Die Braut des Wuestenprinzen
tapfere Menschen ihr Leben wieder auf und errichteten in den Trümmern neue Häuser. Elenor bewunderte den Erfindungsreichtum, mit dem die Menschen aus dem Vorhandenen das machten, was sie brauchten.
Höflich hießen die Bewohner ihre Shahbanu, ihre Königin, willkommen. Sie wussten, dass sie das Land in seiner finstersten Stunde verlassen hatte, das sah Elenor ihnen an. Auch dass sie den jungen Prinzen, ihren eigenen Sohn, verlassen hatte, wussten sie. Aber aus Respekt vor Karim behielten sie ihre Meinung für sich.
„Damals waren sie bereit, mich zu lieben“, sagte Elenor auf dem Heimweg traurig zu Karim. „Aber ich habe alles kaputt gemacht.“
Er sah sie kaum an. „Im Leben dieser Menschen ist viel zu viel zerstört worden, als dass sie sich Gedanken darüber machen würden, dass du sie enttäuscht hast, glaub mir.“ Elenor wusste, das er nicht nur von seinem Volk sprach, sondern vor allem von sich selbst.
Was auch immer passiert war, es gehörte der Vergangenheit an. Sie war bereit, Karims Urteil anzunehmen. Aber es gab genügend Dinge, die sie jetzt tun konnte – und sie wollte sie tun.
Zuerst wollte sie den Palast wieder wohnlich machen.
Um herauszufinden, welche Einrichtungsgegenstände nicht verkauft worden waren, durchkämmte sie den gesamten Palast und brachte alles, was sie finden konnte, in den großen Empfangssaal.
Karim erhob keinen Protest gegen ihr Vorgehen. Genau genommen nahm er es kaum wahr. Mittlerweile war er oberster Befehlshaber der Streitkräfte und der Polizei. Vor allem die kaljukischen Terroristen nahmen ihn in Anspruch. Was immer sie vorhatten, er musste sie fassen, bevor sie ihre Pläne in die Tat umsetzten.
Er fertigte eine Karte an, die verzeichnete, welche Gebäude im Krieg nicht zerstört worden waren und welche noch genutzt wurden. Diese Karte diente zwei Zwecken: Erstens half sie bei der Suche nach den Terroristen. Zweitens ließen sich mit ihr mögliche Ziele eines Anschlags ausmachen.
„Kavi, du brauchst eine Pause“, unterbrach ihn Elenor. Als er den Kopf hob, sah er, dass sie sich mit etwas appetitlich Duftendem über ihn beugte. Er legte den Stift beiseite und streckte sich. Dann schob er einen Stapel Papier zur Seite, um Platz für das Tablett zu machen. Aber Elenor hob das Tablett aus seiner Reichweite. „Eine echte Pause“, erklärte sie. „Lass uns fünf Minuten am Feuer sitzen.“
Widerwillig folgte er ihr zu den Kissen vor dem Kamin. Obwohl sie nur wenig in dem Raum verändert hatte, war er wesentlich einladender als vorher. Sowohl Lichter als auch Schatten wirkten nun weicher. Mit geringen Mitteln hatte sie eine große Wirkung erzielt.
Dankbar sank er ihr gegenüber auf die Kissen und griff nach einer Tasse.
„Hast du sie gefunden?“, erkundigte sich Elenor.
Schweigend schüttelte er den Kopf. Er wollte sie nicht mit seinen Problemen belasten.
„Erzähl …“, bat sie ihn sanft.
Er erinnerte sich an ihre Unterhaltung im Zelt. „Es sieht so aus, als hätten sie sich an dem Ort versteckt, den der Gefangene uns genannt hatte. Aber sie haben scheinbar Angst bekommen und sich ein neues Versteck gesucht. Nun müssen wir nach ihnen suchen.“
„Der Gefangene sah nicht aus wie ein Kaljuke“, meinte Elenor, und Karim nickte zustimmend. Damit hatte sie genau den Punkt erkannt, der die Suche so schwierig machte.
„Ich selbst habe nur Parvaner mit kaljukischem Aussehen als Spione rekrutiert“, verriet er ihr. „Selbstverständlich werden sie es genauso gemacht haben.“
„Und wenn ihr sie nicht findet?“
„Sie wissen, dass wir wissen, dass sie hier sind. Ob sie darum noch schneller zuschlagen werden oder lieber abwarten, bis die Suche nach ihnen eingestellt ist, kann ich nicht einschätzen.
„Golnesah meinte, sie hätten es auf das Parlamentsgebäude abgesehen.“
„Ich habe dort die Sicherheitsstufe erhöht. Aber wenn ich einer von ihnen wäre und wüsste, dass einer meiner Mitstreiter gefangen genommen worden ist, würde ich ein neues Ziel zu suchen.“
„Aber welches?“
Er seufzte. „Wenn ich das nur wüsste.“ Er ließ seinen Kopf auf das Kissen hinter sich sinken. „Von der Stadt ist zwar kaum etwas stehen geblieben, trotzdem habe ich nicht genügend Kräfte, um alle Ziele vor einem Angriff zu schützen. Ich muss mich entscheiden. Was meinst du, Elenor?“ Er hob den Kopf, um sie anzusehen. „Was werden sie auswählen, wenn das Parlamentsgebäude zu gut bewacht ist?“
„Wahrscheinlich etwas, was nicht in ihre
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