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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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den letzten Wochen hatte er sich so verändert. Andererseits veränderten sich vermutlich alle Männer, wenn sie bekamen, was sie wollten. Sie waren nicht mehr ganz so fürsorglich wie vorher, nicht mehr so zuvorkommend. Es war, als legten sie sich eine Fassade zu, um Frauen anzulocken, und streiften sie dann allmählich ab, sobald sie es geschafft hatten. Bei manchen ging es schneller als bei anderen, und sie hatte weiß Gott schon Männer erlebt, die unversehens von Lämmern zu Wölfen wurden, aber er hatte sich nur allmählich verändert, und das war irgendwie noch beunruhigender. Anfangs war er nur zerstreut gewesen. Er redete nicht mehr so oft mit ihr, und manchmal blaffte er sie an, wenn sie sich unbedingt mit ihm unterhalten wollte. Sie hatte geglaubt, es habe etwas mit seinen Verletzungen zu tun. Manchmal tat ihm die linke Hand weh. Er hatte im Irak zwei Finger verloren und hörte auf dem linken Ohr nicht mehr so gut. Er hatte Glück gehabt. Die anderen Jungs, die der Sprengsatz erwischt hatte, waren nicht durchgekommen. Er redete nur selten darüber, was vorgefallen war, aber sie wusste genug. Er war oft weg, fuhr seinen Truck, und da waren noch seine Kameraden vom Militär, die früher immer zu ihnen nach Hause gekommen waren, aber jetzt nicht mehr. Sie redeten nicht viel mit ihr, und vor einem von ihnen, Paul Bacci, gruselte ihr, weil er immer den Blick über ihren Körper schweifen, ihn bei ihren Brüsten und am Unterleib verweilen ließ. Wenn sie kamen, schloss Joel die Wohnzimmertür, und sie hörte nur ihr gedämpftes Stimmengewirr durch die Wände, als wären Insekten in einer Schuhschachtel gefangen.
    »Joel?«
    Keine Antwort. Sie wollte nach ihm suchen, hatte aber Angst. Sie hatte Angst, weil er sie wieder geschlagen hatte. Es war geschehen, als sie ihn wegen seiner Verletzungen fragen wollte, nachdem sie die Badezimmer geöffnet und gesehen hatte, wie er Salbe auf die Brandwunden an seinen Händen und das schreckliche Loch in seinem Gesicht geschmiert hatte. Statt ihr zu antworten, hatte er seinerseits eine Frage gestellt.
    »Warum hast du mir nicht erzählt, dass du Besuch gehabt hast?«, hatte er gesagt, und es hatte einen Moment gedauert, bis sie begriffen hatte, dass er Parker meinte, den Detektiv. Woher konnte er das wissen? Als sie versuchte, sich eine passende Antwort zurechtzulegen, schlug er auch schon mit der rechten Hand zu. Nicht heftig, und er wirkte fast genauso erschrocken darüber wie sie, aber nichtsdestotrotz war es eine Ohrfeige gewesen, die sie an der linken Wange erwischte und rückwärts an die Wand torkeln ließ. Es war anders als beim ersten Mal – das war ein Ausrutscher gewesen. Davon war sie überzeugt. Diesmal aber wirkte es brutal und gehässig. Er hatte sich entschuldigt, kaum dass es passiert war, aber da rannte sie bereits ins Schlafzimmer, und es dauerte ein paar Minuten, bis er ihr folgte. Er versuchte mit ihr zu reden, aber sie wollte nicht zuhören. Sie konnte nicht zuhören, weil sie so heftig weinte. Irgendwann nahm er sie einfach in die Arme, und sie spürte, wie er neben ihr einschlief, und nach einer Weile schlief auch sie ein, denn dann musste sie nicht darüber nachdenken, was er gerade getan hatte. Er weckte sie mitten in der Nacht, um ihr noch einmal zu sagen, wie leid es ihm täte, strich mit seinen Lippen über ihre, erkundete mit den Händen ihren Körper, und sie hatten sich wieder versöhnt.
    Aber nein, das hatten sie nicht, nicht richtig. Sie hatte es seinetwegen getan, nicht ihretwegen. Sie hatte nicht gewollt, dass er sich schlecht fühlte, und sie hatte nicht gewollt, dass er … ihr weh tat .
    Ja, das war es. Das war das Schreckliche daran.
    Als sie jetzt in der Dunkelheit lag, wurde ihr klar, dass sich ihr Blick auf ihn ebenso verändert hatte wie er. Sie hatte gewollt, dass er ein anständiger Mann war oder zumindest besser als einige von denen, mit denen sie vor ihm gegangen war, aber insgeheim glaubte sie jetzt, dass er es nicht war, nicht wirklich, nicht, wenn er sie so schlagen konnte, nicht, wenn er sich so sehr veränderte. Er war nicht mehr behutsam, wenn er mit ihr schlief. Er hatte ihr sogar ein bisschen weh getan, als er sie vorhin geweckt hatte, und als sie ihn gebeten hatte, etwas zärtlicher zu sein, hatte er einfach aufgehört, sich umgedreht und ihr den Rücken zugekehrt.
    »Ich rede mit dir«, hatte sie gesagt und an seiner Schulter gezogen, damit er sie anschaute. Sie hatte gespürt, wie er sich anspannte, dann hatte er

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