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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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noch zuvor. »Sie hören sich an, liebe Mary, als hätten Sie die letzten Wochen in Gesellschaft aufrührerischer Schotten verbracht. Die Universitäten in Edinburgh und Glasgow sind voll von jungen Eiferern, die gegen die Clearances wettern und den Geist alter Zeiten heraufbeschwören wollen, in denen sie frei waren und das Land, auf dem sie lebten, noch ihnen selbst gehörte.«
    »Und?«, fragte Mary nur.
    »Die Wahrheit, meine Teure, ist, dass das Land diesen Leuten niemals wirklich gehört hat. Wir, die Clansherren, sind es, die seit Jahrhunderten die Macht in den Händen halten. Uns gehört das Land, auf dem diese Menschen leben. In all dieser Zeit haben wir sie geduldet, obwohl es ihnen niemals gelungen ist, den Staub der Armut von sich abzuschütteln und dem kargen Boden Wohlstand abzugewinnen. In den heutigen, fortschrittlichen Zeiten ändert sich all das. Die Menschen verlassen ihre Lehmhütten in den Highlands und siedeln an die Küste um, denn dort gibt es Arbeit und Wohlstand. Im Fischfang werden viele tüchtige Männer benötigt, und die Webereien brauchen die Arbeitskraft hunderter Frauen. Dafür wird ein gerechter Lohn bezahlt, und der Fortschritt ist nicht mehr länger nur einigen wenigen vorbehalten. Wie Sie und ich werden diese Leute niemals sein, werte Mary. Sie sind nichts, und sie haben nichts, und ihr Name ist wie Rauch im Wind. Aber dank der Maßnahmen, welche die Regierung in Zusammenarbeit mit den Lairds und Herzogen ergriffen hat, wird Wohlstand nun für alle möglich. Wussten Sie, dass die meisten der Bälger, die auf den entlegenen Gehöften heranwachsen, weder lesen noch schreiben können? Dass die nächste medizinische Versorgung oft mehr als eine Tagesreise entfernt ist und viele Menschen deshalb sterben müssen? All das wird sich ändern, Mary, dem Fortschritt sei Dank.«
    Seine Worte verklangen, und Mary saß schweigend am Tisch. Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte, und schämte sich dafür, dass sie so rasch und unüberlegt geurteilt hatte. Möglicherweise hatte das, was sie in Jedburgh erlebt hatte, ihr Urteilsvermögen getrübt, und auch ihre eigene Lage mochte durchaus dazu beigetragen haben, dass ihr das Schicksal der heimatvertriebenen Highlander näher ging, als es eigentlich sollte.
    Vielleicht hatte Malcolm ja Recht; vielleicht war es für die Menschen im Hochland tatsächlich besser, wenn sie an der Küste siedelten. Es war wie bei Kindern, die noch nicht wissen konnten, was gut für sie war, und deren Eltern für sie entscheiden mussten. Als Herr des Landes, das sie bestellten, hatte Malcolm für diese Leute entschieden. Sicher hatte er sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht, und Mary schämte sich jetzt ein wenig dafür, dass sie ihn der Gewinnsucht verdächtigt hatte.
    »Ich bitte Sie«, sagte sie und senkte dabei demütig ihr Haupt, »mir meine vorlauten und unbedachten Worte zu entschuldigen. Ich fürchte, ich muss noch viel lernen, was meine neue Heimat betrifft.«
    »Und ich werde Ihnen gern dabei behilflich sein«, erwiderte Malcolm lächelnd. »Folgen Sie mir, Mary. Ich will Ihnen alles zeigen, was zu meinem Besitz gehört …«

2.
    N och keine konkreten Ergebnisse?«
    Walter Scotts Stimme überschlug sich fast. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, wanderte er in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Der Vergleich mit einem wilden Tier, das man in seinen Käfig gesperrt hatte, drängte sich Quentin auf.
    »Seit einer geschlagenen Woche verfolgen Sie diese Mordbrenner nun schon, Inspector, und alles, was Sie mir zu sagen haben, ist, dass es noch keine konkreten Ergebnisse gibt?«
    Charles Dellard stand in der Mitte des Raumes. Seine Uniform saß wie immer korrekt, die schwarzen Reitstiefel glänzten. Die kantigen Züge des Inspectors jedoch hatten ein wenig von ihrer Sicherheit verloren.
    »Ich bitte um Verzeihung, Sir«, sagte er leise. »Die Ermittlungen machen leider nicht die erhofften Fortschritte.«
    »Nein?« Mit vorgerecktem Kinn trat Scott auf seinen Gast zu, sodass Quentin schon fürchtete, sein Onkel könne handgreiflich werden. »Ich dachte, Sie wären kurz davor gewesen, die Leute zu schnappen, die hinter den Anschlägen steckten?«
    »Möglicherweise«, gestand Dellard zähneknirschend, »war das ein Irrtum.«
    »Ein Irrtum!« Scott schnaubte wie ein wilder Stier. Selten zuvor hatte Quentin seinen Onkel so aufgebracht erlebt. »Dieser Irrtum, werter Inspector, hat meine Familie und mein ganzes Haus in helle Aufregung gestürzt. Wir alle

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