Die Braut des Scheichs
Soraya ihr sagte. Die Frau ihres Onkels Hassan hatte sie am Abend zuvor angerufen und ihr für diesen Vormittag einen gemeinsamen Stadtbummel vorgeschlagen. Und mochte Xenia ihrem Großvater gegenüber auch noch so viele Vorbehalte hegen, Soraya war wirklich lieb. Man musste sie einfach mögen, auch wenn sie – zweifellos im Auftrag der Familie – bereits vorsichtig versucht hatte, ihr den Sheikh schmackhaft zu machen.
„Deinem Großvater ist klar, dass du sehr enttäuscht sein musst, weil er dich wegen seines Gesundheitszustandes noch nicht sehen kann, Xenia“, hatte sie etwas befangen vorgebracht. „Deshalb hat er auch schon dafür gesorgt, dass ein … Freund der Familie, der … der an dem Hotelkomplex ganz wesentlich beteiligt ist, dir in den nächsten Tagen eine ganz persönliche Führung durch die Anlage geben und dir auch etwas von unserem Land zeigen wird. Du wirst Rashid mögen. Er ist ein sehr charmanter und hochgebildeter Mann.“
Xenia hatte sich eine spitze Bemerkung verkniffen, denn schließlich wusste sie ja längst, wer Rashid war und welche Pläne ihr Großvater hegte … dank Sauds argloser Enthüllungen!
Nach dem gestrigen Vorfall am Strand hatte sie die halbe Nacht wach gelegen, die Szene immer wieder neu durchlebt und sich fassungslos gefragt, wie es überhaupt hatte passieren können. Wie, in aller Welt, hatte sie nur so dumm sein können, sich von einem Mann küssen zu lassen, dessen Namen sie noch nicht einmal kannte?
Übermüdet und gereizt, stand ihr an diesem Morgen überhaupt nicht der Sinn nach einem Einkaufsbummel. Und was, wenn der Surflehrer versuchen würde, sich mit ihr in Verbindung zu setzen? Oder würde er vielmehr erwarten, dass sie am Strand auftauchte und sich ihm an den Hals warf, wie er es von den anderen weiblichen Hotelgästen anscheinend gewohnt war? Bei dem Gedanken wurde ihr übel. Nein, ihre Abmachung lautete, dass er ihr nachsteigen und sie verführen sollte!
Verführen … unwillkürlich jagte ihr ein Schauer der Erregung über den Rücken. Was ihre Tante veranlasste, sich besorgt zu erkundigen, ob es ihr kalt sei.
„Kalt? Hier unter der Wüstensonne?“ erwiderte Xenia lachend.
„Dein Großvater hofft wirklich, dass es ihm bald gut genug geht, dich zu empfangen“, fuhr Soraya fort. „Er freut sich sehr darauf, dich kennen zu lernen, Xenia. Ständig fragt er Hassan und mich, ob du deiner Mutter ähnlich siehst.“
Xenia versuchte, sich von den freundlichen Worten ihrer Tante nicht beeindrucken zu lassen. „Wenn ihn das wirklich interessieren würde, hätte er es längst feststellen können … als meine Mutter noch lebte“, bemerkte sie kühl. Die Versuchung war groß, ihrer Tante zu sagen, dass sie ganz genau wusste, warum ihr Großvater sie nach Zuran eingeladen hatte. Aber sie wollte ihren jungen Cousin nicht in Schwierigkeiten bringen.
Soraya wechselte taktvoll das Thema. „Wie gefällt dir denn die Hotelanlage?“
Warum hätte sie lügen sollen? „Sie ist wirklich … beeindruckend“, räumte sie ehrlich ein. „Allerdings habe ich es noch nicht geschafft, alles zu erkunden. Es ist ja fast wie eine kleine Stadt. Aber das, was ich bisher gesehen habe, ist absolut … atemberaubend.“
Vor allem gefiel ihr der traditionelle Entwurf der miteinander verbundenen Hotel- und Nebengebäude, die zahlreiche geschützte Gartenhöfe einschlossen. Die exotische Obst- und Blütenpracht hier und die sprudelnden Marmorbrunnen erinnerten Xenia an die maurische Architektur Südspaniens und an die Fotos, die ihre Mutter ihr von ihrer Kinderzeit in arabischen Palästen gezeigt hatte.
„Das musst du Rashid sagen, wenn er dich herumführt. Er wird sich freuen. Allerdings kann das noch einige Tage dauern. Dein Großvater hat heute früh Nachricht von ihm erhalten, dass er in einer geschäftlichen Angelegenheit der königlichen Familie fortmusste. Es geht da um ein weiteres Projekt in der Wüste, an dem er arbeitet.“
„Er arbeitet?“ fragte Xenia erstaunt. Nach allem, was Saud ihr erzählt hatte, war sie davon ausgegangen, der für sie ausgewählte zukünftige Gatte wäre zu reich und vornehm, um sich zu einer richtigen Arbeit herabzulassen.
„Aber natürlich!“ erwiderte ihre Tante. „Er ist nicht nur finanziell an dem Hotelkomplex beteiligt, sondern hat ihn auch entworfen, denn er ist ein hoch qualifizierter und gefragter Architekt. Es war der Wunsch seiner Mutter, dass er in England studieren würde, und nach ihrem Tod ehrte sein Vater ihr
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