Die Braut des Wuestenprinzen
heiraten wirst, sondern obendrein, dass der betreffende Mann eines Tages der König von Parvan sein wird?“
„Ja, genau.“
„Da weiß ich auch nicht weiter“, murmelte Lana hilflos. „Aber warum, Elenor? Ich meine, warum hast du ihnen nichts gesagt?“
„Wenn nichts aus uns geworden wäre …“
„Süße! Mütter lieben es, sich alles haarklein erzählen zu lassen, auch wenn nichts daraus wird. Weißt du das denn nicht?“
„Meine Mutter ist anders“, erwiderte Elenor, und Lana gab auf.
Am Ende schrieb Elenor ihren Eltern einen kurzen Brief. Darin schrieb sie, dass sie sich in einen Parvaner verliebt hätte und ihn wahrscheinlich heiraten würde. Dass sie während ihres Aufenthalts in Shahriallah nach Parvan reisen würde, um seine Eltern kennenzulernen. Und dass sie bald anrufen würde.
Zu Elenors Überraschung war es jedoch ihre Mutter, die anrief – besorgt und gleichzeitig bemüht, sich für ihre Tochter zu freuen. „Studiert er an deiner Universität?“, fragte sie ohne Umschweife.
„Ja. Er macht hier seinen Doktor.“
„Dein Vater sagt, dass Kronprinz Karim von Parvan an deiner Universität studiert. Bist du ihm schon begegnet?“, fragte ihre Mutter weiter.
Elenor verbarg ihre Nervosität hinter einem Kichern.
„Ja“, antwortete sie. Sie hätte wissen müssen, dass ihr Vater bestens informiert war. Er kannte jenen Teil der Welt wie seine Westentasche.
Gleich darauf fuhr ihre Mutter fort: „Dir ist doch klar, dass es ziemlich sicher zum Krieg kommen wird, oder? Dein Vater meint, dass die Universität dieses Jahr eigentlich niemanden mehr nach Kaljukistan schicken dürfte.“
„Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es nicht zu Krieg kommt.“
„Das hoffe ich natürlich auch, aber du weißt, dass dein Vater in solchen Dingen immer Recht behält. Und er meint, niemand würde einen Finger rühren, um einen Krieg zu verhindern – allein schon wegen des Erdöls in Kaljukistan. Schatz, versprich mir, dass du sofort zurückkommst, wenn sich die Lage verschlechtert, ja?“
Darauf antwortete Elenor nicht. Sie würde nicht zurückkommen. Auch dann nicht, wenn Kaljukistan Parvan angriff.
„Eins musst du noch wissen. Dein Vater meint, zwei Gefolgsleute von Prinz Karim seien mit ihm an der Universität. Und ich dachte … nun ja, es sind vermutlich nicht allzu viele Parvaner dort. Falls es einer von ihnen ist, sei bitte vorsichtig, Elenor! Du solltest nicht leichtfertig in eine adelige orientalische Familie einheiraten. Man wird von dir erwarten, dekorativ und nutzlos zu sein.“
„Keine Sorge, das wird nicht passieren. Ich werde mir Arbeit im sozialen Bereich suchen. Weiterbildung für Frauen oder etwas in der Art.“
„Was? Was heißt ‚ich werde‘? Das klingt viel entschiedener als in deinem Brief!“
„Äh … Mom, ich …“
„Es ist schon beschlossene Sache, stimmt’s? Der Besuch ist nicht einfach nur ein Test.“
„Ja, ich wollte es euch schonend beibringen.“
„Ach, Kind. Parvan liegt so weit weg. Na ja, mit etwas Glück werden wir in ein paar Jahren selbst in die Gegend zurückkehren. Langsam gehen mir die Einkaufscenter und die Rund-um-die-Uhr-Berieselung mit Nachrichten hier auf den Geist. Wie heißt er denn, dein Freund? Es ist einer von den Begleitern des Prinzen, oder?“
„Nicht ganz.“
„Was soll das heißen, ‚nicht ganz‘? Entweder er ist einer von ihnen oder …“ Elenor sah förmlich, wie ihre Mutter allmählich begriff. „Oh, nein, Elenor! Du hast nicht … Es ist der Prinz selbst? Prinz Karim? Elenor! Wo ist dein Vater? Alan! Aaaaalaaan!“
Die folgenden Wochen widmeten sie hauptsächlich dem Studium. In der wenigen Zeit, in der sie sich sahen, waren sie meist nicht allein.
Es fing schon an, bevor sie abreisten. Karim verhielt sich zunehmend abgelenkt und ungesprächig. Elenor hatte gehofft, dass sie nach den Prüfungen mehr Zeit miteinander verbringen würden. Doch stattdessen sah sie Karim nun kaum noch. Hätte sie damals schon einen Schlussstrich gezogen, hätte sie alles noch einmal gründlich durchdacht … aber nein, sie war wie berauscht und voller Sehnsucht und Hoffnung.
Vor der Abreise musste er in London etwas im Auftrag seines Vaters zu erledigen – sie akzeptierte das. Auch das Warten und diese neue Art von Einsamkeit akzeptierte sie. Sie empfand diese Einsamkeit tiefer und schmerzlicher als diejenige, die sie aus der Zeit vor ihrer Begegnung kannte. Früher hatte es einfach niemanden gegeben, aber nun fehlte er
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