Die Braut des Wuestenprinzen
wir, Mama?“, fragte Roshan.
Sie erwiderte: „Dieses Zimmer ist ein ganz besonderes Zimmer. Eines Tages wirst du hier mit deiner Braut die Hochzeitsnacht verbringen, so wie ich und Baba.“ Plötzlich war sie entschlossen, diesen Raum wieder in seinem alten Glanz erstrahlen zu lassen.
„Warum?“
„Weil es schon immer so war.“
„Wie in den Geschichten, die Großvater erzählt?“
„Hat Großvater dir Geschichten erzählt?“
„Ja, viele. Geschichten über unsere Vorfahren und unsere Geschichte.“ Es klang, als hätte der kleine Roshan den Satz auswendig gelernt. „Ich mochte die Geschichten. Kennst du sie auch, Mama?“
Plötzlich erinnerte sie sich schmerzlich an den alten Mann. „Ja, ich kenne die Geschichten. Dein Großvater hat sie auch mir erzählt. Möchtest du, dass ich sie dir noch einmal erzähle?“
„Ja, gern!“
Genau hier hatte sie gestanden, als sie auf die andere Münze getreten war, auf die Münze, die den Tod prophezeite. Später hatte sie geglaubt, dass damals der Tod ihres Kindes vorhergesagt wurde. Aber ihr Kind war nicht gestorben … Sie beugte sich vor, um Roshan zu küssen.
„Dann werde ich sie dir erzählen.“
Plötzlich fiel ihr noch etwas ein. Dallia, die einmal eindringlich geflüstert hatte: „Herrin! Vergesst die Münze nicht! Denkt an die Münze!“
Damals war sie zu krank und erschöpft gewesen, um die Bedeutung der Worte zu verstehen, doch jetzt verstand sie endlich: Es war eine Warnung gewesen.
Die Warnung von jemandem, der Angst hatte, mehr zu sagen.
Sie hatte einen Feind, und Dallia hatte das gewusst und versucht, sie zu warnen.
Wer mochte dieser Feind gewesen sein? Und was hatte er oder sie getan?
„Ich kann nicht glauben, dass du dein Kind zurückgewiesen hast, egal, wie viel Schmerzen du bei der Geburt aushalten musstest“, schrieb Lana entrüstet zurück. „Eine Frau, die so etwas tut, zeigt schon im Alltag Auffälligkeiten. Gut möglich, dass Karim es glaubt, aber er war nicht dabei, oder? Wer hat es ihm erzählt, und warum? Pass bloß auf dich auf!“
Lange blickte Elenor auf den Brief in ihrer Hand. Lana hatte recht. Wenn sie ihr Baby zurückgewiesen hätte, würde sie sich zumindest daran erinnern. Aber das Einzige, woran sie sich erinnerte, waren die Worte: „Er ist tot.“
Das hatte sie sich nicht eingebildet. Sie erinnerte sich an die Wahrheit. Karim hatte man eine Lüge aufgetischt, und er hatte ihr die Lüge weitererzählt.
Puran hatte kaltblütig behauptet, ihr Baby wäre tot. Sie hatte gelogen.
„Wie hast du denn dieses Wunder vollbracht?“, fragte Karim, als er eines Abends heimkam und ihre eigenen Zimmer möbliert vorfand.
„Ich habe das alles von hier und da zusammengetragen. Viel davon kommt aus deinem Jagdzelt, entschuldige …“
„Es ist jetzt wieder gemütlich hier. Ich bin dir sehr dankbar, Nuri.“ Er sah um sich. „Ich hätte das nicht für möglich gehalten. Es sind nicht nur die Möbel. Du hast es geschafft, dass es wieder so ist wie früher. Ein Ort, an dem man die Sorgen des Tages vergessen kann.“
Ihr Herz begann bei seinen Worten heftig zu schlagen, und sie musste sich abwenden, damit er die Tränen nicht sah, die in ihren Augen schimmerten. „Ich bin froh, dass es dir gefällt.“
Sie hätte einen der vier gemeinsam bewohnten Räume zu ihrem eigenen Schlafzimmer machen können, hatte sich aber dagegen entschieden. Stattdessen hatte sie dort ein kleines Büro für Karim eingerichtet, sodass das Wohnzimmer nunmehr ausschließlich der Bequemlichkeit diente.
Dafür hatte sie ein Einzelbett in das riesige Schlafzimmer gestellt. Nacht für Nacht schliefen sie nun wenige Meter voneinander entfernt, aber er berührte sie nie. Und es sah auch nicht so aus, als wenn er es gern wollte.
Während Karim seine Feinde jagte, wandte Elenor sich einem ähnlichen Unterfangen zu. Eines Tages fragte sie Dallia, ob sie sich daran erinnern könne, wie sie damals die Münze gefunden hatte.
„Ja, Herrin, ich erinnere mich!“
„Als ich so krank war, hast du mich vor einem Feind gewarnt.“
Die Zofe senkte den Blick. „Ja, Herrin.“
„Wer war mein Feind, Dallia?“
Keine Antwort.
Im Grunde war es offensichtlich. Jetzt, wo Elenor es allmählich verstand, fragte sie sich, warum sie es nicht schon viel früher geahnt hatte. Jetzt musste sie Beweise sammeln.
15. KAPITEL
Nachdem Elenor mit ihren Arbeiten im Palast fertig war, suchte sie nach einem neuen Betätigungsfeld.
„Karim, ich würde gern etwas
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