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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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sagte er, und sie hörte, dass er angefangen hatte zu weinen. »Schluss, Schluss, Schluss! «
    Sie huschte wieder ins Schlafzimmer und zog die Decke über sich. Kurz darauf öffnete er die Tür und kam herein. Er war dabei so laut, dass sie darauf reagieren musste, aber sie bemühte sich darum, schläfrig und überrascht zu klingen.
    »Mein Schatz«, sagte sie und hob den Kopf. »Ist alles in Ordnung?«
    Er antwortete nicht.
    »Joel?«, sagte sie. »Was ist los?«
    Sie sah, wie er auf sie zukam, und erschrak. Er setzte sich auf die Bettkante und berührte ihre Haare.
    »Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe«, sagte er. »Aber ich habe dir niemals ernsthaft weh getan. Nicht richtig.« Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte, und meinte ins Badezimmer rennen zu müssen, damit sie sich nicht nass machte. Es waren die letzten beiden Worte. Nicht richtig  – als wäre nichts dabei, wenn man jemandem ab und zu ein bisschen weh tat, allerdings nur, wenn er es verdiente, nur wenn das neugierige kleine Miststück Fragen stellte, die es nicht stellen sollte, oder Schnüffler in die Küche ließ. Nur dann. Und die Strafe entsprach dem Vergehen, und später konnte sie für ihn die Beine breit machen, worauf sie sich wieder versöhnten, und alles wäre wieder in Ordnung, weil er sie liebte, und Menschen, die einander liebten, machten das so.
    »Als ich dich geschlagen habe«, fuhr er fort, »das war nicht ich. Es war irgendwas anderes. Es war, als wäre ich eine Marionette, und jemand hat an den Fäden gezogen. Ich will dir nicht weh tun. Ich liebe dich.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie und bemühte sich darum, dass ihre Stimme nicht bebte, was ihr nur fast gelang. »Mein Schatz, was ist los?«
    Er beugte sich zu ihr, und sie spürte seine Tränen, als er seine Wange an ihre legte. Sie schlang die Arme um ihn.
    »Ich hatte einen schlechten Traum«, sagte er, und sie meinte das Kind zu hören, das in ihm steckte. Sie blickte zu ihm hinab, und sah, dass er sie anstarrte, und einen Moment lang war sein Blick so kalt und argwöhnisch, ja beinahe belustigt, dachte sie, als ob sie beide ein Spiel spielten, aber nur er die Regeln kannte. Dann war es verschwunden, und er schloss die Augen und kuschelte sich an ihre Brüste. Sie hielt ihn fest, obwohl sie ihn am liebsten weggestoßen hätte, um davonzulaufen und nie wieder zurückzukehren.
    Stress schlägt aufs Gemüt, das kapierten sie nicht, die Leute daheim, diejenigen, die nicht dort gewesen waren. Nicht mal bei der Army kapierten sie es, jedenfalls nicht, bis es zu spät war. Nimm ein bisschen Urlaub, sagten sie. Halte dich an deine Familie. Schlaf mit deiner Freundin. Beschäftige dich. Such dir einen Job, sorge für ein geregeltes Alltagsleben, finde zur Normalität zurück.
    Aber das konnte er nicht, selbst wenn seine Beine nicht auf halber Höhe der Oberschenkel enden würden, denn Stress ist wie ein Gift, ein Toxin, das durch den Körper wandert, doch nur ein lebenswichtiges Organ angreift: das Gehirn. Er konnte sich noch daran erinnern, wie er mit dreizehn, kurz bevor sein Vater starb, in einen Autounfall auf der Route 1 geriet. Es war kein schlimmer Crash – ein Pick-up hatte eine rote Ampel überfahren und die Beifahrerseite ihres Autos gerammt. Er war auf dem Rücksitz gewesen, auf der Fahrerseite. Es war reines Glück. An diesem Straßenabschnitt gab es eine Autohandlung, vor der bei schönem Wetter immer eine Reihe toller alter Autos stand. Er schaute sie sich gern an und stellte sich vor, wie er am Lenkrad der schönsten saß. Normalerweise hätte er auf der Beifahrerseite gesessen, damit er mit seinem Dad reden konnte, und wer weiß, was dann passiert wäre. Stattdessen waren sie alle beide heftig durchgerüttelt worden, und er hatte von den herumfliegenden Glassplittern ein paar Schnitte abbekommen. Hinterher, als der Abschleppwagen weg war und die Cops aus Scarborough sie heimfuhren, war er blass geworden, hatte angefangen zu zittern und sein Frühstück ausgekotzt.
    So etwas bewirkt Stress. Man wird krank davon, körperlich und seelisch. Und wenn du ständig in Stresssituationen gerätst, Tag für Tag, unterbrochen von Zeiten, in denen du dich langweilst, Spiele spielst, dich ein bisschen aufs Ohr haust oder die obligatorische Karte pro Monat schreibst, damit die Liebsten und die nächsten Anverwandten wissen, dass du noch lebst, und wenn kein Ende in Sicht ist, weil der Auslandseinsatz ständig verlängert wird, dann werden die Neuronen so

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