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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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sich umgedreht, und sein Gesichtsausdruck hatte sie so erschreckt, dass sie die Hand sinken ließ und so weit von ihm abrückte, wie es ihr Bett zuließ. Einen Moment lang war sie davon überzeugt gewesen, dass er sie wieder schlagen würde, doch er hatte es nicht getan.
    »Lass mich in Ruhe«, hatte er gesagt, und sie meinte etwas in seinem Blick zu bemerken, das beinahe Angst hätte sein können, und sie hatte das Gefühl, dass er sowohl mit ihr als auch mit jemand anderem hätte sprechen können, einem unsichtbaren Wesen, das nur er wahrnahm. Dann war sie eingedöst und hatte geträumt. Es war kein richtiger Alptraum gewesen, doch sie war beunruhigt. Sie steckte in einem engen Raum, fast wie in einem Sarg, aber er war größer und kleiner zugleich, was sie nicht verstand. Sie rang nach Luft, und ihr Mund und die Nase füllten sich mit Staub.
    Am schlimmsten aber war, dass sie nicht allein war. Ein Wesen war bei ihr, und es flüsterte. Sie konnte nicht verstehen, was es sagte, und war sich nicht einmal sicher, ob die Worte für sie bestimmt waren, aber es hörte nicht auf zu sprechen.
    Ein Geräusch drang von unten herauf, ein seltsamer Laut, der nicht recht in das dunkle Haus passte. Es war ein Kichern, das sofort erstickt wurde. Es hatte etwas Kindliches an sich, aber auch etwas Unangenehmes. Es war wie ein jäher Heiterkeitsausbruch über ein bestimmtes Wort oder ein Verhalten, das eher erschreckend als komisch war. Es war, als lache jemand über etwas, über das man nicht lachen sollte.
    Vorsichtig schlug sie die Zudecke zurück und stellte die Füße auf den Boden. Die Dielen knarrten nicht. Joel hatte den Großteil der Arbeit am Haus selbst gemacht, und er war stolz darauf, wie solide es war. Sie tappte über den Teppichboden und schob die Tür einen Spalt breiter auf. Jetzt hörte sie Geflüster, aber es war seine Stimme, nicht die Stimmen der anderen, nicht die aus ihrem Traum. Die anderen . Das war ihr vorher nicht bewusst geworden. Es war nicht einer, sondern mehr als einer. Es waren viele Stimmen, die alle in der gleichen Sprache redeten, aber unterschiedliche Wörter gebrauchten.
    Sie ging zum obersten Treppenabsatz, kniete sich hin und blickte durch das Geländer. Joel hockte im Schneidersitz vor der Kellertür, hatte die Hände im Schoß liegen und spielte mit seinen Fingern. Er erinnerte sie an einen kleinen Jungen, und sie hätte bei seinem Anblick beinahe gelächelt.
    Beinahe.
    Er unterhielt sich mit jemandem auf der anderen Seite der Kellertür. Er schloss diese Tür immer ab. Es störte sie nicht übermäßig, anfangs nicht. Sie war in der ersten Woche, nachdem sie hier eingezogen war, mit ihm unten gewesen und hatte ihm geholfen, Farbe hochzutragen, und es war ihr vorgekommen, als herrschte dort unten das übliche Durcheinander aus Kartons, Schrott und alten Geräten. Seitdem war sie nur selten unten gewesen und immer mit Joel. Er hatte ihr nicht verboten, den Keller zu betreten. Dazu war er zu schlau, und außerdem hatte sie keinen Grund dazu. Außerdem hatte sie dunkle Räume noch nie gemocht, deswegen beunruhigte ihr Traum sie vermutlich so sehr.
    Sie hielt die Luft an, als sie nach unten blickte, und bemühte sich darum zu verstehen, was er sagte. Er flüsterte, aber sie hörte keine Erwiderung auf seine Worte. Stattdessen sprach er einen Moment lang und lauschte dann, bevor er etwas entgegnete. Manchmal nickte er stumm, als ginge er auf einen Einwand ein, den nur er hören konnte.
    Wieder kicherte er, hielt sich dabei die Hand vor den Mund und unterdrückte das Geräusch. Er schaute dabei unwillkürlich nach oben, doch sie war in der Dunkelheit verborgen.
    »Das ist böse«, sagte er. »Du bist garstig.«
    Dann schien er wieder zuzuhören. »Ich hab’s versucht«, sagte er. »Ich kann es nicht. Ich weiß nicht, wie das geht.«
    Er schwieg wieder. Sein Gesicht wurde ernst. Sie hörte, wie er schluckte, und meinte selbst von hier oben aus seine Angst zu spüren.
    »Nein«, sagte er entschieden. »Nein, das mach ich nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, bitte. Ich mach’s nicht. So was kannst du nicht von mir verlangen. Das kannst du nicht.«
    Er hielt sich die Ohren zu, als wollte er sich irgendetwas nicht anhören, das nur er mitbekam. Er stand auf, ohne die Hände von den Ohren zu nehmen.
    »Lass mich in Ruhe«, sagte er und hob die Stimme. »Hör auf. Hör auf zu flüstern. Du musst mit dem Geflüster aufhören.«
    Er schlug an die Wand, als er die Treppe hochstieg.
    »Hör auf«,

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