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Die Braut des Shawnee-Kriegers

Die Braut des Shawnee-Kriegers

Titel: Die Braut des Shawnee-Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lane
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schützend um die Schultern ihrer Nichte. "Kannst du dir denn nicht vorstellen, was sie durchgemacht hat bei diesen Wilden? All die Dinge, die sie Frauen antun!"
    "Bitte!" Clarissa machte sich von ihrer Tante los und stürzte auf ihren Onkel zu. "Mein Mann ist ein Weißer! Sein Name ist Seth Johnson. Aber weil er so lange bei den Shawnee gelebt hat, fürchtet er, dass man ihn für einen Indianer hält. Schick Leute hinaus, die ihn beschützen. Das ist alles, worum ich dich bitte."
    Der Colonel seufzte. "Alles zu seiner Zeit, Liebes. Zunächst einmal müssen wir dich füttern und zu Bett bringen. Du siehst nämlich gar nicht gut aus."
    "Bitte!" Clarissa war völlig außer sich, und der Duft des bratenden Schweinefleischs aus der Küche verursachte ihr Übelkeit. "Er ist nicht weit weg vom Fort, aber jemand muss hinausgehen, und zwar jetzt!"
    "Also gut." Ihr Onkel nahm die Brille ab und rieb seine Hakennase. "Ich schicke einen Sondertrupp hinaus. Ich sage dir allerdings gleich, dass die Männer nicht begeistert sein werden. Es gab in letzter Zeit Gerüchte über höchst unerfreuliche Zusammenstöße mit Indianern – Soldaten, die in einen Hinterhalt gelockt wurden und so. Wenn sie eine Falle wittern …"
    "Um Himmels willen, Benjamin, tu, worum das arme Mädchen dich bittet!" fuhr Tante Margaret dazwischen. "Ich kümmere mich um sie. Sie sieht aus, als würde sie jeden Augenblick …"
    Der Rest ihrer Worte verlor sich in dem schwarzen Wirbel, der Clarissa überspülte. Der Boden öffnete sich zu einem gähnenden Schlund, in dem sie versank. Tiefer und immer tiefer fiel sie, bis sie nichts mehr sah, hörte oder fühlte.
     
    Clarissa erwachte im Bett ihrer Tante, umgeben von dem Duft und dem Rascheln frischer, sauberer Leintücher. Überrascht stellte sie fest, dass sie ein Flanellnachthemd trug, das bis zum Hals zugeknöpft war. Das schwach erleuchtete Zimmer war zum Ersticken warm.
    "Gott sei Dank, du bist wach!" Geschäftig kam Tante Margaret herein. In den Händen trug sie ein Tablett mit einer kleinen Teekanne und dazu passender Tasse aus Porzellan. "Wie fühlst du dich, Liebes?"
    "Ich … ich weiß nicht", murmelte Clarissa, noch immer ganz benommen. "Mein Kleid …"
    "Dieser schmutzige Lederfetzen? Ich habe Molly angewiesen, das Ding im Garten zu vergraben. Die Kleider, die du für deinen Besuch mitgebracht hast, sind noch in deinem Schrankkoffer. Nur sagt mir etwas, dass du sie nicht mehr lange tragen kannst." Sie setzte sich auf die Bettkante. "Clarissa, warum hast du uns nicht erzählt, dass du ein Kind erwartest?"
    "Dazu war keine Zeit." Müde schloss sie die Augen, doch sie riss sie sofort wieder auf. Sie richtete sich kerzengerade auf, und ihr verzweifelter Blick glitt suchend durch das kleine Schlafzimmer. "Mein Mann! Wo ist er?"
    "Schsch!" Tante Margaret legte die Hand fest auf Clarissas Brust. "Leg dich wieder hin. Zu viel Aufregung ist nicht gut für eine Frau in deinem Zustand."
    "Wo ist er? Ich will ihn sehen!"
    Ein langer Schatten fiel über ihr Bett. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde es Clarissa leicht ums Herz, doch als sie aufschaute, war es nur ihr Onkel, der vor ihr stand.
    "Meine Männer haben den ganzen Wald durchkämmt, dort, wo du sagtest, dass dein Mann wartet", erklärte er. "Sie haben keine Menschenseele gefunden. Er ist fort … wenn er überhaupt jemals da war." Skeptisch kniff er die Augen zusammen, als Clarissa ihn mit offenem Mund anstarrte. Sie war so bestürzt, dass sie kein Wort herausbrachte.
    "Etwas haben sie allerdings doch gefunden", fuhr er fort, ohne auf ihre offensichtliche Verzweiflung einzugehen. "Kommt dir das bekannt vor?" Er holte etwas hinter dem Rücken hervor und hielt es ihr hin. Clarissa spürte, wie ihr Herz schneller schlug.
    Es war eine schmale graue Adlerfeder – dieselbe Feder, die Wolf Heart vorhin auf ihre Bitte hin aus seiner Skalplocke gezogen hatte.
    "Gib her!" Sie riss ihrem Onkel die Feder aus der Hand und presste sie zitternd vor Schmerz an ihre Brust. Jetzt ergab alles Sinn … Wolf Hearts Bereitschaft, mit ihr zum Fort zu reiten, sein abwesendes Schweigen unterwegs und schließlich sein hartnäckiges Bestehen darauf, dass sie allein ins Fort ritt. Wieso hatte sie es nicht erkannt? Wie hatte sie sich nur einreden können, dass er sein Volk jemals verlassen würde? Er konnte es nicht, nicht einmal für sie.
    Von Anfang an hatte er alles so geplant. Clarissa geriet mehr und mehr in Wut. Er hatte sie verraten, sie verlassen – und es nicht

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