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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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eine kleine Melone, unter der Strähnen einer schmuddeligen roten Perücke hervorlugten. Spinnweben hingen in den künstlichen Haaren, und Herod meinte die Umrisse von Spinnen zu erkennen, die darin herumkrochen. Seine Unterarme lagen auf den Armstützen des Sitzes, und die Hände waren größtenteils von den fleckigen weißen Handschuhen verdeckt, von den Fingerspitzen einmal abgesehen, wo sich die spitzen, geschwärzten Nägel durch den Stoff gebohrt hatten. Er trommelte rhythmisch mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand, er hob und senkte sich wie ein mechanischer Apparat, der ein ums andere Mal aufgezogen und dann losgelassen wird. Das Gesicht des Käpt’ns war weiß geschminkt, der Mund groß und rot, mit nach unten gezogenen Winkeln. Er hatte rote Rougetupfer auf den Wangen, aber die Augenhöhlen waren schwarz und leer. Der Käpt’n starrte wie gebannt geradeaus und bewegte nur den Finger.
    Der Wagen war voll, doch der Platz des Käpt’ns, der allem Anschein nach nicht besetzt war, blieb frei, desgleichen der Sitz neben Herod, so als ob sich etwas von der Aura des Käpt’ns über den Gang ausgebreitet hätte. Die Frau, die auf dem Fensterplatz neben dem Käpt’n saß, war alt, und Herod sah, wie ihr im Laufe der Fahrt immer unbehaglicher wurde. Sie rutschte auf ihrem Sitz herum. Sie versuchte den Arm auf die gemeinsame Lehne zu legen, ließ ihn aber nur ein, zwei Sekunden dort, bevor sie ihn wieder wegzog und sich unwirsch die Haut rubbelte. Manchmal rümpfte sie die Nase und verzog unwirsch das Gesicht. Sie fasste sich an die Haare und ins Gesicht, und als Herod auf ihr Spiegelbild blickte, sah er, dass sich einige Spinnen des Käpt’ns auf ihren grauen Strähnen niedergelassen hatten. Schließlich nahm sie ihren Mantel und die Tasche und begab sich in einen anderen Waggon. Nach jedem Halt kamen neue Fahrgäste in den Wagen, und einige blieben bei den freien Plätzen stehen, doch irgendein atavistischer Instinkt sorgte dafür, dass sie weitergingen.
    Und die ganze Zeit saß der Käpt’n da und trommelte mit dem Finger …
    Am neuen Bahnhof von Portland stieg Herod aus. Er konnte sich noch an die alte Union Station erinnern, wo einst die Züge aus Boston endeten. Wann hatte er zum letzten Mal einen genommen? 1964, meinte er. Ja, es war mit Sicherheit 1964 gewesen. Er konnte sich den silbernen Wagen mit dem ineinander verschlungenen blauen B und dem weißen M regelrecht vorstellen. Dass jetzt wieder ein Zug zwischen Boston und Maine verkehrte, freute ihn, auch wenn er sich zu einem anderen Bahnhof begeben musste.
    Er nahm ein Taxi zum Flughafen, um einen Mietwagen abzuholen. Er hatte ihn wie seine Zugfahrkarte nicht unter seinem Namen reserviert. Stattdessen reiste er unter dem Namen Uccello. Herod benutzte immer den Namen eines Renaissancekünstlers, wenn er sich ausweisen musste. Er hatte Führerscheine und Pässe auf den Namen Dürer, Brueghel und Bellini, aber er hatte eine besondere Vorliebe für Uccello, einen der ersten Künstler, der bei seinen Gemälden die Perspektive benutzte. Herod gefiel die Vorstellung, dass auch er einen Sinn für die Perspektive hatte.
    Der Käpt’n war nicht mehr bei ihm. Der Käpt’n war … woanders . Herod fuhr nach Portland und fand die Bar, die einem gewissen Jimmy Jewel gehörte. Er parkte hinter dem gegenüberliegenden Gebäude und steckte seine Schusswaffe in die Tasche seines Mantels, bevor er sich zur anderen Seite des Piers begab. Die Bar war offenbar geschlossen, und er sah drinnen keinerlei Lebenszeichen. Als er durch das Fenster schaute, kehrte der Käpt’n zurück, eine bunte Gestalt, die sich im Glas spiegelte. Einen Moment lang stand er mit seinem starr nach unten gezogenen Mund da, dann drehte er sich um und lief zur Rückseite der Bar. Herod folgte dem Käpt’n, der auf den Fensterscheiben zu sehen war, als werde ein Film zu langsam projiziert, so dass man die einzelnen Bilder sehen konnte. An der Hintertür kniete sich Herod hin und musterte die Treppe. Er berührte mit den Fingern die Blutflecke, dann starrte er einen Moment lang auf die Tür, nickte und wandte sich ab.
    Er saß wieder im Auto und wollte gerade den Motor anlassen, als er etwas Kaltes an seinem Unterarm spürte. Er blickte nach rechts und sah im Beifahrerfenster das Abbild des Käpt’ns, der ihn mit der linken Hand festhielt und dessen Nägel sich anfühlten wie die Stachel von Insekten. Der Käpt’n hatte den Blick auf die Bar gerichtet. Ein Mann stand an der Vordertür und

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