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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Konditor eine Torte backen lassen, auf der dieselben Worte standen wie auf dem Schild, und für den Abend ein festliches Mahl für drei Personen bestellt, das der Feinkosthändler zur verabredeten Zeit bringen würde.
    Seit dem Morgengrauen, seit Heinrich Wolfram zum ersten Mal aus dem Fenster geschaut hatte, stand ein Streifenwagen auf der Straße vor ihrem Grundstück. Sie hatten das Haus nicht mehr verlassen. Sie waren unruhig von Zimmer zu Zimmer gegangen und hatten nicht mehr gewusst, was sie reden sollten. Und nun saß dieser Kriminalpolizist bei ihnen, der ebenfalls nichts Neues mitzuteilen hatte. Immerhin versuchte er, sie zu beruhigen. Aber er gehörte der Mordkommission an, und schon dieses Wort versetzte sie in Unruhe.
     
    Marthaler hatte den Eltern von Stefanie Wolfram, die beide die siebzig bereits überschritten hatten, die Wahrheit sagen wollen. Er hatte ihnen erzählt, dass sie alles versuchen würden, ihre Tochter zu schützen. Aber auch, dass das schwierig war. Sie hatten ihre Leute am Rhein-Main-Flughafen, am Frankfurter Hauptbahnhof und hier vor dem Haus postiert. Aber sie wussten zu wenig. Sie hatten keine Ahnung, mit welchem Flug Stefanie Wolfram aus Australien oder Neuseeland nach Europa zurückkehren würde. Sie wussten nicht, auf welchem Flughafen sie landen würde. Sie hatte ihren Eltern weder eine Uhrzeit noch den Ort ihrer Ankunft genannt. Seit einer Woche, seit die Polizei von der Ansichtskarte erfahren hatte, riefen sie in regelmäßigen Abständen sämtliche Fluggesellschaften an, um die Passagierlisten überprüfen zu lassen.Aber Stefanie Wolfram war für keinen der Flüge nach Frankfurt gebucht.
    Auch die Bemühungen der australischen Kollegen waren erfolglos geblieben. Ein paarmal waren sie der deutschen Urlauberin sehr nahe gekommen. Mal hatten sie ein Hotel ausfindig gemacht, in dem sie eine Nacht zuvor gewohnt hatte, dann waren sie einem LK W-Fahrer begegnet, der sie ein paar hundert Kilometer weit mitgenommen hatte, aber immer wieder hatte sich ihre Spur verloren. Selbst die Fahndungsmeldung in einer populären Sendung des australischen Fernsehens hatte nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt. Zwar hatte es zahllose Hinweise gegeben, aber entweder erwiesen sie sich als falsch oder aber sie kamen zu spät.
    «Ich weiß», sagte Marthaler, der inzwischen seine dritte Tasse Kaffee auf der Terrasse der beiden Alten trank, «ich weiß, dass meine Kollegen Sie das schon alles gefragt haben. Trotzdem möchte ich mit Ihnen noch einmal über Gabriele Hasler sprechen. Ihre Tochter war eng mit ihr befreundet. Irgendetwas muss sie von ihr erzählt haben. Die beiden haben zusammengewohnt. Sie haben zusammen studiert. Dann erzählt man seinen Eltern doch von einem solchen Menschen.»
    Die beiden sahen einander kurz an. Dann schauten sie fast gleichzeitig auf den Tisch. Sie schwiegen. Aber jetzt hatte Marthaler gemerkt, dass er einen wunden Punkt berührt hatte. Es gab ein Geheimnis, das er in Erfahrung bringen musste.
    «Bitte», sagte er. «Es geht nicht nur um Gabriele Hasler. Es geht um die Sicherheit Ihrer Tochter.»
    Endlich nickte Heinrich Wolfram. Es dauerte noch einen Moment, bis er sprach, aber endlich setzte er an. «Es stimmt», sagte er. «Die beiden haben zusammengelebt. Die Wohnung gehörte mir, ich habe sie Stefanie gleich zu Beginn ihres Studiumszur Verfügung gestellt und ihr später überschrieben. Irgendwann zog Gabi dort ein, Gabriele Hasler. Wir wussten es, auch wenn wir es nicht billigten. Stefanie sollte nicht in einer Wohngemeinschaft leben. Sie sollte den Platz für sich haben, das war der Sinn der Sache. Einmal war ich mit meiner Frau in Frankfurt zum Einkaufen. Wir wollten Steffi nur kurz hallo sagen, und so sind wir unangekündigt in die Wohnung gekommen. Ich merkte, dass dieser Besuch unserer Tochter unangenehm war. Wir hatten beide das Gefühl, dass sie uns rasch wieder loswerden wollte. Und dann erfuhren wir auch den Grund.»
    Heinrich Wolfram machte eine Pause und nippte an seiner leeren Kaffeetasse. «Bitte», sagte Marthaler, «erzählen Sie weiter. Was war der Grund?»
    «Wir hörten Stimmen aus dem Nachbarzimmer. Einen Mann und eine Frau. Es gab Streit. Etwas wurde umgestoßen, und die Frau, Gabriele Hasler, schrie den Mann an. Sie schrie ihn mit ganz unflätigen Worten an. Es ging um Geld, um angemessene Bezahlung. Dann verließ der Mann mit lautem Gepolter die Wohnung. Gabi kam aus ihrem Zimmer, sie war fast nackt. Sie war erschrocken, uns zu sehen.

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