
»Leck mich am Arsch«, sagte Bandini resigniert und kletterte weiter.
»Bandini«, rief Pietro. »Warten Sie!«
Bandini hörte nicht auf ihn. Er atmete tief durch, als er auf der Krone des Damms stand. Vor ihm lag der Strom, breit wie das Meer, ein vage schimmerndes, mächtiges Band, eingefasst von den Dämmen hüben und drüben. Der frühherbstliche Morgengeruch eines langsam fließenden Flusses wehte zu ihm – angenehm und unangenehm zugleich. Seine Mutter hatte stets gesagt, wenn der Arno so gerochen hatte: ›Der Fluss riecht nach seinen Toten‹, und sich mit einem Tüchlein die Nase zugehalten. Der kleine Antonio war davon nicht abgestoßen gewesen, ganz im Gegenteil. Der Gedanke faszinierte ihn, dass man all die Menschen, die im Fluss ertrunken waren, an solchen Morgen riechen konnte; dass der Fluss sich an sie alle erinnerte. Dann sah er die dünne Linie grauer Gestalten, die den steilen Abhang des Damms hinter dem Wäldchen zum Fluss hinunterkletterten. Die Linie verschwand oben im Gestrüpp, das am Ufer wucherte, und kam unten wieder daraus hervor, die Wasseroberfläche aufwühlend. Einige waren schon bis zum Bauch im Fluss und wateten langsam in die Strömung hinaus. Ganz weit draußen sah Bandini ein paar, die sich vorwärtskämpften. Manche hielten sich an Pferdeleibern fest. Entweder war der Strom grundsätzlich seicht, oder hier war … eine Furt!
Buonarotti stand plötzlich neben ihm. Bandini spürte die Spitze eines Messers, die sich in seine Kehle drückte. Pietro tauchte an Bandinis anderer Seite auf. Auch er hielt ein Messer in der Hand.
»Das geht schon seit dem ersten Licht so«, sagte Pietro und nickte in Richtung der Fliehenden. »Und es soll unser kleines Geheimnis bleiben.«
Bandini starrte in Pietros Augen und wusste, dass der Mann ihn ermorden würde, wenn es darauf ankam. Zugleich wusste er, dass Pietro innerlich flehte, dass es nicht so weit kam – und dass er an diesem Mord zerbrechen würde. Es hätte eine Schwäche Pietros sein können, doch in diesem Augenblick war es seine Stärke. Bandinis Schultern sanken herab. Pietro blinzelte und ließ die Faust mit dem Messer sinken.
»Es geht los«, sagte Buonarotti, der auf die Ebene vor dem Schilfwäldchen hinunterspähte. Die Blicke der beiden anderen Männer folgten ihm unwillkürlich. Als wären sie aus dem Nichts materialisiert, standen auf einmal Konrad von Landaus Männer auf der Ebene. Sie waren in drei Karrees gestaffelt; die Gruppe im Zentrum trug die
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