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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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sicher eine Amme, dachte er. Und als er den Mund öffnete, floß das Hebräische mit unheimlicher Leichtigkeit von seiner Zunge.
    » Schalom, Rebbe «, sagte er leise.
    Der Rabbi drehte sich langsam um und sah ihn an. » Schalom, mein Sohn. «
    » Dürfte ich Euch eine Frage stellen? Ich bin ein Reisender, der Rat sucht. «
    » Wenn ich einen weiß … «
    Doch seine Worte wurden vom plötzlichen Stöhnen des anderen älteren Mannes unterbrochen, der sich umgedreht hatte und nun wachsamen Blicks dem großgewachsenen Eindringling gegenüber stand. Auf unsicheren Füßen tappte er durch den Sand und ein paar Schritte vorwärts. Er hielt sich mit einer Hand an dem hölzernen Geländer fest und sah in dem dämmrigen Licht blinzelnd nach dem Neuankömmling. Dann flüsterte er mit brüchiger, zitternder Stimme: » Alejandro? «
    Alejandro dachte einen Moment lang, Gott habe ihm befohlen, auf seine Zunge zu verzichten; er konnte sie nicht bewegen. Sein Mund war staubtrocken. Doch schließlich brachte er trotz seines Schocks das eine Wort heraus, das gesagt werden mußte.
    » Vater? «
    Der alte Mann begann zu wanken, also eilte er vorwärts, um ihn zu stützen. Und dann, das Kind noch immer an der Brust, nahm er den Greis in seine zitternden Arme, und heiße Freudentränen strömten unaufhaltsam über seine Wangen.
     
    D as Baby Guillaume Karle schrie aus Leibeskräften, als ihm geschah wie den Söhnen Israels seit Hunderten von Jahren; es wurde Gott ein Stückchen von seiner Männlichkeit geopfert, wofür Gott ihm versprach, sich stets an ihn zu erinnern. Und obwohl das Kind nicht Alejandros leiblicher Sohn war, hatte der Rabbi entschieden, daß nichts damit gewonnen wäre, diesen Umstand zu seinen Ungunsten auszulegen. Er ist noch ein Säugling, sagte der weise Mann. Wir werden ihn lehren, ein guter Jude zu sein.
    Und als die kurze Zeremonie vorüber war, brachte Alejandro Guillaume zu einer Frau in der Nähe, einer jungen Witwe mit einem eigenen, soeben entwöhnten Kind, die noch reichlich Milch für Kates Kleinen übrig hatte.
    » Ach, Leah «, sagte Alejandro lächelnd, als er ihr das Kind übergab, » Ihr wirkt Wunder! Seht nur, wie er in Eurer Obhut aufblüht! «
    Sie wiegte den Säugling in den Armen und spürte sein warmes Gewicht an ihrem Körper. Alejandro bemerkte die Hingabe, mit der die Frau Guillaume hielt, fast als habe sie ihn selbst geboren.
    » Er scheint ganz aus Hunger zu bestehen «, bemerkte Leah.
    » Aber ich glaube, er ist zufrieden. Jetzt schläft er tief. «
    Und Alejandro ertappte sich bei dem Gedanken, daß ein Mann selbst im zarten Kindesalter Arme erkennt, die ihn willkommen heißen …
    Ein letztes Lächeln tauschte er mit der erstaunlichen jungen Witwe, als der Rabbi sich ihnen näherte. Scheuen Blicks zog sie sich zurück, Guillaume an die Brust gedrückt.
    » Für Euch ist ein Brief eingetroffen «, sagte der alte Mann. Er zog eine Rolle aus dem Ärmel seines Gewands und reichte sie Alejandro.
    S o bald? dachte dieser, als er sie entgegennahm. Seine Hände zitterten.
    De Chauliacs elegante Schrift auf dem Pergament erschien fest und klar. Die Buchstaben waren ebenso kühn und wohlgeformt wie ihr Verfasser. Mit Elizabeths roter Tinte hatte er Schnörkel hinzugefügt, ein unverkennbares Zeichen seiner Wertschätzung. Alejandro konnte nur hoffen, daß die Nachrichten, die der Brief enthielt, ebenso angenehm waren wie seine Niederschrift. Er holte tief Luft und las.
     
    M ein lieber Kollege , m öge diese Nachricht sowohl Euch als auch Euren Enkel in Sicherheit und bei guter Gesundheit antreffen.
    Prinz Lionel und Lady Elizabeth haben Kate in ihren Haushalt aufgenommen, natürlich gegen den Willen des Mädchens. Sie muß sich erst noch ganz von der Niederkunft erholen, aber die Irin ist an ihrer Seite und kümmert sich pünktlich um sie. Seit Eurer Abreise habe ich dreimal nach ihr gesehen. Am ersten Tag delirierte sie fast vor Angst und litt an hohem Fieber, bis ich ihr unter vier Augen versicherte, daß Eure Flucht gelungen sei. Außerdem hütet sie sorgfältig ihren Stoffbeutel als Andenken an Euch.
    Der junge Chaucer ist außer sich vor Kummer über Eure Situation – obwohl ich nicht weiß, warum! Er scheint sich vage als mitschuldig zu empfinden, was er nach meiner Meinung aber nicht ist. Der Junge nimmt sich Eure Lage sehr zu Herzen und ist beinahe zu meinem Komplizen geworden. Durch ihn weiß ich, daß davon gesprochen wird, Kate nach England zurückzubringen; wann dies geschehen

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