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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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nicht. So etwas Hässliches hätte ich nicht über ihn sagen sollen“, meinte Temperance.
    „Warum nicht?“, fragte Jack. „Schließlich habt Ihr mich beschrieben, nicht meinen Vater.“
    „Nun …“ Temperance schluckte. Sie spürte, dass sich Jacks Stimmung verändert hatte. Zum ersten Mal lag keine Spur von Humor in seiner Stimme. Er sprach ganz ruhig mit einem leichten Hauch von Resignation.
    „Woher kommt Ihr?“, fragte sie. Die einfache Frage erforderte mehr Mut, als sie erwartet hatte.
    „Gerade jetzt aus Venedig – über Ostende und Dover“, erwiderte er. „Irgendwo unterwegs muss ich meinen Kamm verloren haben.“
    „Venedig! Wirklich?“
    „Ja, wirklich“, sagte er. „Die sinnloseste Jagd, an der ich je teilgenommen habe. Bei dem, was ich erreicht habe, hätte ich genauso gut in London bleiben und die Taschen meines Barbiers füllen können. Wie heißt Ihr?“
    „Temperance“, begann sie, ein wenig verwirrt durch die unerwartete Frage. „Temperance …“
    „Temperance? Euer Name bedeutet Mäßigung?“ Er begann zu lachen. „Ihr tragt den falschen Namen, meine Schöne. Zurückhaltung jeglicher Art scheint Eurem Charakter vollkommen fernzuliegen. Tempest scheint mir weitaus passender zu sein – Ihr seid wie ein Sturm.“

2. KAPITEL
    Samstag, 2. September 1666
    Es war ein warmer, sonniger Nachmittag, als Jack durch die Stadt schlenderte. Alle Geschäfte hatten ihre hölzernen Läden geöffnet, und Jack hatte es nicht eilig. Er blieb stehen, um ein paar freundliche Worte mit der Frau des Goldschmieds zu wechseln, dann ging er ein Stück weiter. Er überragte die meisten anderen Menschen, und nur einen Augenblick später war er dankbar für den Vorteil, den dieser Umstand ihm verschaffte. Denn direkt auf ihn zu kam der letzte Mann, den er in London oder anderswo zu treffen wünschte. Jack versteckte sich im nächsten Laden und sah zu, wie der Earl of Windle an der Tür vorbei und direkt auf St. Paul’s zuging. Seit ihrer Begegnung bei Hofe sechs Monate zuvor hatte er Windle weder gesehen noch gesprochen. Soweit es Jack betraf, durfte die nächste Begegnung ruhig auf sich warten lassen.
    Er verließ den Laden und ging weiter durch Cheapside. Das Herz schlug ihm vor Erwartung schneller, als er sich Temperances Geschäft näherte. Die Begegnung mit der temperamentvollen Tuchhändlerin in der Nacht zuvor hatte ihm gefallen. In vielerlei Hinsicht passten sie sehr gut zueinander. Zum ersten Mal lief er nicht Gefahr, Genickschmerzen zu bekommen, wenn er mit einer Frau sprach. Eine klassische Schönheit war sie nicht, doch von dem Augenblick an, da er sie im Schankraum gesehen hatte, fühlte er sich zu ihr hingezogen. Vor allem gefiel ihm die Art, wie sie ihn in jeder Hinsicht herausforderte. Von all den Frauen, die bei Hofe versuchten, seine Gunst zu gewinnen, unterschied sie sich grundlegend. Er konnte sich nicht vorstellen, wie Temperance ihn mit falschen Schmeicheleien umwarb oder so tat, als stürzte sie ihm zu Füßen, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Für seine Hilfe mit Tredgold hatte sie sich bei ihm bedankt, aber es überraschte ihn nicht, dass sie glaubte, mit den Widrigkeiten in der Taverne selbst fertig werden zu können.
    Beim Näherkommen sah er, dass zwar die Läden geöffnet waren und Stoffe auslagen, Temperance selbst saß hingegen nicht in der Tür. Ein wenig überrascht beschleunigte Jack seinen Schritt.
    „Geh wieder ins Bett, Isaac“, sagte Temperance.
    „Aber Herrin, ich darf mich nicht vor der Arbeit drücken“, widersprach der Junge.
    „Du drückst dich nicht“, erwiderte sie. „Du hast den ganzen gestrigen Nachmittag und den größten Teil der Nacht über Kopfschmerzen geklagt. Geh nach oben und ruh dich aus. Ich erwarte, dass du am Montag doppelt so hart arbeitest.“
    „Ja, danke.“ Obwohl er versuchte, es nicht zu zeigen, sah sie seinem Gesicht an, wie erleichtert er war.
    Isaac wandte sich gerade der Treppe zu, als das Licht, das von der offenen Tür hereinfiel, sich plötzlich verdunkelte. Gleichzeitig drehten sie die Köpfe zu dem Kunden.
    Der Ankömmling hatte das Licht im Rücken, und seine Erscheinung hatte sich, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, in erstaunlicher Weise gewandelt, doch Temperance erkannte Jack Bow sofort.
    „Was habt Ihr mit Eurem Haar angestellt?“ Die Frage war heraus, ehe sie darüber hatte nachdenken können.
    Er lächelte. „Ich habe sie gegen die von jemand anderem getauscht“, erwiderte er und betrat den Laden.

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