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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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aber einfach das Gefühl, dass man in solcher Umgebung nur vorübergehend bleiben sollte, auch wenn Eileen, eine der Bedienungen, schon seit fünfzehn Jahren dort wohnte. Karen hatte das nicht vor, zumal man dort aufgrund von Mr Patchetts altmodischen Vorschriften wie eine alte Jungfer leben musste, weil sich in den Schlafquartieren keine Männer aufhalten durften. Zuerst hatte sie gemeint, Damien könnte ein Ausweg sein, aber er hatte sich nicht für sie interessiert. Sie hatte sogar gedacht, er wäre womöglich schwul, doch Eileen hatte ihr versichert, dass dem nicht so sei. Er habe zwischen zwei Auslandseinsätzen ein Techtelmechtel mit einer ehemaligen Hostess gehabt, und viele hätten gemeint, es könnte etwas Dauerhaftes werden, aber sie habe keine Soldatenfrau werden wollen, und erst recht keine Soldatenwitwe, und deshalb sei nichts daraus geworden. Karen hatte gedacht, dass es Mr Patchett vielleicht ganz gern gesehen hätte, wenn sie und Damien ein Paar geworden wären. Und als Damien für immer nach Hause kam, hatte sein Vater alles versucht, um sie beide zusammenzubringen, hatte Karen zum Essen bei ihnen eingeladen oder sie mit Damien losgeschickt, um einzukaufen und mit den Lieferanten zu reden. Aber inzwischen hatte sie sich bereits mit Joel getroffen, den sie durch Damien kennengelernt hatte. Als sie sich zum ersten Mal von Joel von der Arbeit hatte abholen lassen, hatte sie Mr Patchetts enttäuschte Miene gesehen. Er hatte nichts gesagt, aber es war unübersehbar gewesen, und seither war er ihr gegenüber nicht mehr besonders locker. Als sein Sohn starb, war ihr sogar der Gedanke gekommen, er glaube möglicherweise, dass sie in gewisser Weise schuld daran sei, denn wenn er jemanden gehabt hätte, aus dem er sich etwas machte und der sich seinerseits etwas aus ihm machte, hätte er sich nicht das Leben genommen. Vielleicht hatte er deshalb den Detektiv engagiert: Weil Mr Patchett wütend auf sie war, weil sie mit Joel ging, es aber an Joel ausließ, nicht an ihr.
    Joel verdiente mit seinem Truck viel Geld, mehr als ein selbständiger Lastwagenfahrer ihrer Meinung nach verdienen konnte oder sollte. Meistens fuhr er dabei über die kanadische Grenze. Sie hatte von ihm mehr über diese Fuhren erfahren wollen, worauf er ihr erklärt hatte, dass er alles befördere, was befördert werden müsste, aber die Art und Weise, wie er es gesagt hatte, machte ihr klar, dass er dieses Gespräch weder führen noch fortsetzen wollte, worauf sie das Thema hatte fallen lassen. Trotzdem wunderte sie sich …
    Aber sie liebte Joel. Das war ihr schon zwei Wochen nachdem sie ihn kennengelernt hatte, klar geworden. Sie wusste es einfach. Er war stark, er war liebenswürdig, und er war älter als sie, deshalb verstand er mehr von der Welt, und sie fühlte sich bei ihm geborgen. Er hatte eine eigene Bude, und als er sie gefragt hatte, ob sie bei ihm einziehen wollte, hatte er kaum den Satz zu Ende gebracht, als sie auch schon ja gesagt hatte. Außerdem war es ein Haus, nicht irgendeine Wohnung, wo ihnen die Decke auf den Kopf gefallen wäre und sie einander auf die Nerven gegangen wären. Sie hatten jede Menge Platz: zwei Schlafzimmer im Obergeschoss, eine kleinere Abstellkammer, ein großes Wohnzimmer, eine hübsche Küche und den Keller, wo er seine Werkzeuge aufbewahrte. Außerdem war er reinlich, reinlicher als die meisten Männer, die sie vor ihm gekannt hatte. Klar, das Badezimmer musste gründlich geputzt werden, die Küche ebenfalls, aber sie waren nicht versifft, nur unordentlich. Und sie hatte es gern getan. Sie war stolz auf ihr Haus. Genau so bezeichnete sie es jetzt insgeheim: ihr Haus. Nicht nur seines, nicht mehr. Allmählich hatte sie ihm sogar eine persönliche Note gegeben, und er hatte sie gewähren lassen. Es gab jetzt Blumenvasen und mehr Bücher als vorher. Sie hatte sogar ein paar Bilder für die Wände besorgt. Als sie ihn gefragt hatte, ob sie ihm gefielen, hatte er »klar« gesagt und sich die Mühe gemacht, sich jedes genau anzusehen, als wollte er einschätzen, was sie wert waren. Doch sie wusste, dass er das nur tat, um ihr eine Freude zu machen. Er war ein Mann, der nicht viel für Schmückendes übrighatte, und sie bezweifelte, ob er die Bilder überhaupt bemerkt hätte, wenn sie ihn nicht darauf hingewiesen hätte, aber sie wusste es zu würdigen, dass er sich die Mühe gemacht hatte, interessiert zu wirken.
    War er ein anständiger Mann? Sie wusste es nicht. Anfangs hatte sie es geglaubt, aber in

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