Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
leichtfertiger Dummkopf, der sich von einem lächerlichen Stück Holz in den Tod schicken lässt!«, stieß der Franke hervor. »Hätte er vorher im Kampf zwanzig Mamelucken in den Tod geschickt, hätte er seine Aufgabe wenigstens halbwegs erfüllt. Aber so hat er sich und dem Orden nur Schande gemacht!« »Na, wenn ich mir sein narbenreiches Gesicht ansehe, dann bin ich mir eigentlich sicher, dass er als Tempelritter große Tapferkeit bewiesen und sein Schwert in das Blut so manchen Feindes getaucht hat«, erwiderte Gerolt nachsichtig. »Ich jedenfalls möchte mir über einen Mann, dessen Leben ich nicht kenne, kein vorschnelles Urteil anmaßen.« Maurice warf ihm einen anerkennenden Blick zu und zog die fein geschwungenen Augenbrauen hoch. »Nicht schlecht! Das ist wahrlich wie ein Templer gesprochen! Du weißt, deine Worte wohl zu setzen. Ich sollte mir dich zum Vorbild nehmen, Bruder in Christo, sagt man mir doch nach, es mangele mir an dem gebotenen Respekt für meine Ordensbrüder.« Ein spöttischer Unterton schwang in seiner Stimme mit. »Würdest du mir auch verraten, mit wem ich das Vergnügen und die Ehre habe?« »Gerolt von Weißenfels.« Der Franke beugte leicht den Kopf und revanchierte sich dann, indem nun er seinen Namen nannte: »Maurice von Montfontaine.« Er machte eine kleine Pause, um dann nicht ohne eine Spur von Überheblichkeit hinzuzufügen: »Aus dem alten Geschlecht derer von Coutances, aus dem unter anderem der Erzbischof von Rouen, Gautier von Coutances, hervorgegangen ist. Und von welcher Art sind deine ritterlichen Wurzeln, Gerolt von Weißenfels?« Gerolt starrte ihn an und dachte mit einem Anflug von Bitterkeit an die schäbige, kleine Burg nordwestlich von Trier im Eifeler Land, die sein Vater auf einem seiner wüsten Raubzüge als landloser Ritter seinem damaligen Besitzer nach kurzem Kampf abgenommen hatte. Der primitive Bergfried mit den hölzernen Befestigungsanlagen hätte damals der Grundstein für eine standesgemäße Burg sein können. Aber nichts von dem, was sein trinkfester und rauflustiger Vater in den Jahrzehnten nach seinem Handstreich in Angriff genommen hatte, war von Erfolg gekrönt gewesen. Alle großartigen Vorhaben waren über die ersten Anfänge nicht hinausgekommen. Zudem fehlten ihm auch die Weitsicht und das diplomatische Geschick, die richtigen Verbindungen zu pflegen und nützliche Allianzen mit den wahrhaft Mächtigen zu schmieden, um für treue Gefolgsdienste mit einem Lehen bedacht zu werden, das sich sehen lassen konnte.
»Wir sind hier nicht am königlichen Hof, wo es darum geht, zu blenden und den anderen auszustechen, Maurice von Montfon taine!«, antwortete Gerolt kühl. Es kostete ihn einige Anstren gung, sich seinen Groll darüber, dass der Franke ihn an seine äu ßerst bescheidene Herkunft als drittgeborener Sohn eines grob schlächtigen Raubritters erinnert hatte, nicht allzu sehr anmer ken zu lassen. »Seit ich bei meiner Aufnahme in den Orden Ar mut, Keuschheit und Gehorsam geschworen habe, zählt die Ver gangenheit nicht mehr, wie du eigentlich wissen solltest. Was zählt, ist allein das Gelübde – und meine Ehre als Templer!« Damit wandte er ihm abrupt den Rücken zu, um dem arroganten Franzosen erst gar keine Gelegenheit zu einer Erwiderung zu ge ben. Er winkte einen anderen Tempelbruder heran, um mit ihm zusammen den Leichnam des Narbigen vom Wehrgang und hi nunter zur Sammelstelle zwischen den beiden Wällen zu tragen, zwischen denen ein gut vierzig Schritte breiter Korridor ebenen Geländes lag. Und während sie ihrer düsteren Aufgabe in dem allgemeinen Tu mult ohne viele Worte nachgingen, schwor sich Gerolt, in Zu kunft möglichst einen Bogen um diesen überheblichen Maurice von Montfontaine zu machen!
2
Als Gerolt wenig später die Rampe hochstieg, die ihn zurück auf den Wehrgang am St.-Antons-Tor brachte, hatte er den Eindruck, als hätte der Feind seinen wütenden Beschuss der Johanniterschanze nochmals an Heftigkeit gesteigert. Dem Geräusch der gegen die Wälle krachenden Geschosse nach setzten sie jetzt noch mehr kleinere Katapulte und Schleudern ein. Das irritierte ihn, weil es zu diesem Zeitpunkt der Belagerung doch überhaupt keinen Sinn ergab. Wegen ihrer geringen Reichweite mussten diese Wurfmaschinen nahe an die Mauern herangefahren werden und das bedeutete, dass sich die Bedienungsmannschaften den Brandpfeilen und Geschossen der Verteidiger von Akkon aussetzen mussten. Für den Einsatz der kleineren Geräte war es
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