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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Rituale zelebrieren; maskierte Reiter, deren Spuren sich im Nirgendwo verlieren und die nicht verfolgt werden können. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, Master Quentin, aber ich finde das alles sehr befremdlich.«
    Sir Walter zeigte keine Regung. Stattdessen blickte er den Inspector prüfend an, um herauszufinden, was hinter den blassen, strengen Zügen des Engländers vor sich ging. »Was wissen Sie noch?«, fragte er gelassen. »Was hat Abt Andrew Ihnen noch erzählt?«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich fühle, dass Sie uns etwas verheimlichen, Inspector. Dass Sie uns nicht die ganze Wahrheit sagen. Schon seit geraumer Zeit habe ich den Eindruck, dass Sie mehr wissen, als Sie uns gegenüber zugeben wollen, und ich möchte Sie bitten, der Geheimniskrämerei ein Ende zu machen. Nach allem, was geschehen ist, haben mein Neffe und ich ein Anrecht auf die Wahrheit.«
    Quentin nickte zustimmend, obwohl er sich nicht ganz sicher war, ob er die Wahrheit tatsächlich hören wollte. Möglicherweise blieben manche Dinge besser unentdeckt, manche Wahrheiten besser unausgesprochen.
    Charles Dellard antwortete nicht sofort. Für einen Augenblick, der Quentin wie eine Ewigkeit vorkam, hielt er dem forschenden Blick Sir Walters stand.
    »Ich bedauere, Sir«, sagte er dann, »wenn ich durch Fehler, die mir in der Vergangenheit unterlaufen sind, Ihr Vertrauen verloren habe. Wenn es Ihr Wunsch ist, werde ich weiter an dem Fall arbeiten und alles daransetzen, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Aber das ist der einzige Teil, den ich zu leisten vermag. Sie, Sir, müssen lernen, wieder Vertrauen aufzubringen, andernfalls werden Misstrauen und Argwohn Sie langsam zerfressen. Natürlich kann ich Sie nicht dazu zwingen, und es steht Ihnen frei, sich weiter Ihre Gedanken zu diesem Fall und den damit verbundenen Geschehnissen zu machen. Aber ich muss Sie warnen. Wenn Sie sich nur noch mit diesen Dingen beschäftigen, werden Sie alles verlieren.«
    »Ist das etwa eine Drohung?«, fragte Sir Walter.
    »Natürlich nicht, Sir. Nur eine einfache Folgerung. Wenn Sie sich nicht von diesen Dingen lösen, werden Sie schon bald an nichts anderes mehr denken können. Ihre Arbeit wird darunter leiden und Ihre Familie. Der Gedanke, verfolgt zu sein, wird Sie den Tag über nicht mehr loslassen und Sie selbst nachts in Ihren Träumen heimsuchen. Er wird das Erste sein, was Ihnen am Morgen in den Sinn kommt, wenn Sie aus unruhigem Schlaf erwachen, und das Letzte, ehe Sie einschlafen. Glauben Sie mir, Sir, ich weiß, wovon ich spreche.«
    Der Blick, den der Inspector Sir Walter sandte, war unmöglich zu deuten. Aber zum ersten Mal hatte Quentin das Gefühl, dass sein Onkel nicht der Einzige im Raum war, der eine schwere Last mit sich herumschleppte.
    »Machen Sie sich davon los, Sir«, sagte Dellard leise, fast beschwörend. »Ich kann Sie nicht dazu zwingen, mir noch einmal zu vertrauen, aber im Interesse Ihrer Familie und all jener, die Ihnen am Herzen liegen, sollten Sie es tun. Das ist mein gut gemeinter Rat an Sie. Und jetzt entschuldigen Sie mich, meine Herren. Ich habe zu tun.«
    In militärischer Höflichkeit schlug Dellard die Hacken seiner Reiterstiefel zusammen und deutete eine Verbeugung an, dann machte er kehrt und verließ den Raum. Einer der Diener, die draußen gewartet hatten, führte ihn hinaus.
    Eine Weile lang herrschte Schweigen im Arbeitszimmer. Quentin, auf den die Worte des Inspectors einen tiefen Eindruck gemacht hatten, beschlich das Gefühl, etwas sagen zu müssen, aber ihm fiel nichts Passendes ein. Er war erleichtert, als sein Onkel schließlich das Schweigen brach.
    »Ein seltsamer Mann, dieser Inspector«, murmelte Sir Walter nachdenklich. »So sehr ich mich auch darum bemühe, ich werde nicht recht schlau aus ihm.«
    »Er ist Engländer«, meinte Quentin ein wenig unbeholfen, als erklärte das alles.
    »Das ist er.« Sir Walter musste lächeln. »Und das mag einige seiner Eigenheiten erklären, aber längst nicht alle. Jedes Mal, wenn wir ihn treffen, überrascht er mich von neuem.«
    »Inwiefern, Onkel?«
    »Nun, zum Beispiel, indem er hat durchblicken lassen, dass er kein unbeschriebenes Blatt ist. Auch Dellard scheint von Dämonen gejagt zu werden, was manches erklären mag.«
    »Dämonen?«, fragte Quentin erschrocken.
    »Im übertragenen Sinn, mein Junge. Nur im übertragenen Sinn. Seine Warnung an mich war ehrlich gemeint. Jedenfalls nehme ich das an.«
    »Dann willst du seinem Ratschlag folgen?«
    »Das habe ich

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