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Die Braut des Nil

Die Braut des Nil

Titel: Die Braut des Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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retten,
die der Bürgermeister ihnen auferlegte. Und so hatte er sich geschworen, nicht
ins Dorf zurückzukehren, bis er Gerechtigkeit erlangt hatte.
    Der Fischer
hisste das Segel und fand mit großem Geschick rasch den Wind. Schnell glitt das
leichte Boot über den Strom, über dem noch Nebelstreifen hingen. Genussvoll zog
Kamose die kühle Luft des frühen Morgens ein.
    Ein
Wanderfalke, das Symbol des Gottes Horus, des Beschützers des Pharao, flog weit
oben im hellen Himmel und hielt nach Beute Ausschau, auf die er sich mit
atemberaubender Schnelligkeit stürzen würde. An den Ufern des Nil sammelten
sich Ibisse in funkelnd weißem Federkleid, bevor sie sich auf die Suche nach
Fischen machten.
    »Halt das
Ruder fest in der Hand, mein Junge!«, forderte der Fischer Kamose auf.
    »Aber… das
habe ich doch noch nie gemacht!«
    »Umso besser.
Wenn du Theben entdecken willst, musst du lernen, dich in jeder Situation
zurechtzufinden.«
    »Ich bin Bauer und kein Matrose.«
    »Werde es. Es
wird dir von Nutzen sein.«
    Kamose hatte
sich entschieden, die Reise auf dem Wasserweg und nicht auf der Straße zu
machen. Er war zu alt, um auf einen Esel zu steigen, und zu Fuß zu gehen hätte
zu lange gedauert. Jetzt bedauerte er seine Entscheidung ein wenig. Das Schiff
stampfte, und das Steuerruder entglitt ihm.
    »Halt fest,
halt richtig fest!«
    Der Fischer
mutete dem jungen Mann einiges zu, um ihn herauszufordern. Kamose verweigerte
sich der Anstrengung nicht, und es gelang ihm tatsächlich, das Boot zu steuern,
ohne es zum Kentern zu bringen. Als sie in Sichtweite von Theben kamen,
verhehlte der Fischer nicht, dass er mit seinem Schüler zufrieden war.
    »Du bist noch
kein guter Matrose«, urteilte er, »aber du bist bereits kein Bauer mehr. Viel
Glück, mein Junge!«
    Der Anblick
des thebanischen Gebirges faszinierte Kamose. Der mächtige Westgipfel überragte
das Tal, in dem die Könige Ägyptens begraben waren. Dort waren die Tempel der
Millionen Jahre errichtet worden, in denen die Seelen der mächtigen Herrscher,
die den Ruhm des Landes geprägt hatten, für alle Ewigkeit lebten.
    Kamose ging
am Ostufer ans Land. Hier erstreckte sich die Hauptstadt, das hunderttorige
Theben, hier war der gewaltige Tempel von Karnak errichtet worden, der seit
mehreren Jahrhunderten von einer Dynastie zur nächsten immer prächtiger
ausgestattet wurde.
    Durch diese
Arbeiten erfreuten die Pharaonen den Herrn des Tempels, Amun-Re, den Herrscher
der Götter, der es durch seine Gunst Ägypten ermöglicht hatte, die Eindringlinge
zu vertreiben und blühenden Wohlstand zu erlangen.
    Auf den Kais
herrschte reges Treiben. Die Hafenarbeiter entluden Waren, die von schweren
Booten aus Assuan im Süden und Memphis im Norden hergebracht worden waren.
Syrische Händler handelten mit Stoffen. Mehrmals wurde Kamose von Händlern
angerempelt, die es eilig hatten.
    Inmitten
dieser bunten Menschenmasse, in der er niemanden kannte, fühlte sich der junge
Mann verloren. Natürlich hatte er schon Dorffeste erlebt, aber hier war alles
größer, bunter, lauter, schneller… So groß hatte er sich Theben nicht
vorgestellt, nicht mit so vielen Menschen und Reichtümern.
    Einen Augenblick lang
verspürte er das Bedürfnis aufzugeben, nach Hause zurückzufahren und sich in
sein Schicksal zu fügen. Doch dann wäre er ein Feigling.
    Er wandte sich an einen
Korbverkäufer.
    »Wo befindet
sich der Tempel von Karnak?«
    Der Mann
lachte.
    »Du musst ein
Fremder sein!«
    »Wie auch
immer. Könnt Ihr mir antworten oder nicht?«
    »Das kann
jeder… Geh dort entlang, mein Junge, und lauf immer geradeaus. Du kannst ihn
nicht verfehlen.«
    Kamose
begriff diesen Satz nur wenig später, als er aus einer Gasse heraustrat und den
gigantischen Tempel vor sich sah. Er war geschützt durch eine Umfassungsmauer,
sodass er für Außenstehende unerreichbar war. Im Inneren befanden sich die
Wohnstätten der Götter, die durch gewaltige Tore, die Pylone, voneinander
abgeteilt waren. In den aufeinander folgenden Höfen standen Obelisken, deren
Spitzen den Himmel berührten und deren steinerne Leiber schädliche Energien vertrieben.
    Der junge
Mann betrachtete die im Wind flatternden Wimpel an der Spitze der Masten, die
vor dem großen Pylon standen, welcher den Zugang zum überdachten Tempel
anzeigte.
    Das war
alles, was er sehen konnte. Der Rest war verborgen und allein den Eingeweihten
vorbehalten. Kamose ging einen Weg entlang, der zur Umfassungsmauer des Tempels
führte. Zwei Reihen

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